# taz.de -- Streit um Partyreihe nur für Männer: Schwul feiern – aber ohne … | |
> Der Veranstalter einer neuen Party will dort keine Frauen, Lippenstift, | |
> High Heels und Perücken sehen. Die Clubcommission spricht von | |
> Trans*phobie. | |
Bild: Sie dürfte nicht rein: Berlins queere Ikone, Dragqueen Gloria Viagra | |
Eine neue Partyreihe sorgt schon im Vorfeld für heftige Diskussionen in der | |
queeren Szene. „MENtabolism“, so der Name der Party, soll an diesem Freitag | |
erstmalig im Club Polygon stattfinden, dem Nachfolger des Kosmonaut | |
zwischen Ostkreuz und Frankfurter Allee. Es ist eine Party, die explizit | |
nur für Männer sein soll, auf der Lippenstift, High Heels und Perücken | |
verboten sind und deren Veranstalter auf Facebook bei rechten Seiten | |
„Gefällt mir“ klickt. | |
Dass Frauen ausgeschlossen werden, geschehe aber nicht, um einen Schutzraum | |
für schwule und Trans*-Männer zu schaffen. „Es dürfen auch Hetero-Männer | |
kommen“, sagt Veranstalter Lars Svenson. Er bediene damit schlicht eine | |
Marktlücke – schließlich wollten Männer auch mal unter sich sein. „Für | |
Frauen gibt es eigene Partys, Cafés oder Yoga-Kurse. In manchen | |
Fitnessstudios gibt es sogar einen extra Saunabereich für Frauen – warum | |
gibt es keinen extra für Männer?“ | |
Es wirkt, als sei die #MeToo-Debatte völlig an ihm vorbeigegangen. | |
Doch nicht nur Frauen, sondern auch Symbole, die für Weiblichkeit stehen, | |
sind auf der „MENtabolism“ unerwünscht. In einem – mittlerweile wieder | |
gelöschten – Facebook-Post schrieb Svenson: Perücken, High Heels und | |
Lippenstift seien ein „no go“. | |
„Diesen Punkt habe ich sehr unglücklich formuliert, weil er einfach sehr | |
kurz und knapp war“, gibt Svenson zu. „Was eigentlich dahintersteckt, ist, | |
dass ich mein Debüt als Transe an diesem Abend geplant habe – deswegen kann | |
ich keine Konkurrenz ertragen.“ | |
Trotz Löschen des Beitrags gelten die Verbote weiterhin. „Denn mit Perücke, | |
Lippenstift oder High Heels entscheiden sich die Männer, eine Frau zu sein, | |
und passen deshalb nicht rein.“ Auch Lippenstift allein ist für Svenson ein | |
Problem: „Gegen Lippenstift hab ich einfach was, weil der ganz schlecht aus | |
weißen T-Shirts wieder rausgeht.“ | |
Lutz Leichsenring ist Sprecher der Berliner Clubcommission, die sich als | |
Sprachrohr der Berliner Clubszene versteht. Er sagt: „Es ist eine Sache, ob | |
es Partys explizit für Männer gibt. Aber eine andere, wenn man sich | |
trans*phob und sexistisch verhält – was der Veranstalter eindeutig tut.“ | |
## Donald Trump? Gefällt mir! | |
Auch Svensons „Gefällt mir“-Angaben auf Facebook lassen aufmerken. Darunter | |
waren Seiten wie „Deutschland zuerst Gruppe Nordrhein-Westfalen“, das | |
rechte Compact-Magazin oder „Angela Merkel Rücktritt jetzt“. Nachdem andere | |
Facebook-Nutzer dies öffentlich kritisiert hatten, sind die Likes für fast | |
alle rechten Seiten mittlerweile verschwunden – außer für Donald Trump und | |
„Freie Medien“. | |
Svenson sagt dazu: „Dass ich diesen Seiten gefolgt bin, heißt noch lange | |
nicht, dass ich mit diesen Seiten übereinstimme.“ Es sei für ihn wichtig zu | |
wissen, was der politische Gegner schreibt. Für die angeblich eigenen | |
politischen Positionen scheint das jedoch nicht zu gelten: Es findet sich | |
kein einziges „Gefällt mir“ für linke Seiten. | |
Zudem fiel vielen Kritiker*innen das Tattoo auf Svensons rechtem Oberarm | |
auf: Es zeigt ein großes eisernes Kreuz. Auf Fotos in Svensons | |
Instagram-Kanal ist es immer wieder zu sehen. „Die Deutsche Gesellschaft | |
zur Rettung Schiffbrüchiger verwendet dieses Kreuz in ihrem Wappen“, sagt | |
Svenson dazu. „Ich schätze deren Arbeit überaus, weil diese Menschen unter | |
Einsatz ihres eigenen Lebens anderen Menschen helfen.“ Deshalb habe er das | |
Tattoo – das aber eben nur das Kreuz zeigt und nicht das komplette Logo der | |
Seenotretter. „Das hätte nicht auf den Arm gepasst“, so Svenson. | |
Lutz Leichsenring von der Clubcommission hält dagegen: „Auf Svensons | |
Facebook-Seite kann man sehen, dass er offenbar Sympathisant von | |
Demokratiegegnern ist und rechtem und rassistischem Gedankengut nicht | |
abgeneigt scheint. Das entspricht nicht dem Wertekanon der Berliner | |
Clubszene. Wir distanzieren uns klar.“ Dennoch bleibe eine ausgestreckte | |
Hand: So wolle die Clubcommission „den Veranstaltern gerne eine | |
Hilfestellung beim Thema Antidiskriminierung und Antirassismus geben“. | |
Der Plural spricht dafür, dass nicht nur Svenson gemeint ist, sondern auch | |
die Polygon-Inhaber. Geführt wird der Club von Oliver Mohns und seinem | |
Mann. Der 50-Jährige sagt: „Wir geben den Veranstaltern unserer Partys eine | |
Plattform – das heißt nicht, dass wir genauso denken wie sie. Wir sind | |
total gegen Ausgrenzung.“ Zu Svensons Facebook-Post, der Perücken, | |
Lippenstift und High Heels verbietet, meint er: „Das war diskriminierend | |
formuliert.“ | |
Das Verbot von Lippenstift allein findet Mohns Kollege Stefan Kreis „nicht | |
unbedingt diskriminierend“; es handle sich um eine Dresscode-Frage. Der | |
Veranstalter dürfe den Dresscode selbst auswählen, das Polygon mache keine | |
Vorgaben. | |
Mit Svenson habe es inzwischen ein klärendes Gespräch gegeben. „Wir haben | |
in keiner Weise Anzeichen gefunden, die uns glauben lassen, Lars Svenson | |
sei rechts“, sagt Kreis. Und Oliver Mohns ergänzt: „Lars kennt viele Leute | |
mit verschiedenen ethnischen Hintergründen.“ | |
Die Diskussion auf Facebook geht trotzdem weiter. Lars Svenson sieht sich | |
als Opfer: „Diese Hexenjagd, die da stattfindet, ist ungerecht, weil es | |
gerade von Leuten kommt, die mich nicht kennen.“ Zum Schluss sagt er fast | |
trotzig: „Man könnte ja auch positiv anerkennen, dass ich einen weiblichen | |
und einen schwarzen DJ gebucht habe!“ Letzten Endes dürfte die Zahl der | |
Besucher*innen darüber entscheiden, ob die „MENtabolism“ in Serie geht oder | |
eine einmalige Sache bleibt. | |
4 Apr 2018 | |
## AUTOREN | |
Klaas-Wilhelm Brandenburg | |
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