# taz.de -- Ostafrikanische Erfolge beim Marathon: Am langen Schulweg liegt es … | |
> Ein Marathon dauert 42 Kilometer und am Ende gewinnt fast immer ein | |
> Kenianer. Was macht den enormen Erfolg der ostafrikanischen Läufer aus? | |
Bild: Kenia an der Spitze: Den Tokio-Marathon Ende Februar hat Dickson Kiptolo … | |
Laufen ist eine Massenbewegung. Früher haben die Leute Waldläufe gemacht, | |
dann hieß das Laufen „Trimm Trab“. Das wurde dann zum Jogging und später | |
zum Running. Laufen läuft. | |
Doch es gibt auch den Wettkampfsport Laufen. Der funktioniert völlig | |
losgelöst von der Massenbewegung. Kaum einer der gut 50.000 | |
Freizeitsportler, die am 7. April beim Marathon in Paris an den Start gehen | |
werden, dürfte wissen, wie der Weltrekordhalter über diese Strecke heißt. | |
Aber eines werden sie ahnen. Es ist ein Mann aus Afrika, ein Kenianer | |
vielleicht. Und recht hätten sie. | |
Der Weltrekordhalter im Marathon heißt Dennis Kimetto und stammt aus | |
Kapngetuny, einem in 2.700 Meter Höhe liegenden Bezirk im kenianischen | |
Bergland. 2014 beim Marathon in Berlin ist der die 42,195 Kilometer in | |
2:02:57 Stunden gelaufen – schneller als alle anderen bis heute. | |
## Hilfreiche rote Blutkörperchen | |
Klar, kann der laufen. Das können doch alle, die von da kommen, haben viele | |
lange gedacht: Laufen haben die Ostafrikaner doch im Blut. | |
Den Grund dafür, dass auf den langen Strecken Läufer aus Ostafrika | |
dominieren, haben Trainingswissenschaftler in der Tat lange im Blut der | |
Athleten gesichtet: Die besten Langstreckenläufer der Welt gehen in | |
Höhentrainingslager, weil in der dünnen Luft die für die Ausdauer besonders | |
hilfreichen roten Blutkörperchen gebildet werden können. Die Vermutung lag | |
nahe, dass Menschen, die durch ihren hoch gelegenen Wohnort ein | |
lebenslanges Höhentrainingslager absolvieren, einen Vorteil haben. | |
Heute weiß man, dass die Fähigkeit, rote Blutkörperchen zu bilden, bei | |
Menschen aus anderen Weltregionen auch nicht schlechter ausgeprägt ist als | |
bei Athleten aus dem ostafrikanischen Hochland. Dort sei man eben lange | |
Strecken gewöhnt, ist eine weitere These. Vom kilometerweiten, täglichen | |
Laufen in die nächste Schule ist dann die Rede oder vom Halbmarathon zum | |
Einkaufsbummel in den nächsten größeren Ort. | |
Doch auch diese kulturelle Erklärung, so romantisch sie sich auch erzählen | |
lässt, trägt nicht weit. Gerade hat sich eine US-Fersehmoderatorin | |
blamiert, indem sie die Erfolge von Eisschnellläuferinnen aus den | |
Niederlanden damit begründet hat, dass man dort im Alltag Strecken gerne | |
auf Schlittschuhen zurücklege. Nun ja. | |
Also, woran liegt es wirklich, dass so viele phänomenale Ausdauerläufer aus | |
Ostafrika kommen? Am Talent? Davon ist auszugehen, seitdem Wissenschaftler | |
die Körper dänischer Jungs mit denen der Volksgruppe der Kalendjin | |
verglichen haben. Die Kalendjin stammen aus dem kenianischen Hochland, | |
ihrer Volksgruppe gehören besonders viele schnelle Ausdauerläufer an. Auch | |
Dennis Kimetto, der Weltrekordhalter. Sechzig olympische Medaillen auf der | |
Lang- oder Mittelstrecke wurden von Kalendjin gewonnen. Nicht schlecht für | |
eine Volksgruppe, der nicht mehr als fünf Millionen Menschen angehören. | |
## Ein bio-mechanischer Vorteil | |
Eine Vermessung hat nun ergeben, dass die Kalendjin im Durchschnitt sechs | |
Zentimeter kleiner sind als die Dänen, dass sie aber längere Arme und Beine | |
haben. Das Volumen ihrer Unterschenkel war etwa 15 Prozent geringer, sodass | |
weniger Masse am Hebelende zu bewegen ist – ein wohl entscheidender | |
bio-mechanischer Vorteil. Kalendjin kann man also durchaus als geborene | |
Läufer bezeichnen. | |
Doch trainieren müssen auch sie, um ganz nach oben zu kommen. Mittlerweile | |
gibt es ein ausgeklügeltes Scoutingsystem, das schon bei Schulwettkämpfen | |
einsetzt. Und so ist die Geschichte des Weltrekordlers Kimetto durchaus | |
schon wieder ungewöhnlich: Erst im Alter von 24 Jahren nahm er zum ersten | |
Mal an einem Lauftrainingslager teil. 2012, nur ein Jahr später, hatte er | |
schon den Halbmarathon von Berlin gewonnen – zwei weitere Jahre später war | |
er Weltrekordler. | |
Kann das wirklich am Talent alleine liegen? Diese Frage steht im Raum, seit | |
bekannt wurde, dass lange Zeit keine Dopingkontrollen in Kenia durchgeführt | |
worden sind. Später soll es ein System gegeben haben, mit dem dafür gesorgt | |
wurde, dass Sportler vorab informiert wurden, wenn Kontrolleure zu ihnen | |
unterwegs waren. Der kenianische Leichtathletikverband stand kurz vor der | |
Suspendierung durch den internationalen Dachverband. | |
Soweit ist es dann nicht gekommen. Und so siegen kenianische Sportler | |
weiter. Warum auch immer. | |
1 Apr 2018 | |
## AUTOREN | |
Andreas Rüttenauer | |
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