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# taz.de -- Zulassung von Glyphosat: Forscher werfen EU Regelbrüche vor
> Behörden hätten gegen Richtlinien verstoßen, um das Pestizid für
> unbedenklich zu erklären, heißt es in einer aktuellen Analyse.
Bild: Wurde von der EU angeblich auf fragwürdiger Grundlage zugelassen: Pflanz…
EU-Behörden haben laut einer neuen Studie internationale Richtlinien zur
Chemikalienprüfung verletzt, als sie den Pestizidwirkstoff Glyphosat für
nicht krebserregend erklärten. „Die Anwendung der geltenden Regeln und
Richtlinien und eines transparenten Ansatzes der Gewichtung von Daten …
würde seine Einstufung als wahrscheinlich krebserregend rechtfertigen“,
schreiben die Autoren um den Toxikologen Peter Clausing in der
Fachzeitschrift Journal of Epidemiology & Community Health.
Die Analyse, die am Mittwoch veröffentlicht wird, könnte auch im
[1][Sonderausschuss des EU-Parlaments eine Rolle spielen, der seit Montag]
die Zulassungsverfahren von Glyphosat und anderen Pestiziden überprüft.
Glyphosat ist der meistgebrauchte Pestizidwirkstoff weltweit. Die Bauern
spritzen das Gift auf rund [2][37 Prozent der Äcker] in Deutschland – vor
allem, um Unkraut zu vernichten. Rückstände finden sich immer wieder in
Lebensmitteln. Dabei stufte die Krebsforschungsagentur der
Weltgesundheitsorganisation im März 2015 Glyphosat als [3][„wahrscheinlich
krebserregend“] ein. Die Wissenschaftler beriefen sich insbesondere auf
beunruhigende Ergebnisse von Tierversuchen. Doch weil sowohl die
[4][EU-Behörde für Lebensmittelsicherheit] als auch die [5][für
Chemikalien] widersprachen, ließ die Europäische Kommission den Stoff Ende
2017 [6][für weitere fünf Jahre] zu.
Die EU-Ämter stellten zwar laut der neuen Studie fest, dass bei
Fütterungsversuchen mit Glyphosat in 11 Fällen statistisch bedeutend mehr
Krebs aufgetreten sei. Doch die Behörden machten mutmaßliche Mängel
geltend, sodass diese positiven Resultate geringer zu gewichten seien als
negative.
Denn [7][der Lebensmittelbehörde zufolge] nahm Lymphdrüsenkrebs nur zu,
wenn die Versuchstiere mehr Glyphosat als eine von der
Industrieländerorganisation OECD für die Prüfung von Chemikalien
vorgesehene „Limit-Dosis“ fraßen. Tatsächlich empfehle die OECD aber diese
Obergrenze nur bei Studien zur chronischen Giftigkeit einer Substanz, nicht
für Krebsstudien, schreibt Kritiker Clausing.
Er wirft den Behörden auch einen Verstoß gegen die [8][Regeln der OECD] für
den Vergleich von Krebsraten mit „historischen Kontrolldaten“ vor. Damit
sind die Krebsraten von nicht mit Glyphosat gefütterten Tieren aus
ähnlichen Experimenten gemeint. Entgegen der Richtlinie seien die
Kontrolldaten nicht aus demselben Labor gewesen, sondern aus sieben
verschiedenen, so der Toxikologe. Demnach waren die Daten bis zu 17 Jahre
älter als die aktuelle Vergleichsstudie, obwohl nur 5 Jahre dringend
empfohlen werden. Teils hätten sich sogar die Mäuseunterstämme regelwidrig
unterschieden.
Die EU-Lebensmittelbehörde teilte mit, sie habe die OECD-Richtlinien
befolgt. Sie bestritt, dass sie das „Konzept der Limit-Dosis“ benutzt habe,
obwohl es in ihrem Gutachten zu Glyphosat erwähnt ist. Historische
Kontrolldaten, die nicht den OECD-Regeln entsprechen, habe sie nicht
benutzt, um die verschiedenen Studienergebnisse zu bewerten. Eine
Behauptung, die laut Clausing „durch nichts, aber auch gar nichts belegt
ist“.
Clausing ist ehrenamtliches Vorstandsmitglied des Pestizid
Aktions-Netzwerks. Seine Koautoren sind hauptamtliche Mitarbeiter von
Umweltorganisationen: Claire Robinson bei der britischen GMWatch und Helmut
Burtscher-Schaden bei der österreichischen Global 2000. Sie sind also weit
davon entfernt, neutral zu sein. Allerdings gilt das auch für die
Wissenschaftler, die im Auftrag der Chemieindustrie Glyphosat entlastende
Studien angefertigt haben.
14 Mar 2018
## LINKS
[1] http://www.europarl.europa.eu/sides/getDoc.do?pubRef=-%2F%2FEP%2F%2FTEXT+TA…
[2] https://ojs.openagrar.de/index.php/BerichteJKI/article/download/7667/7086
[3] https://www.iarc.fr/en/media-centre/iarcnews/2016/glyphosate_IARC2016.php
[4] http://onlinelibrary.wiley.com/doi/10.2903/j.efsa.2017.4979/epdf
[5] https://echa.europa.eu/-/glyphosate-not-classified-as-a-carcinogen-by-echa
[6] https://ec.europa.eu/food/sites/food/files/plant/docs/pesticides_glyphosate…
[7] http://onlinelibrary.wiley.com/doi/10.2903/j.efsa.2015.4302/epdf
[8] http://www.oecd.org/officialdocuments/displaydocument/?cote=ENV%2FJM%2FMONO…
## AUTOREN
Jost Maurin
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