# taz.de -- Verkürzung der Arbeitszeit in Südkorea: Die 52-Stunden-Woche ist … | |
> Südkoreas Regierung will die Work-Life-Balance der Bevölkerung | |
> verbessern. Eine Verkürzung der maximalen Arbeitszeit ist geplant. | |
Bild: Der südkoreanische Präsident Moon möchte die Bevölkerung entlasten | |
SEOUL taz | Auch ein Präsident muss manchmal unkonventionelle Prioritäten | |
setzen: Als im letzten Juli Nordkorea gerade eine Interkontinentalrakete | |
gezündet hatte und US-Präsident Donald Trump sowie der japanische Premier | |
Shinzo Abe zur Telefonkonferenz baten, vertröstete Südkoreas | |
Staatsoberhaupt seine Kollegen in Washington und Tokio auf später. Trotz | |
der außenpolitischen Krise befand sich Moon Jae In inmitten seiner | |
Ferientage – und diese wollte er demonstrativ einlösen. | |
Natürlich ist Moon – wie seine Landsleute generell – ein eifriger Arbeiter. | |
Die OECD listet Südkoreas Beschäftigte mit 2.052 Arbeitsstunden pro Jahr | |
nach Mexiko als die größten Workaholics der industrialisierten Welt. | |
Deutschland kommt im Vergleich nur auf 1.298 Stunden. | |
Auch wenn der ostasiatische Tigerstaat mit seinen geradezu sklavischen | |
Arbeitszeiten und eingeschränkten Gewerkschaftsrechten die Fantasien vieler | |
Unternehmer beflügelt, verschärft die Überarbeitung der Gesellschaft fast | |
alle sozialen Probleme – von der niedrigen Geburten- bis zur tragisch hohen | |
Suizidrate; immer wieder führt das Land die Selbstmordstatistik der | |
OECD-Länder an. | |
Damit soll jetzt jedoch Schluss sein: Eines der zentralen Wahlversprechen | |
des linksliberalen Präsidenten Moon war es, die Work-Life-Balance seiner | |
Bevölkerung zu erhöhen. Nun hat am Dienstag der Parlamentsausschuss für | |
Umwelt und Arbeit erstmals einen entsprechenden Gesetzentwurf genehmigt, | |
der die maximale gesetzliche Wochenarbeitszeit von 68 auf 52 Stunden | |
verkürzt. | |
## Aus europäischer Sicht herrscht sklavische Ausbeutung | |
Vor allem Kleinunternehmen stellen sich jedoch gegen die Neuregelung. Laut | |
Berechnungen des Korea Economic Research Center kommen auf sie zusätzliche | |
Kosten in Höhe von 7 Milliarden Euro zu. Sie fürchten zudem eine doppelte | |
Belastung: Erst im vergangenen Jahr hatte Moon den Mindestlohn um 16 | |
Prozent auf umgerechnet knapp 5 Euro pro Stunde erhöht. | |
Dabei lässt sich das jetzige Geschäftsmodell zwischen Unternehmen und | |
Leiharbeitern – zumindest aus mitteleuropäischer Sicht – eindeutig als | |
sklavische Ausbeutung bezeichnen. Zudem braucht es keinen Volksökonomen für | |
die Einsicht, dass die Produktivität bei Arbeitszeiten von 12 und mehr | |
Stunden längerfristig auf der Strecke bleibt. | |
Die Unternehmen reagierten im Niedriglohnsektor in den letzten Monaten | |
wenig überraschend – mit Entlassungen. Unter den Rund-um-die-Uhr-Kiosken | |
Südkoreas satteln mittlerweile immer mehr auf vollautomatische | |
Selbstbedienungsläden um, die keine Angestellten an der Kasse benötigen. | |
28 Feb 2018 | |
## AUTOREN | |
Fabian Kretschmer | |
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