# taz.de -- Wissenschaft beim Deutschlandfunk: Protestbrief an den Intendanten | |
> Der Deutschlandfunk will bei seiner Wissenschaftsberichterstattung | |
> kürzen. Das verschafft ihm den Unmut seiner AutorInnen. | |
Bild: Konkret sollen die Honorare bei „Wissenschaft im Brennpunkt“ erheblic… | |
Stefan Raue ist gerade mal seit einem halben Jahr Intendant des | |
Deutschlandradios, doch schon in dieser knappen Zeit hat er lernen müssen, | |
wie selbstbewusst seine Leute sind – einschließlich der freien | |
MitarbeiterInnen, die immerhin die Programme überwiegend mit Leben füllen. | |
Besonders deutlich dürfte ihm das geworden sein, als ihn neulich ein Brief | |
seiner WissenschaftsautorInnen erreicht hat. | |
Konkret sollen für die mit Preisen überhäufte und in der Szene hoch | |
angesehene Reihe „Wissenschaft im Brennpunkt“ die Honorare „erheblich | |
gekürzt“ werden, mahnen die AutorInnen. „Statt sorgfältig recherchierter | |
und komponierter Feature-Beiträge sollen verstärkt Reportagen in Auftrag | |
gegeben werden.“ | |
Reportagen sind billiger als Features, die AutorInnen argumentieren | |
allerdings inhaltlich: Eine kontinuierliche und vor allem kritische | |
Begleitung der Wissenschaft sei „nur in den seltensten Fällen durch eine | |
reine Reportage leistbar“. Das schaffe oft nur ein „komplex gebautes“ | |
Feature. Nur hier könnten „unterschiedliche Positionen und Methoden | |
dargestellt und eingeordnet“ werden. | |
„Die Wissenschaftsberichterstattung im Deutschlandfunk wird sowohl in ihrer | |
Qualität als auch in ihrer Quantität erhalten bleiben“, verspricht hingegen | |
der Intendant in seiner Antwort, die der taz ebenso zugespielt wurde wie | |
der Protestbrief. Letztlich verteidigt Raue aber die Kürzung. | |
## Kein Wunschkonzert | |
Zur Zukunftssicherung gehöre „auch, dass nicht mehr alles journalistisch | |
Wünschenswerte, und mag es noch so begründet sein, erfüllt werden kann“. Es | |
müssten „neue Formen der Berichterstattung entwickelt werden, wie Sie es | |
derzeit bei ,Wissenschaft im Brennpunkt' erleben“. Neben Reportagen und | |
Talks werde es dort aber „auch das von Ihnen herausgestellte Feature“ | |
weiter geben. | |
„Ja, mit diesen Veränderungen sparen wir auf dem Sendeplatz auch moderat | |
Mittel ein“, sagt Matthias Gierth, der die Hauptabteilung Kultur des | |
Deutschlandfunks leitet, zu der auch die Wissenschaft gehört. Verglichen | |
mit dem Gesamtbudget – einem „hohen sechsstelligen Betrag“ – gehe es ab… | |
um eine Summe von „nicht einmal fünf Prozent“. | |
Die Einsparungen blieben zudem im Wissenschaftsetat. Sie seien nötig, um in | |
der Wissenschaft „publizistisch noch profilierter auftreten und auf den | |
digitalen Wandel reagieren“ zu können. Die Wissenschaftssendungen – vom | |
Hardcoremagazin „Forschung aktuell“ bis zur serviceorientierten | |
„Lebenszeit“ – sollen „stärker inhaltlich verzahnt“ werden. „Forsc… | |
aktuell“ werde sich dafür neben Naturwissenschaften und Technik künftig | |
etwa auch mit Philosophie und Ethik beschäftigen. | |
Was Gierth nicht konkret sagt, erklärt wiederum Deutschlandradio-Sprecher | |
Jörg Schumacher. Letztlich müsse die Wissenschaft künftig ihre aktuellen | |
Beiträge auch selbst fürs Internet aufbereiten – so wie das auch für alle | |
anderen Ressorts „2018 Teil der regulären Redaktionsaufgaben“ werde. Die | |
Fachredaktionen müssten nun „mit den vorhandenen Budgets stärker auswählen, | |
welche Inhalte wie publiziert werden sollen“ – dabei würden auch nicht mehr | |
alle Beiträge in Texten aufbereitet. | |
## Mehr Arbeit für Redaktion | |
Die zentrale Onlineredaktion übernehme neben der Pflege der Homepage und | |
der Audiotheken künftig „verstärkt strategische Aufgaben wie die Konzeption | |
und Entwicklung digitaler Produkte, Multimedia-Stücke oder anderer Angebote | |
zu den Inhalten der drei Programme“, zu denen auch Deutschlandfunk Kultur | |
und Deutschlandfunk Nova zählen. | |
Mit anderen Worten: Die Onlineredaktion gibt Aufgaben an die | |
Fachredaktionen ab, aber kein Geld. Die Redaktionen müssen andernorts | |
sparen, damit sie künftig auch das Internet bespielen können. Die | |
Wissenschaft hat sich entschieden, dafür die Sendung „Wissenschaft im | |
Brennpunkt“ zu verändern. | |
Hauptabteilungsleiter Gierth betont, wer sich nicht nur auf ein einzelnes | |
Format beschränke, finde in seiner neu strukturierten | |
Wissenschaftsredaktion „auch weitere Betätigungsmöglichkeiten“. Die | |
betroffenen AutorInnen fragen sich im Schreiben an ihren Intendanten | |
allerdings, „ob unsere Arbeit uns noch eine Perspektive bietet“. Zwischen | |
den Zeilen steht: Sie meinen das nicht nur finanziell. | |
2 Mar 2018 | |
## AUTOREN | |
Daniel Bouhs | |
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