# taz.de -- Neuer Verbund von Bürgerinitiativen: Konkurrenz für Grüne | |
> Bremer Bürgerinitiativen gründen eine Wählervereinigung. 2019 wollen sie | |
> ins Parlament. Einer ihrer Sprecher ist der nach rechts abgedriftete | |
> Ex-Grüne Olaf Dinné. | |
Bild: 2014 haben sich die Bürgerinitiativen schon einmal verbündet. Olaf Dinn… | |
BREMEN taz | Ein Verbund von Bürgerinitiativen will in Bremen mit einer | |
neuen Wählervereinigung zur Bürgerschaftswahl 2019 antreten. Der | |
Parteienforscher Lothar Probst sieht darin „eine ernstzunehmende | |
Herausforderung für die Grünen“. Deren Parteichef Ralph Saxe reagierte | |
„sehr gelassen“. | |
Die neue Bewegung selbst teilte zwar in einer dürren Presseerklärung mit, | |
„Mitglieder vieler Bürgerinitiativen aus allen Stadtteilen“ hätten „ohne | |
Gegenstimmen“ beschlossen, zur nächsten Landtagswahl eine eigenen Liste | |
aufzustellen. | |
Weitere Auskünfte gibt es derzeit aber keine – nicht einmal die Frage, wie | |
viele Menschen welcher Bürgerinitiativen sich da verbündeten, will Olaf | |
Brandtstaedter beantworten, einer der „Sprecher der Versammlung“. Auch zu | |
Inhalten oder Zielen sagt er nichts. „Uns alle eint der Gedanke“, heißt es | |
in der Pressemitteilung, dass „Politik wieder durchschaubar werden und | |
konstruktiv die Interessen der Bürger einbinden“ müsse. | |
[1][2014 haben sich diese Bürgerinitiativen schon einmal zusammen | |
geschlossen] – um mit einem Volksbegehren Bremens Grünflächen vor jedweder | |
Bebauung zu schützen. „[2][Das ist ein wesentlicher Punkt, der alle | |
Initiativen eint“, sagte kürzlich Gerhard Bomhoff, Sprecher einer der | |
beteiligten Bürgerinitiativen im taz-Interview]. | |
Es gebe im bürgerlich-ökologischen Umfeld eine „große Unzufriedenheit“ m… | |
dem grünen Bau- und Umweltsenator Joachim Lohse, sagt Lothar Probst, | |
emeritierter Politikwissenschaftler der Uni Bremen. | |
## Kritik an Bausenator Joachim Lohse | |
Lohse wird auch in den eigenen Reihen immer mal wieder kritisiert. Er mache | |
zwar „vieles richtig“, sagte [3][Bremens grüne Europaparlamentarierin Helga | |
Trüpel] – könne aber nicht so gut kommunizieren wie etwa Robert Habeck, | |
sein Amtskollege in Schleswig-Holstein. Parteichef Saxe bemängelt, dass | |
Lohse „nicht so empathisch“ sei, wie die Grünen sich das wünschten. | |
Auch an der Bürgerbeteiligung im rot-grün regierten Bremen gibt es immer | |
wieder große Kritik. „Der Frust und die Ohnmacht, die wir in den letzten | |
Jahren in unseren Bürgerinitiativen erlebt haben“, habe zu der Überlegung | |
geführt, diese Wählerinitiative zu gründen, sagt Bomhoff, der sich selbst | |
als „politikverdrossen“ bezeichnet und sich „bei keiner Partei mehr | |
aufgehoben“ fühlt. | |
Die Bürgerbeteiligung sei auch im Vergleich zu anderen von den Grünen | |
mitregierten Ländern „ziemlich unterentwickelt“, analysiert Probst. In | |
Baden-Württemberg oder Rheinland-Pfalz sei man da sehr viel weiter, gerade | |
bei Vorhaben größerer Reichweite. In Bremen tue sich da relativ wenig, | |
findet Probst. Dem mag der grüne Landessprecher Saxe zwar „nicht ganz | |
zustimmen“ – was die Transparenz angehe, könne die Bürgerbeteiligung in | |
Bremen aber „noch fortschrittlicher“ sein, sagt er. | |
## Zu wenig Bürgerbeteiligung | |
Bomhoff moniert, dass die betroffenen BürgerInnen in den | |
Beteiligungsprozessen nur informiert würden und nicht mitentscheiden | |
könnten. „Das ärgert uns wahnsinnig“, sagt er. Planung lägen stets erst | |
dann vor, wenn alles schon eingetütet sei: „Das Einzige, was man da noch | |
mit entscheiden kann, ist die Farbe der Fahrradbügel.“ Bürgerbeteiligung | |
müsse viel früher ansetzen, fordert Bomhoff. | |
Saxe hat für diese Idee zwar Sympathie, will die Leute aber auch nicht | |
unnötig früh „auf die Barrikaden bringen“, wie er sagt. Stattdessen forde… | |
er auch von seiner eigenen Partei, Entscheidungen noch mehr und noch | |
geduldiger zu erklären. Wenn die Menschen mehr Bürgerbeteiligung forderten, | |
sollten Grüne das „niemals schlecht finden“, sagt Saxe, der auch im | |
Landtags sitzt. | |
Bomhoff ordnet die neue Wählerinitiative „in der Mitte“ ein, „mit Tendenz | |
nach links“, also im rot-grünen Lager, das derzeit nur mit einer | |
hauchdünnen Mehrheit regiert. Dabei ist Olaf Dinné, einer der Protagonisten | |
der neuen Bewegung, zuletzt eher durch Sympathie für die | |
rechtspopulistische „Bremen muss Leben“-Initiative des 1997 wegen | |
Volksverhetzung und Aufstachelung zum Rassenhass verurteilten Joachim | |
Siegerist aufgefallen. | |
## „Mozart-Trasse“ verhindert | |
1968 war der heute 82-jährige Dinné einer der prägenden Figuren der APO in | |
Bremen; später verhinderte er in der SPD die „Mozart-Trasse“, ein | |
monströses Bau-Projekt, das Bremen zu einer autogerechten Stadt machen | |
sollte. Das danken ihm bis heute Viele. 1979 gehörte Dinné der ersten | |
grünen Landtagsfraktion an. Bomhoff sagt: „Wenn auch Konservativere bei uns | |
mitmachen, heißt das nicht, dass wir nach rechtsaußen abdriften.“ | |
Parteienforscher Probst zufolge darf man die Wirkung der neuen | |
Wählerinitiative nicht überschätzen. Ähnlich wie 2007 „Bremen muss Leben�… | |
ist 2011 die bürgerliche Wählergemeinschaft „B+B“ klar gescheitert. Ein | |
Erfolg der neuen Initiative ginge aber vor allem zu Lasten der Grünen, | |
glaubt Probst. | |
20 Feb 2018 | |
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Jan Zier | |
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