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# taz.de -- Nach dem Ausbruch aus Tegel: Jetzt wird genau gezählt!
> Die Sicherheitsvorkehrungen im Knast Tegel werden verschärft, das
> Personal wird aufgestockt. Der Justizsenator spricht davon, Lücken zu
> schließen.
Bild: Jetzt wird genau hingeschaut: Kontrollgang in der JVA Tegel
Eine Woche nach der spektakulären Flucht eines Gefangenen aus der JVA Tegel
hat Justizsenator Dirk Behrendt (Grüne) ein Sofortprogramm für mehr
Sicherheit angeordnet. Das Personal in dem Männerknast wird kurzfristig
aufgestockt, die Fahrzeugkontrollen an den Pforten werden durch den Einsatz
von Videotechnik intensiviert. Am Freitagmittag hatte Behrendt die
rechtspolitischen Sprecher der Fraktionen im Abgeordnetenhaus nach Tegel
geladen, damit sie sich vor Ort ein Bild machen können.
Der 24-jährige Insasse Hamed M. war am 7. Februar aus Tegel entkommen,
indem er sich unter einem Lastwagen versteckte. Das Fahrzeug einer externen
Firma hatte Bestellungen der Insassen angeliefert. Zuvor hatte M. eine
Attrappe von sich in sein Bett gelegt. Als die bei der Morgenkontrolle
entdeckt wurde, war er schon zehn Stunden lang weg. Sechs Wochen zuvor
waren bereits vier Gefangene aus der JVA Plötzensee ausgebrochen. Der
Justizsenator steht deshalb unter starken Druck.
Alle größeren Fahrzeuge, die die JVA Tegel verlassen, sollen künftig von
unten mit einer Videoinspektionskamera gefilmt werden. Die Aufnahmen würden
auf einen Bildschirm übertragen, sagte Justizsprecher Sebastian Brux.
Bislang wurde der Unterboden der Fahrzeuge mit einem rollbaren Spiegel von
Beamten abgesucht.
Auch die Inspektionskameras seien nur eine vorübergehende Maßnahme.
Mittelfristig werde die Technik an den Pforten komplett erneuert. Infrage
kämen Unterbodenscanner, Wärmebildkameras oder Herzschlagdetektoren. „Der
Unterbodenscanner steht auf unserer Wunschliste ganz oben“, so Brux. In der
JVA Heidering habe sich diese Technik bewährt: Beim Rein- und Rausfahren
würden Wagen von unten fotografiert. „Stimmen beide Bilder nicht überein,
geht das Tor nicht auf.“
Auch personell bekommt Tegel Verstärkung. Fünfzig Mitarbeiter sollen ein
bis zwei Jahre befristet eingestellt werden, bis genügend Kräfte
ausgebildet seien. Aufgrund von früheren Einsparungen mangelt es Tegel wie
allen Berliner Haftanstalten an Personal. Ein hoher Krankenstand
verschlimmert die Lage. An dem Tag, als Hamed M. floh, versorgten lediglich
9 Beamte statt der vorgesehenen 13 die rund 300 Gefangenen in der
Teilanstalt II.
Denkbar sei, Securitypersonal zu rekrutieren, sagte Brux. Man werde aber
kein Personal von Sicherheitsfirmen einkaufen, sondern die Leute bei der
Justiz einstellen. Gezielt ansprechen wolle man auch abgelehnte Bewerber,
die für den Strafvollzug als zu alt oder zu unsportlich befunden worden
seien. Die zusätzlichen Kräfte bekämen keinen direkten Zugang zu den
Gefangenen. Vielmehr sollten sie das vorhandene Personal bei Bewachung der
Außenanlagen entlasten und auf dem Gelände befindliche Lieferfahrzeuge
überwachen. Die Zahl der Gefangenen werde künftig zu Beginn, während und am
Ende jeder Freistunde kontrolliert. Auch die Anwesenheitskontrollen in den
Zellen würden intensiviert.
Dass ausgerechnet ein grüner Justizsenator die Sicherheit verschärft,
dürfte zumindest unter den Gefangenen kaum für Jubel sorgen. Das sei gar
keine Verschärfung, meint Brux. „Wir schließen nur die Lücken.“
16 Feb 2018
## AUTOREN
Plutonia Plarre
## TAGS
Berlin-Tegel
Gefängnis
Dirk Behrendt
Sicherheit
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Sicherheitsmängeln.
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