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# taz.de -- VCD-Chef über Nulltarif im Nahverkehr: „Die Idee klingt verlocke…
> So einfach geht es nicht, sagt Phillip Kosok vom Verkehrsclub VCD. Die
> Städte brauchen Geld vom Bund, um Überfüllung in Bussen und Bahnen zu
> vermeiden.
Bild: Rushhour in Londons U-Bahn – beim Gratis-Transport wären Busse und Bah…
taz: Herr Kosok, man kommt durcheinander. Früher forderten Linke, Ökos und
Piraten den Nulltarif im öffentlichen Nahverkehr (ÖPNV). Nun schlägt die
Bundesregierung der EU-Kommission dasselbe vor. Eine gute Idee?
Philipp Kosok: Auch wir sind überrascht. Aber die Idee geht in die richtige
Richtung. Es ist ja nicht damit getan, auf die Autoindustrie zu warten.
Natürlich müssen die Hersteller die dreckigen Fahrzeuge umrüsten und
umweltfreundlichere Autos auf die Straßen bringen. Trotzdem ist es nötig,
mehr Verkehr auf Busse und Bahnen zu verlagern. Und das nicht nur an fünf
Orten, wie die Regierung nun vorschlägt, sondern in allen Städten mit
schlechter Luftqualität.
Es klingt ja erst mal verlockend. Wenn Busse, Straßen- und U-Bahnen für die
Kund*innen gratis wären, würden viele Leute ihre Autos stehenlassen. Aber
kämen die Verkehrsbetriebe mit diesem Ansturm überhaupt zurecht?
Den Ticketverkauf einfach komplett abzuschaffen erscheint nicht
realistisch. Heute schon ist der ÖPNV in vielen Städten gut ausgelastet.
Morgens und nachmittags drängeln sich die Passagiere oft in überfüllten
Fahrzeugen. Wenn man dann noch den Preis auf null setzte, wären die Busse
und Bahnen heillos überfüllt. So geht das nicht.
Also erst das Angebot verbessern, Geld investieren, Fahrer*innen
einstellen, neue Linien bauen, und dann die Preise senken?
Genau. Allerdings fehlen den allermeisten Kommunen die Mittel, um diese
Angebotsoffensive zu finanzieren. Damit sie in Gang kommt, müsste die
Bundesregierung die Gemeinden massiv unterstützen.
Im Zusammenhang mit dem Nulltarif ist davon keine Rede.
Daran sieht man, dass die Nulltarif-Idee der Bundesregierung ein
aktionistischer Schnellschuss und wenig durchdacht ist. Damit es
funktioniert, brauchen die Kommunen Geld aus dem Bundeshaushalt.
Nahverkehr ist eine ureigene Aufgabe der Städte. Warum soll jetzt die
Bundesregierung zuständig sein?
In 70 bundesdeutschen Ballungsräumen werden die Grenzwerte der
Luftbelastung mit Stickoxiden überschritten. Daran sind nicht die
Stadtverwaltungen schuld, sondern in erster Linie die Autohersteller.
Außerdem verhindert die Bundesregierung, dass die Städte zum Beispiel die
Blaue Plakette einführen, mit der sie Fahrbeschränkungen nur für die
wirklich dreckigen Diesel verhängen könnten.
Heute erwirtschaften die Nahverkehrsunternehmen etwa die Hälfte ihrer
Kosten durch den Verkauf der Fahrscheine. Der Nulltarif risse eine
gigantische Finanzlücke in ihre Haushalte.
Wir schlagen deshalb vor, die Preise zu halbieren und gleichzeitig das
Angebot zu verdoppeln. Der Fehlbetrag wäre dann vermutlich geringer. Aber
auch dafür bräuchte es eine zusätzliche Finanzierung, die die Gemeinden
nicht alleine stemmen können.
Wie sollte die Bundesregierung die Lücke konkret schließen?
Bisher wird die dreckige Diesel-Technologie subventioniert, indem die
Energiesteuer niedriger ist als die auf Benzin. Die Angleichung brächte
Mehreinnahmen in Höhe von 8 Milliarden Euro pro Jahr. Damit ließen sich
die Ticketpreise im ÖPNV in ganz Deutschland halbieren.
Nicht die Bundesregierung würde das finanzieren. Es geht zulasten der
Autofahrer*innen, die Diesel fahren.
Wegen des massiven Schadstoffproblems muss man Dieseltreibstoff teurer
machen und ihn damit zurückdrängen. Diesel ist dann so teuer wie Benzin.
Allerdings plädieren wir auch dafür, die Autoindustrie an den Kosten zu
beteiligen. Wenn der ÖPNV wegen schlechter Luft ausgebaut werden soll,
müssen die Verursacher für die Kosten herangezogen werden: die Autobauer.
15 Feb 2018
## AUTOREN
Hannes Koch
## TAGS
Emissionen
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Barbara Hendricks
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