# taz.de -- Kommentar Wachstum der Biobranche: Boom mit Schattenseiten | |
> Der Markt für biologisch erzeugte Landwirtschaftsprodukte wächst und | |
> wächst. Die Standards dafür wachsen leider nicht. | |
Bild: So schön grün sind die Auslaufflächen vor vielen großen Ställen für… | |
Es sind mal wieder prächtige Zahlen: Der Biomarkt ist 2017 erneut kräftig | |
gewachsen, hat die Branche am Mittwoch stolz verkündet. Das ist ein Gewinn | |
für die Umwelt und [1][den Tierschutz]. Denn Ökobauern müssen auf | |
chemisch-synthetische Pestizide und besonders [2][umweltschädliche Dünger] | |
verzichten. Sie geben ihren Tieren zudem mehr Platz im Stall und lassen sie | |
an die frische Luft. Aber der Bioboom hat auch Schattenseiten. | |
Vom starken [3][Wachstum des Ökoeiermarkts] zum Beispiel haben vor allem | |
große, agrarindustrielle Legehennenfarmen profitiert. Sie sind auf jeden | |
Fall tierfreundlicher als ihre konventionelle Konkurrenz, deren Hennen nie | |
oder selten ins Freie kommen. Aber auch die Bios halten Zehntausende Tiere | |
in einem Gebäude. Wie in konventionellen Massenställen hat das Personal | |
dort zu wenig Zeit, um sich um die Tiere zu kümmern. Der Teil der | |
Auslaufflächen um den Stall ist häufig übernutzt. Dort picken die Hühner | |
das Gras weg, so dass Nährstoffe wie Stickstoff oder Phosphat aus dem Kot | |
der Tiere leichter ins Grundwasser sickern können. Auch sind mehrere | |
Großfarmen in den vergangenen Jahren durch Skandale aufgefallen, weil sie | |
Tierschutz- oder andere Biovorschriften verletzt haben. Mancher | |
Agrarindustrielle, der oft aus der konventionellen Landwirtschaft stammt, | |
scheint nicht wirklich den Biospirit zu leben. | |
Probleme gibt es auch in der Obstproduktion: Die meisten Bioapfelplantagen | |
sind genauso wie ihre konventionellen Pendants Monokulturen. Sie sind | |
anfälliger für Schädlinge und Krankheiten als vielfältigere Anbaumodelle. | |
Deshalb spritzen auch Bioobstbauern beispielsweise kupferhaltige Pestizide, | |
die erlaubt, aber umweltschädlich sind. Immerhin müssen sie auf | |
Chemiekeulen wie das unter Krebsverdacht stehende Glyphosat verzichten. | |
Aber der Biospirit – er verlangt nicht nur nach anderen Pestiziden als die | |
konventionellen, sondern zum Beispiel nach Mischkulturen, die | |
widerstandsfähiger sind. | |
Leider hat die EU bei der Reform ihrer Ökoverordnung die Chance verpasst, | |
solche Missstände zu unterbinden. Deshalb sollte die Biobranche selbst ihre | |
Standards erhöhen – sonst könnte langfristig das Vertrauen der Verbraucher | |
in Bio Schaden nehmen. | |
15 Feb 2018 | |
## LINKS | |
[1] /Erste-Hoefe-mit-bioveganem-Siegel/!5479809 | |
[2] /EU-arbeitet-an-Oeko-Verordnung/!5464212 | |
[3] /Oekologische-Tierhaltung/!5325052 | |
## AUTOREN | |
Jost Maurin | |
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