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# taz.de -- Mord an Daphne Caruana Galizia: Auftraggeber bleiben im Dunkeln
> Derzeit läuft auf Malta der Prozess gegen die mutmaßlichen Mörder der
> Journalistin Daphne Caruana Galizia. Eine umfassende Aufklärung gibt es
> nicht.
Bild: Kerzen am Mahnmal für Daphne Caruana Galizia
Valletta taz | Die Sonne strahlt auf Maltas Hauptstadt Valletta, vor dem
neuen City Gate, das seit 2014 den Eingang in die alte Festungsstadt des
Ritterordens vom Heiligen Johannes von Jerusalem von Rhodos und von Malta
bildet, werden die Tribünen für den Karneval errichtet. Das City Gate sowie
das gleich dahinter liegende neue Parlamentsgebäude – beides von
Stararchitekt Renzo Piano konzipiert – stehen für das neue, transparente,
moderne Malta.
Von hier sind es keine zehn Minuten zu Fuß bis zum „Beweis des Gegenteils“.
So umschreibt es Fremdenführer Alessandro, der gerade eine Reisegruppe
durch die Republic Street führt. Denn direkt bei der Kathedrale des
Malteserordens stehen sie sich gegenüber: Auf der einen Seite die law
courts, das Oberste Gericht Maltas, auf der anderen Seite das spontan
entstandene Mahnmal für Daphne Caruana Galizia.
[1][Am 16. Oktober 2017 wurde die investigative Bloggerin und Journalistin
über politische Korruption und mafiösen Strukturen in Malta, in ihrem
geleasten Auto von einer Bombe getötet]. Drei Männer stehen derzeit vor
Gericht. „Das sind aber bestenfalls die Schergen, die die Tat ausführten“,
erklärt Alessandro seinen ZuhörerInnen, „die wirklichen Auftraggeber
bleiben im Dunkeln“. Und man merkt seinem Tonfall an, dass das wohl auch so
bleiben soll. Schließlich stellt das kleine Malta in diesem Jahr die
Kulturhauptstadt Europas. „Die Busse fahren nicht mehr nur nach Valletta,
sondern nach „Valletta 18“, da stört Daphne Caruana Galizia nur.
## Bitte nicht hochhängen
Die Journalistin hat für die Times of Malta und den Malta Independent
geschrieben, wichtiger aber noch war ihr Blog [2][Running Commentary]. Hier
berichtete sie über Verwicklungen hoher Regierungs- und Staatsbeamter. Bis
heute wehren sich Premierminister Joseph Muscat und seine Frau gegen
Vorwürfe, sie seien in die Panama Papers verstrickt. Über Muscats Stabschef
Konrad Mizzi war besonders häufig zu lesen, und auch immer wieder über
einen gewissen Jason Micallef. Dieser ist aktuell Vorsitzender der
Valletta-18-Stiftung, und alle drei beteuern, wie sehr sie der Tod von
Daphne Caruana Galizia getroffen habe und dass sie alles tun werden, um die
Tat aufzuklären.
Bis dahin, lautet der Subtext, solle man die Sache aber bitte nicht so
hochhängen. Nichts illustriert das besser als Micalleffs Presseerklärung
vom Dienstag. Das mit Blumen, Grablichtern, biografischen Notizen und
persönlichen Kommentaren – darunter harschen Vorwürfe gegen Maltas
politische Elite – bestückte Mahnmal für Daphne nutzt als Sockel nämlich
das „Great Siege Monument“, das an den Widerstand der Kreuzritter gegen die
Türken 1565 erinnert. „Als unabhängiger Staat dürfen wir niemals die
Entwürdigung eines historischen Monuments tolerieren, das an einen der
größten Siege in der Geschichte Maltas erinnert“, schrieb Micalleff allen
Ernstes – als „Valletta-2018-Chairman und aus persönlichen Gründen.“
## Teile des Mahnmals wurden abgeräumt
Im Gericht geht es derweil ums Kleinklein der Beweisaufnahme, am Mittwoch
sagte ein Automechaniker aus, dass die Leasingfirma die Schlüssel für
Daphnes Wagen zuerst im falschen Briefkasten hinterlegt hatte, es geht um
ein Boot und ein Appartement eines der Angeklagten und um die Frage, welche
zur Tatzeit in der Nähe eingeloggten SIM-Karten wem gehören. Die
Verteidigung spielt derweil auf Zeit und beklagt, die Besuchszeiten ihrer
Mandanten wichen von denen anderer Häftlinge ab und fänden in einem viel zu
kleinen Raum statt.
Am 2. Februar hatte bereits Reporter ohne Grenzen bei einem Hearing in
Valletta verkündet, man sei „ganz und gar nicht zufrieden“ mit dem Verlauf
im Fall Caruana Galizia: „Wenn fundamentale Freiheitsrechte erodieren,
verliert die Demokratie ihre Seele. Malta ist hier ein gutes Beispiel.“
Auch das Mahnmal am Siege Monument ist in Teilen abgeräumt – fast alle
Texte und sämtliche Vorwürfe gegen die Mächtigen fehlen seit
Mittwochmorgen.
„Wenn man über solche Dinge spricht, muss man vorsichtig sein, und jetzt
gehen wir weiter zum Palast des Großmeisters“, sagt Alessandro zu seinen
Gästen. Die alte Festung Valletta hat wieder zugemacht, Renzo Pianos City
Gate kann da auch nicht helfen.
9 Feb 2018
## LINKS
[1] /Tod-einer-maltesischen-Journalistin/!5455607
[2] https://daphnecaruanagalizia.com
## AUTOREN
Dirk Döll
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