# taz.de -- Hamburger Spenderorgange-Gesetz: Mehr Herz für Transplateure | |
> Hamburgs Gesundheitssenatorin Cornelia Prüfer-Storcks (SPD) will die Zahl | |
> der Organspenden an den Kliniken erhöhen. | |
Bild: Sollen in Hamburg häufiger weiterverwertet werden: Herzklappen | |
HAMBURG taz | Eine „Trendwende bei Organspenden“ erhofft sich | |
Gesundheitssenatorin Cornelia Prüfer-Storcks (SPD) in den kommenden Jahren. | |
Denn die Zahl der Organspenden nimmt seit Jahren kontinuierlich ab und fiel | |
im vergangenen Jahr auf einen historischen Tiefststand. Ein Hamburgisches | |
„Ausführungsgesetz zum Transplantationsgesetz“ des Bundes, soll nun die | |
Zahl der Organspenden in die Höhe schnellen lassen. | |
Danach werden die Hamburger Krankenhäuser, die Organentnahmen durchführen, | |
zukünftig verpflichtet, mindestens einen „Transplantationsbeauftragten“ zu | |
benennen, der von allen weiteren Aufgaben freigestellt wird. Denn selbst | |
wenn bei im Krankenhaus verstorbenen Patienten eine Entnahme-Einwilligung | |
vorliegt, werden die Organe nur selten entnommen – Zeit und Geld dafür | |
fehlen. | |
2017 gab es bundesweit nur noch 797 Organspender. Das sind 60 weniger als | |
noch im Jahr zuvor, die geringste Zahl seit 20 Jahren. Ein Trend, der sich | |
auch in Hamburg zeigt: Hier wurden 2017 lediglich 24 Verstorbenen | |
Spenderorgane entnommen – im Jahr zuvor waren es noch 40 gewesen. 2010 lag | |
der Höchstwert bei 61 Organspendern. | |
Bundesweit warten rund 10.000 Menschen auf ein lebensrettendes Spenderorgan | |
– in Hamburg waren es Ende 2017 183 Patienten. Dabei ging in Hamburg nicht | |
nur die Zahl der Organentnahmen, sondern auch die der vorgenommenen | |
Transplantationen zurück: Wurden 2016 noch 199 Organe verpflanzt, waren es | |
2017 nur 162. | |
Dabei liegt der Rückgang der Organentnahmen nicht an einer abnehmenden | |
Spendebereitschaft der Bevölkerung. Rund 600 mit einem Organspendeausweis | |
ausgestattete, in Hamburgs Krankenhäusern 2017 Verstorbene, wären für eine | |
Organentnahme infrage gekommen – nur vier Prozent der möglichen Entnahmen | |
wurden aber auch realisiert. Der Hauptgrund: Für die 22 Kliniken, die | |
Organentnahmen durchführen, sind diese nicht lukrativ und führen, so | |
Prüfer-Storcks, „zu finanziellen Ausfällen der Krankenhäuser“. | |
Die Gesundheitssenatorin sagt, in Deutschland erhalte jede Entnahmeklinik | |
für Organentnahmen nur 3.900 Euro pro Verstorbenen – in Kroatien etwa sei | |
es doppelt so viel. | |
Prüfer-Storcks hat als SPD-Koordinatorin für den Bereich Gesundheit in den | |
Berliner GroKo-Verhandlungen die Erhöhung dieser Pauschale in das mögliche | |
Einigungspapier hineinverhandelt. „Kommt die GroKo wird sich da etwas tun“, | |
ist sie sicher. | |
Zentraler Ansatz der Hamburgischen Gesetzesnovelle, die noch die | |
Bürgerschaft passieren muss, ist, die Rolle der | |
Transplantationsbeauftragten in den Krankenhäusern zu stärken. Denn | |
unabhängig von fehlenden finanziellen Anreizen, wird im eng getakteten | |
Krankenhausalltag vor der Einstellung der intensivmedizinischen Maßnahmen | |
nur selten daran gedacht, ob der Patient als Organspender infrage kommt. | |
Hamburg will nun eine definierte und verbindliche Freistellung des | |
Transplantationsbeauftragten von anderen Tätigkeiten in der Klinik | |
festschreiben – und dass eine solche Stelle pro 100 Intensivbetten Pflicht | |
wird. Entsprechende Regelungen gibt es bislang nur im | |
Landesausführungsgesetz in Bayern, dem einzigen Bundesland, in dem es 2017 | |
zu einer deutlichen Steigerung der Organspenden gekommen ist – um rund 18 | |
Prozent. Zudem setzt sich Prüfer-Storcks für eine angemessene Entlohnung | |
der Transplantationsbeauftragten ein. | |
Die FDP-Gesundheitspolitikerin Jennyfer Dutschke begrüßt die | |
Gesetzesnovelle, zeigt aber in ihrer Stellungnahme, dass sie die Materie | |
nicht durchdrungen hat: Die Abgeordnete sieht trotz der stetig steigenden | |
Verbreitung von Organspendeausweisen bundesweit das Problem nicht in den | |
Krankenhäusern sondern im „Rückgang der Organspendebereitschaft“ in der | |
Bevölkerung. | |
8 Feb 2018 | |
## AUTOREN | |
Marco Carini | |
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