# taz.de -- Ex-Torwart vor dem Bundesarbeitsgericht: Chance auf anderen Fußbal… | |
> Vor dem Bundesarbeitsgericht ist der ehemalige Bundesliga-Torhüter Heinz | |
> Müller mit einer Entfristungsklage gescheitert. Schade! | |
Bild: Da fliegt er, Heinz Müller. Wenn es nach ihm gegangen wäre, wäre er no… | |
Profifußballer in der Bundesliga werden auch künftig mit befristeten | |
Verträgen leben müssen. So urteilte am Dienstag das Bundesarbeitsgericht in | |
Erfurt im seit 2014 währenden Rechtsstreit zwischen dem ehemaligen Torhüter | |
Heinz Müller und dem FSV Mainz 05. | |
Heinz Müller ist inzwischen 39 Jahre alt. Im Jahr 2012 schloss er in Mainz | |
einen Zweijahresvertag ab, der sich nach einer gewissen Anzahl von | |
Bundesligaeinsätzen um ein Jahr verlängern sollte. Doch dazu kam es nicht. | |
Müller wurde vom damaligen Mainzer Trainer Thomas Tuchel in die zweite | |
Mannschaft zurückgestuft. Der Torwart [1][klagte vor dem Arbeitsgericht | |
Mainz] und bekam in erster Instanz Recht, das Landesarbeitsgericht | |
kassierte das Urteil aber und ließ Revision beim Bundesarbeitsgericht zu. | |
Dort begründete die Vorsitzende Richterin Edith Gräfl bei der | |
Revisionsverhandlung nun ihr Grundsatzurteil zum Arbeitsrecht im | |
Spitzenfußball: „Vom Fußball werden sportliche Höchstleistungen erwartet, | |
man kann nicht davon ausgehen, dass diese bis zum Rentenalter zu erbringen | |
sind.“ Die Zeitverträge, die Clubs ihren Lizenzspielern für zwei oder mehr | |
Jahre ausstellen, seien wegen der Eigenart ihrer Arbeitsleistung | |
gerechtfertigt. | |
Der Jubel im Profifußball ist groß. Die Deutsche Fußball Liga, der | |
Dachverband der 36 Proficlubs in Deutschland, erklärt, diese Entscheidung | |
sei „im Sinn und im Interesse des Wettbewerbs, der Clubs, der Fans und auch | |
der Spieler.“ Auch der Deutsche Fußball-Bund äußert sich positiv. „Jeder, | |
der Fußball spielt, aber auch jeder Mann und jede Frau jenseits der 40 | |
weiß, dass man als Fußballer nicht mit 67 in Rente gehen kann, sondern | |
schon weit früher seine aktive Karriere auf Grund nachlassender | |
körperlicher Leistungsfähigkeit beenden muss.“ | |
Auf dem Fußballportal 11Freunde.de argumentiert der auf Arbeitsrecht | |
spezialisierte Anwalt Christoph Kurzböck, das Urteil sei „[2][im konkreten | |
Einzelfall von Heinz Müller stringent“]. Auf Zeit Online kommentiert | |
Sportredakteur Oliver Fritsch: „[3][Dem Fan bleibt Rentnerfußball | |
erspart“]. | |
## Eine falsche Entscheidung | |
Es mag ja sein, dass das Urteil den Ligen, Verbänden und Klubs nun | |
Planungssicherheit gibt und dass die Bewahrung des Status Quo auch den | |
Erwartungen der meisten Fans entspricht, die sich an den | |
Hochleistungsfußball junger Männer und Frauen samt sportlich nahezu | |
perfekten Körpern, Starkapriolen und Millionengehältern (zumindest bei den | |
Männern) gewöhnt haben. Die also zu dicke, zu dünne, zu alte, wie auch | |
immer von den Sehgewohnheiten der Bundesliga- und Champions-League-Norm | |
abweichende Körper im Fußball allenfalls sehen wollen, wenn das | |
Ü40/Ü50/Ü60-Dorf- oder Stadtteilteam mal antritt. | |
Das Urteil im Fall Müller wäre eine Chance gewesen, die zuletzt häufig | |
beklagte Altersdiskriminierung zu beenden. Bis 35 geht im Profifußball was, | |
lautet der Subtext des Urteils, je nach Auslegung auch bis 40. Spätestens | |
dann aber ist Schluss – weil der Verein es so will. Die Meinung der | |
Spielerin oder des Spielers interessiert dann niemanden mehr. | |
Es ist eine verpasste Chance auf einen anderen, einen ehrlicheren | |
Profisport. Auf Bauchansätze oder wabbelnde Bäuche und nicht mehr ganz so | |
schnelle Beine, vielleicht auch auf Kurzatmigkeit und rote Köpfe. Eine neue | |
Leichtigkeit könnte in den Ligaalltag einziehen, einhergehend mit Humor, | |
weil eben nicht mehr alles so klappt wie einst, als man noch 25 Jahre alt | |
war. Die Anforderungen an den Profifußball, wo [4][Burnout-Erkrankungen und | |
Depressionen nicht selten sind], könnten sinken und mit ihnen die sonst | |
stets steigenden Gehälter und Ablösezahlungen. | |
Aber würde man das noch sehen wollen? Unbedingt. Die Routine und lässige | |
Eleganz eines Gianluigi Buffon, der dieser Tage 40 wird, ist von zeitloser | |
Schönheit. Aus dem italienischen Nationalteam [5][ist er zurückgetreten], | |
in seinem Verein, Juventus Turin, läuft sein Vetrag noch bis zum Sommer | |
2018, eine Verlängerung ist möglich. Zum Glück ist das Erfurter | |
Bundesarbeitsgericht nicht für Turin zuständig. | |
Körper verändern sich. Diese Veränderung auch im Profifußball miterleben zu | |
können – und zwar bis die Spielerinnen und Spieler entscheiden, wann | |
Schluss ist –, macht das Müller-Urteil unmöglich. | |
17 Jan 2018 | |
## LINKS | |
[1] /Profifussball-und-Arbeitsrecht/!5015068 | |
[2] https://www.11freunde.de/interview/warum-das-urteil-im-fall-von-heinz-muell… | |
[3] http://www.zeit.de/sport/2018-01/heinz-mueller-mainz-05-befristete-vertraege | |
[4] http://www.tagesspiegel.de/sport/depressionen-und-burnout-im-fussball-verle… | |
[5] /Italien-verpasst-die-WM-Teilnahme/!5462493 | |
## AUTOREN | |
Maik Söhler | |
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