# taz.de -- Profifußball und Arbeitsrecht: Nun müllert's auch in den Verträg… | |
> Die Spielergewerkschaft VDV fordert einen Tarifvertrag für Fußballer. | |
> Nach einem Urteil des Mainzer Arbeitsgerichts stehen die Chancen gut. | |
Bild: Großer Wurf: Heinz Müller erstritt ein unbefristetes Arbeitsverhältnis | |
Heinz Müller ist ein Name, der Normalität verspricht. Und tatsächlich hat | |
der Extorwart des Fußballbundesligisten Mainz 05 vor dem Arbeitsgericht ein | |
Urteil erstritten, das die Angleichung des Profisports an | |
Normalarbeitsverhältnisse zur Folge haben könnte. Müller hat nämlich | |
erfolgreich auf „Feststellung des Fortbestandes als unbefristetes | |
Arbeitsverhältnis“. Er hatte nach Ablauf seines Zweijahresvertrags weder | |
einen neuen noch eine Abfindung erhalten. | |
Also greift das Gesetz, das Arbeitnehmer davor schützt, sich von | |
befristetem Job zu befristetem Job hangeln zu müssen: Ein Befristung ist | |
nur für zwei Jahre erlaubt oder mit einem guten Grund – etwa den | |
Einverständnis des Angestellten oder durch „die Eigenart der | |
Arbeitsleistung“. | |
Dabei dachte der Gesetzgeber an zeitlich begrenzte Arbeiten, wie sie in der | |
Wissenschaft oder bei Bauprojekten manchmal vorliegen. „Die Eigenart des | |
Profifußballs an sich ist noch kein Sachgrund“, heißt es beim Gericht. Und | |
Müllers Anwalt, Horst Kletke, erkärte in der Bild-Zeitung: „Es wurden | |
einfach nur die Gesetze angewandt, die in Deutschland und Europa gelten.“ | |
Der Anwalt des FSV Mainz sieht das anders: „Sachliche Gründe für eine | |
Befristung sind im Profifußball immanent.“ Der Verein will in Berufung | |
gehen. Er erhält dabei Unterstützung vom – eigentlich nicht zuständigen – | |
Deutschen Fußball-Bund. DFB-Vize Rainer Koch sagt: „Für mich steht außer | |
Frage, dass das allgemeine Arbeitsrecht im Fußball so nicht gelten kann.“ | |
Für die Fußballergewerkschaft VDV stellt sich der Fall anders dar. | |
Geschäftsführer Ulf Baranowsky will ja nicht bestreiten, dass der Fußball | |
etwas Besonderes ist, aber vor allem sieht die VDV eine große | |
Rechtsunsicherheit. „Aus der kommen wir nur raus mit einem Tarifvertrag.“ | |
Dort könnten Vertragslaufzeiten und Kündigungsmodalitäten geklärt werden, | |
auch Fragen wie Lohnfortzahlung im Krankheitsfall oder einen Mindestlohn | |
könnte man in einem Tarifvertrag regeln, sagt er der taz. | |
## „Mit jedem Profiklub verhandeln“ | |
Aber mit wem soll die VDV, die seit Jahren so etwas fordert, einen Vertrag | |
schließen? „Wir können natürlich mit jedem Profiklub verhandeln“, sagt | |
Baranowsky, „aber sinnvoller wäre ein Abschluss mit dem Verband der | |
Arbeitgeber.“ Das wäre für die Erste und Zweite Liga der Ligaverband, unter | |
dessen Dach sich die DFL befindet, aber hier will sich zu dem Thema | |
verbindlich niemand äußern. Dabei erklärte der Ligaverband sich im Jahr | |
2010 in seiner Satzung ausdrücklich als tariffähig. Es gebe „derzeit keinen | |
akuten Handlungsdruck“, teilt ein DFL-Sprecher der taz mit. Schließlich | |
gehe das Müller-Verfahren noch in Berufung, und andernorts seien andere | |
Richter zu anderen Urteilen gekommen. | |
Was wie die Frage nach der unterschiedlichen Einschätzung verschiedener | |
Juristen erscheint, ist eine handfeste Machtfrage. In anderen europäischen | |
Ligen – mit Spanien, Italien und Frankreich nicht gerade die sportlich | |
schlechtesten – gibt es Tarifverträge, ausgehandelt zwischen | |
Spielergewerkschaft und Liga. Durchgesetzt wurden sie, die gerade für | |
Zweit- und Drittligakicker wichtige Absicherungen darstellen, oft durch | |
Streiks. Als in Spanien im vergangenen Jahr etliche Zweitligaklubs die | |
Gehälter nicht mehr zahlten, unterstützen die Erstligakicker ihre Kollegen | |
mit Solidaritätsstreiks. In Deutschland ist das bislang undenkbar. | |
Das liegt, wie Baranowsky vermutet, an unterschiedlicher gewerkschaftlicher | |
Tradition in den jeweiligen Ländern. Es hat aber auch Gründe, die in der | |
Struktur des Profisports liegen. In der VDV sind Kicker bis zur | |
Regionalliga mit Stimmrecht organisiert. Für die Erste und Zweite Liga ist | |
der Ligaverband Ansprechpartner in Sachen Tarifvertrag, für die Dritte Liga | |
wäre es der DFB und für die Regionalligen wären es die Landesverbände des | |
DFB. An Streik denkt die VDV nicht. „Wir wollen kein Öl ins Feuer gießen“, | |
sagt Baranowksy. Erst mal verlässt sich sein Verband darauf, dass auch die | |
Klubs Interesse an Rechtssicherheit haben müssten. | |
27 Mar 2015 | |
## AUTOREN | |
Martin Krauss | |
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