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# taz.de -- Politik als Schulfach: Politische Bildung soll Schule machen
> Ab dem Schuljahr 2019/20 wird Politische Bildung eigenes Schulfach in den
> Klassen 7–10. Der Landesschülerausschuss musste dafür lange kämpfen.
Bild: Damit SchülerInnen nicht denken, es gehe bei Wahlen um den besten Kaffee…
Jedes Mal, wenn wieder eine Wahl ansteht, widmet man sich stets sorgenvoll
auch ihnen, den ErstwählerInnen und ihrer vermeintlichen
Politikverdrossenheit. Bisher konnte man sagen: Viel wurde geredet, wenig
wurde an dem Ort dagegen getan, wo Demokratieerziehung eigentlich eine
große Rolle spielen soll – in der Schule.
Das soll sich nun ändern, wie die Senatsbildungsverwaltung am Mittwoch
bekannt gab. Ab dem kommenden Schuljahr wird das Fach Politische Bildung
auf dem Zeugnis benotet. Ab dem Schuljahr 2019/20 soll dem Fach in den
Klassen 7–10 zudem als eigenständiges Fach mehr Zeit im Stundenplan
eingeräumt werden.
Wie das funktionieren soll, ohne dass andere Fächer dafür Stunden abgeben
müssen oder dass den SchülerInnen der Stundenplan noch voller gepackt wird,
ist einigermaßen kompliziert: Geschichte, Politische Bildung, Geografie und
Ethik werden künftig in dem Lernbereich Gesellschaftswissenschaften
zusammengefasst („Kontingentlösung“).
Für diesen gibt es je nach Jahrgangsstufe eine fixe Zahl an
Unterrichtsstunden – die die Schulen dann aber flexibel auf die einzelnen
Fächer aufteilen können. Um zu verhindern, dass Schulen unterschiedliche
Schwerpunkte setzen, wird es eine Minimal-Stundenzahl für jedes Fach geben.
Jedes Fach muss in jeder Jahrgangsstufe unterrichtet werden.
Auch bisher schon wurde Politische Bildung in der Mittelstufe unterrichtet,
allerdings nur als Teilbereich des Fachs Geschichte. Ein Drittel der
Unterrichtszeit in den Klassen 7–10 sollte für die Politische Bildung
reserviert sein. Doch bei maximal zwei Stunden Geschichte pro Woche bleibt
da nicht viel übrig.
## Wie funktionieren Wahlen?
Ein Großteil der SchülerInnen verließe die Schule, ohne zu wissen, „was der
Unterschied zwischen Erst- und Zweitstimme ist, geschweige denn, wie unser
demokratisches System funktioniert“, kritisierte der Landesschülerausschuss
bereits 2016 in einem offenen Brief an Bildungssenatorin Sandra Scheeres
(SPD). Bisher gab es erst in der Oberstufe Politik als eigenes Fach.
Tatsächlich fordern der Landesschülerausschuss und eine Schülerinitiative
schon seit 2012, dass Politik eigenes Schulfach in der Mittelstufe wird.
Man war sogar anfangs bereit, dafür eine Stunde mehr in den
Wochenstundenplan aufzunehmen.
Auch der rot-rot-grüne Senat schrieb sich – vielleicht unter dem Eindruck
des AfD-Wahlerfolgs stehend – in den Koalitionsvertrag, die Politische
Bildung stärken zu wollen. Nach einem „Diskussionsprozess“ mit den
Lehrerverbänden der gesellschaftswissenschaftlichen Fächer und dem
Landesschülerausschuss habe man sich dann für die „Kontingentlösung“
entschieden, hieß es aus der Bildungsverwaltung.
Es dürfte aber kein Zufall gewesen sein, dass bei der gestrigen
Pressekonferenz nur die Schülervertreter und niemand von den
Lehrerverbänden auf der Teilnehmerliste stand – die hatten sich nämlich
erst Anfang Januar in einem offenen Brief vehement gegen eine
Kontingentlösung ausgesprochen, während der Landesschülerausschuss Letztere
schließlich befürwortete. Wenn man die Stundenzahl nicht konkret pro Fach
zuweise, sei der Fachunterricht „nicht garantiert“, befürchten die
FachlehrerInnen.
Grünen-Abgeordnete June Tomiak gratulierte am Mittwoch denn auch den
SchülerInnen, die sich mit ihrer Linie durchgesetzt hatten, und mahnte:
Wichtiger noch als Politik als Schulfach sei, „politische Teilhabe und
Demokratie im Schulalltag“ zu leben. „Unser Erfolg zeigt, dass wir so
politikverdrossen nicht sein können“, kommentierte
Landesschülerausschuss-Sprecher Franz Kloth trocken.
25 Jan 2018
## AUTOREN
Anna Klöpper
## TAGS
Politische Bildung
Sandra Scheeres
Politikverdrossenheit
Demokratie
Duale Ausbildung
Antisemitismus
Sandra Scheeres
Abgeordnetenhauswahlen 2016
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