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# taz.de -- Keine Strafe für Waffen von rechter Seite: Revolver als Geburtstag…
> Ein Arzt hatte über die rechte Seite „Migrantenschreck“ Waffen bestellt.
> Das Verfahren wurde nun eingestellt, weil er sie nur aus Spaß gekauft
> haben soll.
Bild: Waffenscheinpflichtig? Ach, egal! (Symbolbild)
Berlin taz | Auf der Geburtstagsfeier mit waffenscheinpflichtigen
Gummigeschossen auf Töpfe schießen? Kein Problem. Zumindest kein großes,
wenn es nach dem Amtsgericht Bautzen geht. Das Gericht hat am Mittwoch ein
Verfahren gegen einen 66-jährigen Arzt aus Wehrsdorf in der Oberlausitz
gegen Geldauflage eingestellt, der seinen eigenen Angaben zufolge als
Partygag unerlaubt zwei Waffen aus Ungarn einführte.
Der 66-Jährige hatte die Waffen auf der [1][inzwischen geschlossenen
rechten Hetzseite „Migrantenschreck“] erworben. [2][Der Sächsischen Zeitung
zufolge] handelte es sich um zwei Revolver des Modells „Antifaschreck“, die
insgesamt 1.170 Euro kosteten. In deren Verkaufsbeschreibung der Revolver
stand unter anderem: „Werden Sie öffentlich in den Dreck gezogen, weil Ihre
Meinung nicht systemkonform genug ist? Lassen Sie sich derlei Frechheiten
nicht länger bieten!“
Die Waffen sind waffenscheinpflichtig, weil sie mit Heißgas betrieben
werden, erklärt der Pressesprecher des Amtsgerichts Bautzen, Markus
Kadenbach, gegenüber der taz. Der Angeklagte sei zwar Mitglied in einem
Schützenverein und dementsprechend berechtigt, Waffen zu besitzen. Dazu
zählten aber nur Sportwaffen und nicht die von ihm im Internet erworbenen.
Da es sich um eine Bestellung aus dem Ausland handelte, war zudem die
Einfuhr der Waffen erlaubnispflichtig. Der Arzt hatte eine solche Erlaubnis
nicht. Das sei in dem Fall „das schwerer wiegende Delikt“, auf das
eigentlich eine Mindeststrafe von sechs Monaten Freiheitsstrafe liege, so
Kadenbach.
Das Amtsgericht sah in dem Verstoß aber nur einen minderschweren Fall, da
der Angeklagte die Waffen für seine Geburtstagsfeier erworben hatte und
„bislang unbescholten“ sei. Einen fremdenfeindlichen Hintergrund hielt das
Gericht für ausgeschlossen, und zwar auch deshalb, weil der 66-Jährige
„glaubhaft beteuert“ habe, dass er Ende der 1980er Jahre Entwicklungsdienst
in einem Krankenhaus in Managua, Nicaragua, geleistet habe, sagt Kadenbach.
Die Waffen habe der Angeklagte bereits zu Beginn des Ermittlungsverfahrens
herausgegeben. Kadenbach spricht von „makellosem Verhalten“, weil der
Verdacht zunächst nur wegen einer Waffe bestand und der 66-Jährige von sich
aus offenbarte, eine zweite Waffe bestellt und an eine Bekannte
weitergegeben zu haben. Er trug dann dazu bei, dass auch diese zweite Waffe
durch die Polizei schnell sichergestellt werden konnte.
Das Amtsgericht schenkte den Erklärungen des Angeklagten offenbar Glauben
und verzichtete auf die Mindeststrafe. Mit einer Geldauflage in Höhe von
5.000 Euro an die [3][„Gesellschaft Bürger & Polizei e.V.“] wird das
Verfahren nun eingestellt.
12 Jan 2018
## LINKS
[1] https://motherboard.vice.com/de/article/yp3a5g/die-waffenschmiede-hinter-de…
[2] https://www.sz-online.de/sachsen/teurer-party-gag-marke-migrantenschreck-38…
[3] http://www.netzwerk-brueckenbau.de/site/
## AUTOREN
Belinda Grasnick
## TAGS
Waffenschein
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Waffen
Bautzen
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Schwerpunkt Rassismus
Mario Rönsch
Rechtstextreme
Rostock
taz-Serie: Die Reichsbürger
Lesestück Recherche und Reportage
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