Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Reichsbürger als Gefährder: „Hohe Affinität zu Waffen“
> Die Gewaltbereitschaft der Reichsbürger wird nun auch von den
> Sicherheitsbehörden erkannt. Grund für das Umdenken ist ein
> Polizistenmord.
Bild: Bei Reichsbürgern sichergestellte Waffen
Berlin taz | Obwohl Rechtsextremismus-Experten seit Jahren auf eine
drohende Gefahr durch die wachsende Reichsbürgerbewegung hingewiesen
hatten, sahen die Sicherheitsbehörden lange keinen Anlass, dieses Spektrum
genauer in den Blick zu nehmen. Noch im Juli 2016 antwortete die
Bundesregierung auf eine Kleine Anfrage der Linksfraktion, von der
Reichsbürgerszene gehe „keine konkrete Gefahr“ aus. Auch das
Personenpotenzial der Szene mochte die Bundesregierung damals nicht
beziffern. Von Reichsbürgern begangene Straftaten wurden jahrelang nicht
als solche erfasst; in der Öffentlichkeit wurden Angehörige dieses
Spektrums immer wieder als „Spinner“ verharmlost.
Mit den tödlichen Schüssen von Georgensgmünd im Oktober 2016 änderte sich
diese Sichtweise. Nun überboten sich plötzlich die Sicherheitspolitiker
verschiedener Parteien in ihren Forderungen zum Umgang mit Reichsbürgern.
Ein Teil davon wurde nie angegangen – etwa Angehörigen der
Reichsbürgerbewegung den Führerschein zu entziehen oder ihnen das Halten
von Kampfhunden zu verbieten.
Bei anderen Maßnahmen hingegen ging die Umsetzung ganz schnell: Noch im
November 2016 kündigte das Bundesamt für Verfassungsschutz eine umfassende
Beobachtung der Szene an. Im Januar 2017 gab es dann auch das erste Mal
Zahlen: Auf rund 10.000 Personen schätzte der Verfassungsschutz die
Reichsbürgerszene insgesamt. Im Mai wurde diese Angabe noch einmal auf rund
12.600 Personen erhöht, darunter seien etwa 700 Rechtsextreme.
Auch die Darstellung dieses Spektrums änderte sich: Mittlerweile weist der
Verfassungsschutz auf die „erhebliche Gewaltbereitschaft“ der Szene sowie
deren „hohe Affinität zu Waffen“ hin. Das Bundeskriminalamt zeigte sich
ebenfalls besorgt über die Bereitschaft zur „äußersten Gewalt bis hin zu
terroristischen Aktionen“.
## Verweigerung des Waffenscheins
Eine zentrale Maßnahme ist deshalb die Verweigerung des Waffenscheins für
Reichsbürger. Auch diese Forderung kam im letzten Herbst schnell auf – der
Schütze von Georgensgmünd besaß mehr als 30 Schusswaffen. In einigen
Bundesländern gibt es einen solchen Erlass bereits, die
Innenministerkonferenz im Juni bekräftigte, ein bundesweites Waffenverbot
anzustreben.
Allerdings: Die SPD-geführten Länder konnten sich mit ihrer Forderung,
künftig bei der Erteilung des Waffenscheins eine Regelanfrage beim
Verfassungsschutz zu stellen, nicht durchsetzen. Ob ein
Waffenscheinbesitzer Reichsbürger ist, kann also nur durch eine Abfrage im
Einzelfall herausgefunden werden. Nach Angaben der Sicherheitsbehörden
besitzen momentan rund 700 Reichsbürger einen Waffenschein.
30 Aug 2017
## AUTOREN
Malene Gürgen
## TAGS
taz-Serie: Die Reichsbürger
Reichsbürger
Rechtsextremismus
taz-Serie: Die Reichsbürger
Waffenschein
Reichsbürger
Reichsbürger
Reichsbürger
Lesestück Recherche und Reportage
Reichsbürger
## ARTIKEL ZUM THEMA
Infoveranstaltung mit Verfassungsschutz: Wie Reichsbürger ticken
Der Bremer Verfassungsschutz-Chef und eine Psychologin informierten über
die „Reichsbürger“. Auch deren Anhänger diskutierten mit.
Keine Strafe für Waffen von rechter Seite: Revolver als Geburtstags-Gag
Ein Arzt hatte über die rechte Seite „Migrantenschreck“ Waffen bestellt.
Das Verfahren wurde nun eingestellt, weil er sie nur aus Spaß gekauft haben
soll.
Bundesamt für Verfassungsschutz: 15.000 Reichsbürger in Deutschland
Laut Verfassungsschutzbericht 2016 gibt es in Deutschland 10.000
Reichsbürger und Selbstverwalter. Neuen Berichten zufolge sind die Zahlen
deutlich höher.
Verfassungsschutz warnt: Rechte unterwandern Schützenvereine
Der Chef vom Thüringer Verfassungsschutz warnt vor Neonazis, die in
Schützenvereine eintreten. Bei ihnen würden häufig legale Waffen gefunden.
Kommentar Reichsbürger-Prozess: Die Gefahr ist nicht gebannt
Reichsbürger wurden lange unterschätzt. Zwischen ihnen und der Polizei soll
es Verstrickungen geben. Eine Aufarbeitung gibt es nicht.
Reichsbürger-Prozess in Nürnberg: „Der freie Mann Wolfgang“
Im Herbst 2016 erschoss ein Mann einen Polizisten. Man kennt ihn als
Reichsbürger von Georgensgmünd. Seine Verteidiger sagen, er sei gar keiner.
Ausweisverweigerer in Schleswig-Holstein: Gebühr macht Reichsbürger brav
In Schleswig-Holstein müssen Reichsbürger, die ihren Ausweis abgeben, 5
Euro pro Tag zahlen. Nun nahmen die meisten ihre Papiere wieder mit.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.