| # taz.de -- Grüne in Sachsen-Anhalt: Bewährungsfrist für Kenia | |
| > Der kleinste Koalitionspartner will Demütigungen durch die CDU nicht mehr | |
| > schlucken. Der Sonderparteitag der Grünen fordert „ein glaubwürdiges | |
| > Signal“. | |
| Bild: „Das Vertrauensverhältnis ist schwer geschädigt“, sagt Claudia Dalb… | |
| Magdeburg taz | Ein Warnschuss, aber kein Ausstieg: Die Grünen in | |
| Sachsen-Anhalt bleiben in der Kenia-Koalition. Das ist das Ergebnis ihres | |
| Sonderparteitags am Sonntag in Magdeburg. Sie wollten „nicht den Lindner | |
| machen“, hieß es in der Debatte. | |
| Zu dem Parteitag in der Landeshauptstadt hatte der grüne Landesvorstand | |
| kurzfristig eingeladen, nachdem die im Frühjahr 2016 geschlossene Koalition | |
| von CDU, SPD und Grünen wegen eines Skigebiets im Harzer Wintersportort | |
| Schierke dem bislang härtesten Stresstest unterzogen worden ist. | |
| Anlass der heftigen Verstimmung bei den Grünen war die Anweisung von | |
| Ministerpräsident Reiner Haseloff (CDU) an die grüne Umweltministerin | |
| Claudia Dalbert, einem Flächentausch des Landes mit der Stadt Wernigerode | |
| zuzustimmen. Damit wird die von einem Privatinvestor geplante Seilbahn | |
| begünstigt, Fördermittel für ein bereits errichtetes Parkhaus können | |
| fließen. | |
| Dalbert hatte gezögert, nachdem ein Gutachten die Neubewertung gefährdeter | |
| Moorflächen gefordert hatte. „Das Vertrauensverhältnis ist schwer | |
| geschädigt“, bewertete sie das Vorgehen des Ministerpräsidenten über ihren | |
| Kopf hinweg. | |
| Die Ministerin und zahlreiche weitere Redner bezeichneten den jüngsten | |
| Eklat als den sprichwörtlichen Tropfen, der das Fass der Demütigungen zum | |
| Überlaufen gebracht habe. Die frühere grüne Bundesgeschäftsführerin Steffi | |
| Lemke erinnerte daran, dass die Koalition im Dezember schon einmal vor dem | |
| Bruch stand. Teile der CDU-Fraktion stimmten damals dem AfD-Versuch zu, den | |
| grünen Innenpolitiker Sebastian Striegel aus der Parlamentarischen | |
| Kontrollkommission abzuwählen. | |
| ## Die grüne Jugend verlangt den Ausstieg | |
| Einen ähnlichen Affront musste bereits die grüne Fraktionsvorsitzende | |
| Cornelia Lüddemann hinnehmen. Für eine Verschlechterung des Klimas hatte | |
| jüngst auch CDU-Generalsekretär Sven Schulze gesorgt, als er die Streichung | |
| staatlicher Zuschüsse für den demokratiefördernden Verein „Miteinander“ | |
| anregte. | |
| Deshalb dürfe es kein „Weiter so“ geben, heißt es in einem Positionspapier | |
| des Landesvorstands. Die Grüne Jugend verlangte sogar den Ausstieg aus der | |
| Koalition. Letztlich stimmte etwa jeder Fünfte der 70 Delegierten gegen den | |
| Verbleib in der Koalition. 2016 hatten noch 98 Prozent dem | |
| Koalitionsvertrag zugestimmt. | |
| Im Juni soll nun ein weiterer Parteitag das Koalitionsklima erneut | |
| bewerten. Von der CDU erwartet man „ein glaubwürdiges Signal, dass sie in | |
| Gänze mit uns den im Koalitionsvertrag vereinbarten Weg gehen wollen“, so | |
| die Formulierung im Positionspapier. Denn auf diesen Vertrag und seine | |
| teilweise Umsetzung sind die Bündnisgrünen nach wie vor stolz. Ausführlich | |
| zählte Fraktionschefin Lüddemann vermeintliche Erfolge auf den Feldern | |
| Energie, Ökologie, Radverkehr, Bildung oder Bürgerrechte auf. | |
| Einig war sich der Parteitag, dass von einer de facto gespaltenen Union | |
| unter schwacher Führung die größte Gefahr für die Kenia-Koalition ausgehe, | |
| während sich die Grünen als Stabilitätsfaktor erwiesen. Von einer realen | |
| Viererkoalition war in der Debatte häufig die Rede, weil ein | |
| unberechenbares Drittel der Unionsfraktion faktisch gegen die Grünen | |
| opponiert und häufig mit der AfD stimmt. | |
| Vor Neuwahlen hat die 5,2-Prozent-Partei nach eigenem Bekunden keine große | |
| Angst. Sie fürchtet für den Fall des Scheiterns von Kenia eher eine von der | |
| AfD tolerierte CDU-Minderheitsregierung. Auch um dies zu verhindern, will | |
| man sich nun erst mal noch ein wenig mehr „Leidensfähigkeit“ zumuten. Aber | |
| vielleicht nicht mehr lange. | |
| 21 Jan 2018 | |
| ## AUTOREN | |
| Michael Bartsch | |
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