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# taz.de -- Militäroperation gegen Rebellen: Blut für Kongos Öl
> Uganda und Kongo inszenieren einen Krieg gegen die Rebellen. Die
> Grenzregion ist auch für Investitionen in die Ölförderung interessant.
Bild: Im Dezember 2017 töteten die Rebellen mehrere tansanische UN-Soldaten im…
KAMPALA taz | Kaum haben die Militäroperationen begonnen, herrscht rund um
die Großstadt Beni im Osten der Demokratischen Republik Kongo Angst und
Panik. 10.000 Kongolesen sind seit Dezember nach Uganda geflohen, viele mit
Booten über den Albertsee, ein gefährliches Unterfangen.
Am Wochenende startete Kongos Armee (FARDC) eine Offensive in der
ostkongolesischen Provinz Nord-Kivu. „Dieses Mal ist für uns das letzte
Mal“, verkündete der verantwortliche FARDC-Kommandant General Marcel
Mbangu. In neuer, schusssicherer Schutzkleidung und Stahlhelm trat er am
Samstag vor die Presse in Beni. „Wir werden kämpfen und das höchste Opfer
bringen, um Frieden und Sicherheit in der Region herzustellen“, so Mbangu.
Hauptgegner: die ursprünglich ugandischen Rebellen der ADF (Vereinte
Demokratische Kräfte). Mehrere von deren Stellungen sollen gefallen sein.
Die ADF mit ihren paar hundert Kämpfern, darunter nur noch wenige Ugander,
hockt seit den 1990er Jahren in den Rwenzori-Bergen an der Grenze. Von dort
aus schlägt sie immer wieder zu. Mitte Dezember starben 15 tansanische
UN-Soldaten bei einem Angriff auf eine UN-Basis im Wald östlich von Beni.
Ob wirklich die ADF diese Attacke verübte, bezweifeln viele Beobachter.
Aber sie wirkte wie ein Warnschuss. Kurz vor Weihnachten bombardierte
Uganda mit schwerer Artillerie und Langstreckengeschossen ADF-Ziele im
Kongo. Die „präventiven“ Schläge seien in Koordination mit den Kongolesen
erfolgt, so Ugandas Armeesprecher Richard Karemire. Acht Stellungen seien
getroffen und 100 Rebellen getötet worden. Doch weder die UNO im Kongo noch
Kontakte in Beni können diese Zahlen bestätigen.
Aus Monusco-Kreisen heißt es: „Totaler Unsinn“. Manche bezweifeln sogar,
dass Uganda überhaupt angegriffen hat. Von Beni aus seien Bombardierungen
der ADF-Stellungen normalerweise in Hörweite, aber am fraglichen Tag sei es
„still“ gewesen.
## Ugandas Präsident Museveni im Zentrum
Aber die Aktion rückte Ugandas Präsident Yoweri Museveni ins Zentrum des
Geschehens. Am vergangenen Wochenende lud er die Militär- und
Geheimdienstchefs der Region in seinen Palast, um „sich ein Bild zu
machen“, wie er sagte. Auf dem Treffen wurde die ursprünglich von
ugandischen Muslimen gegründete ADF erneut als islamistische Miliz
dargestellt, die Beziehungen zu Terrornetzwerken und sogar zum IS
(„Islamischer Staat“) unterhalte.
Beobachter tun die islamistische Schiene als Propaganda ab. Sie sagen, die
ADF bewege sich vielmehr im komplexen Umfeld der vielen lokalen Milizen.
Kristof Titeca, der seit Jahren zur ADF forscht, kommt in seiner jüngsten
Studie zum Schluss, die Bedrohung durch die ADF werde im Kongo und in
Uganda zur „politischen Manipulation“ herangezogen – ein Vorwand für
militärische Aktionen.
Dies wird jetzt besonders deutlich. Im Kongo spitzt sich die politische
Krise zu, seit Neuwahlen erneut auf Ende 2018 verschoben wurden. Manche
Oppositionelle haben jede Hoffnung auf freie Wahlen aufgegeben und
liebäugeln nun mit einer Allianz gegen Kabila unter Einschluss bewaffneter
Gruppen. Eine Militäroperation gegen „alle ausländischen und lokalen
bewaffneten Gruppen“, wie es Nord-Kivus Provinzgouverneur Julien Paluku
gesagt hat, könnte eine solche Koalition im Keim ersticken, bevor sie
Kabila gefährlich werden könnte.
Dafür gibt es von der UN-Mission logistische Unterstützung, Verpflegung und
Ausrüstung für Kongos Armee, wie Benzin für Fahrzeuge und Flugzeuge. Bis zu
5.000 zusätzliche Soldaten wurden um Beni zusammengezogen. „Die Bevölkerung
in Beni hat Angst und ist verunsichert“, berichten lokale Quellen der taz.
Mehr Soldaten bedeuten für Kongolesen oft nicht mehr Sicherheit. Kongos
Armee ist berüchtigt für sexuelle Übergriffe oder Raubzüge. Viele Menschen
in Beni beschuldigen die Armee sogar, mit der ADF Geschäfte zu machen, im
Gold- oder Holzhandel.
## Anderer Grund zur Mobilmachung: Ölvorkommen
Für Uganda gibt es noch einen anderen Grund zur regionalen Mobilmachung:
die Ölvorkommen entlang der Grenze zum Kongo. Seit Jahrzehnten träumt
Ugandas Präsident Museveni davon, dank des Öls im „Graben“, in dem sich d…
„Großen Seen“ der Region befinden, reich zu werden. Nach langen
Probebohrungen legten die Staatschefs von Uganda und Tansania im November
2017 bei der Stadt Hoima den Grundstein für eine fast 1.500 Kilometer lange
Pipeline zum Export ugandischen Öls über Tansania an den Indischen Ozean.
Vier Milliarden Dollar soll sie kosten – eine der teuersten Pipelines
weltweit.
„Wir haben uns darauf verständigt, dass nach der Fertigstellung der
Pipeline 2019 der Kongo daran angeschlossen werden soll“, versicherte
Ugandas Präsident Museveni vergangenes Jahr. Denn die Ölvorkommen
erstrecken sich beiderseits der gemeinsamen Grenze. Und die Pipeline
rentiert sich erst, wenn auch kongolesisches Öl durch sie fließt.
Dafür muss die Ölregion beiderseits der Grenze befriedet werden. Und
ausgerechnet hier sitzt die ADF. Das erschwert die Testbohrungen durch den
französischen Ölkonzern Total, der die Ölquellen auf ugandischer Seite
betreibt und im Kongo einen Ölblock hält – dessen Lizenz läuft Ende Januar
aus.
Experten vermuten demnach Frankreich hinter der kongolesisch-ugandischen
Kooperation gegen die ADF. Frankreichs Einfluss im Kongo wächst:
Französische Generäle haben eine Militärführungsakademie nach französischem
Modell im Kongo aufgebaut und bilden die Kommandanten aus. Eine
EU-Verurteilung der jüngsten Niederschlagung von Protesten gegen Kabila
wurde von Frankreich blockiert. Die Verhandlungen zwischen Kongos Regierung
und Total über die Verlängerung der Öllizenz laufen derweil auf Hochtouren.
Auch in Uganda gilt Total als einer der größten Investoren. Über 80
französische Firmen wollen sich in Uganda niederlassen, heißt es aus
Diplomatenkreisen. Französische Militärs haben jüngst die ugandischen
Gebirgsjäger trainiert. Alles Zufall?
18 Jan 2018
## AUTOREN
Simone Schlindwein
## TAGS
Uganda
Kongo
Yoweri Museveni
Schwerpunkt Frankreich
Schwerpunkt Armut
Uganda
Öl
Schwerpunkt Flucht
ADF
Uganda
Uganda
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