# taz.de -- Macht des Präsidenten von Uganda: „Museveni für immer“ wird w… | |
> Das Parlament hat entschieden, die Altersbeschränkung für Staatsämter | |
> aufzuheben. Präsident Museveni kann noch bis 2035 wiedergewählt werden. | |
Bild: Schon bei der ersten Abstimmung über das Gesetz flogen Stühle | |
KAMPALA taz | Vor dem kleinen Ramschladen in Ugandas Hauptstadt Kampala, wo | |
Christine Mirembe sonst etwas gelangweilt Eier, Streichhölzer und kalte | |
Softdrinks verkauft, sind Dutzende Männer, Frauen und Kinder vor dem | |
Fernseher versammelt. Mirembe hat Plastikstühle angeschleppt, Bier und | |
Waragi besorgt, den lokalen Schnaps. Seit drei Tagen sitzen in Uganda fast | |
alle Menschen wie gebannt vor den Fernsehern. In kleinen Läden, in den | |
Friseursaloons, in Kneipen und in den Büros – überall verfolgen sie die | |
Parlamentsdebatte, die auf allen Kanälen live übertragen wird. | |
Pünktlich zu Weihnachten wollen die Abgeordneten der Regierungspartei NRM | |
(Nationale Widerstandsbewegung) Präsident Yoweri Museveni ein Geschenk | |
überreichen: seinen Machterhalt. Der mittlerweile 73-Jährige regiert seit | |
knapp 32 Jahren, im Januar 1986 kam er mit seiner NRM als Guerillabewegung | |
an die Macht. Die Verfassung sieht für Staatsämter eine Altersbeschränkung | |
vor: 75 Jahre. Museveni hätte bei den nächsten Wahlen 2021 nicht mehr | |
antreten dürfen. | |
Das wollten loyale Abgeordnete der NRM ändern. In privater Initiative | |
brachten sie ein Gesetz ein, das die Altersbegrenzung aus der Verfassung | |
streichen sollte. Bereits bei der ersten Lesung im September, als das | |
Parlament abstimmen sollte, ob dieses Gesetz überhaupt auf den Tisch kommt, | |
kam es im Sitzungssaal zu Handgreiflichkeiten. Abgeordnete der Opposition | |
sprangen auf die Tische, Stühle flogen. Seitdem waren zahlreiche | |
Oppositionelle suspendiert. | |
Als an diesem Montag der Gesetzesentwurf in die zweite Lesung ging, waren | |
die Gemüter schon heiß gekocht. Kampfjets kreisten über der Hauptstadt, | |
rund um das Parlament zelteten Soldaten der Spezialeinheiten. An | |
Straßenkreuzungen wurden Wasserwerfer stationiert. Die Abgeordneten | |
kleideten sich in ihren Parteifarbent: NRM in Gelb, Oppositionelle in Rot. | |
Einige wurden gar nicht erst ins Parlament gelassen. | |
Ugandas Bevölkerung ist zu drei Vierteln unter 30 Jahre alt, hat in ihrem | |
Leben noch nie einen anderen Präsidenten erlebt als Museveni. Für sie geht | |
es um die eigene Zukunft – und um Krieg oder Frieden: Wird der | |
dienstälteste Herrscher Ostafrikas freiwillig gehen, oder bedarf es einer | |
Massenbewegung oder bewaffneten Rebellion? | |
## Auf der Straße herrscht Streit | |
Kein Zweifel: Das Gesetz spaltet die Ugander gewaltig. Als sich die | |
Volksvertreter live zanken und mit Fäusten aufeinander einschlagen, ist vor | |
Christine Mirmbes Fernseher das Gegröle so laut, dass die ganze | |
Nachbarschaft zusammenläuft und aufeinander losgeht. Sobald ein | |
Abgeordneter im Parlament ans Mikrofon tritt und laut „Ja“ oder „Nein“ | |
sagt, jubeln die Leute oder fangen an zu fluchen. | |
Gerüchte gehen um, Museveni habe ordentlich Schmiergeld verteilt, um das | |
Gesetz durchzubringen. Denn selbst in seiner eigenen Partei mehrte sich | |
Kritik. Viele mahnten vor einem Szenario wie in Simbabwe: Erst im November | |
wurde dort der 94-jährige Robert Mugabe von den eigenen Parteifreunden aus | |
dem Präsidentenamt gefegt. Das haben die Ugander gebannt verfolgt. | |
Mit 317 zu 97 Stimmen ging das Gesetz kurz vor Mitternacht durch. Mirembe | |
spendiert eine Runde Schnaps. Viele haben mit diesem Ausgang gerechnet. Die | |
eigentliche Weihnachtsüberraschung wird den Ugandern erst am nächsten Tag | |
bewusst: Neben der Altersbeschränkungen haben die Abgeordneten auch die | |
Amtszeit für Präsident und Parlament von fünf auf sieben Jahre verlängert. | |
Dafür die Obergrenze von zwei Amtszeiten für einen Staatschef wieder | |
eingeführt – aber erst ab 2021. Theoretisch kann Museveni also bis 2035 | |
wiedergewählt werden. Dann wäre er 91, also jünger als Mugabe bei seinem | |
Abgang. | |
„Museveni paka last“, singen die Betrunkenen vor Mirembes Laden – „Muse… | |
für immer!“ Das war ein Wahlspruch der NRM bei den vergangenen Wahlen. | |
Jetzt wird das Wirklichkeit. | |
21 Dec 2017 | |
## AUTOREN | |
Simone Schlindwein | |
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