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# taz.de -- Papstbesuch in Südamerika: Franziskus in schwerer Mission
> In Chile entschuldigt sich der Papst für den jahrelangen sexuellen
> Missbrauch durch Geistliche. Immer weniger Chilenen bezeichnen sich als
> katholisch.
Bild: Kann er seine Schäfchen wieder einsammeln? Oberhirte Franziskus
Buenos Aires taz | Es soll seine bisher schwierigste Reise werden, hieß es,
als Papst Franziskus am Montag zu seinem Besuch nach Chile und Peru
aufbrach. Dass der Gast aus Rom von Chiles sozialistischer
Staatspräsidentin geradezu euphorisch empfangen wurde, verwundert nicht.
Für Michelle Bachelet ist es der letzte große Auftritt, bevor sie im März
nach ihrer eher mittelmäßigen zweiten Amtszeit und mit schlechten
Sympathiewerten das Amt an ihren konservativen Nachfolger Sebastián Piñera
übergibt.
Franziskus’ Besuch fällt in eine politische Übergangszeit. So ist der Papst
an anderen Fronten gefordert. Chiles katholische Kirche verliert rasant an
Gläubigen. Während sich etwa in Kolumbien und Peru knapp über 70 Prozent
der Bevölkerung als katholisch bezeichnen, sind es in Chile nur noch 44
Prozent der Bevölkerung, brachte eine kürzlich veröffentlichte Studie des
renommierten chilenischen Instituts Latinobarómetro zu Tage. Eine
wesentliche Aufgabe des Oberhirten ist denn auch das Wiedereinfangen
verlorener Schäfchen. Die Bilder von jubelnden Menschen entlang der
Fahrstrecke des Papamobil sind höchst willkommen.
Seit der sexuelle Missbrauch von Minderjährigen durch katholische
Geistliche ins Licht der Öffentlichkeit gerückt ist, ist die katholische
Kirche in der Defensive. Daran hat auch der Papst einen erheblichen Anteil.
Vor drei Jahren ernannte er Juan Barros zum Bischof der südchilenischen
Diözese Osorno, rund 680 Kilometer südlich der Hauptstadt Santiago.
Barros wurde vorgeworfen, den sexuellen Missbrauch von Minderjährigen durch
den Gemeindepfarrer Fernando Karadima in einem Vorort von Santiago in den
80er- und 90er-Jahren verschleiert zu haben. Barros Bischofsweihe musste
unter Polizeischutz stattfinden. Seither sind über 80 Anzeigen wegen
sexuellen Missbrauchs gegen Kirchenleute erstattet worden, die zugleich die
jahrzehntelange Vertuschung und mutmaßliche Komplizenschaft katholischer
Kirchenoberer offenbaren.
In einer Rede am Dienstag bat der Papst um Vergebung für „den irreparablen
Schaden bei den Kindern“, den die Geistlichen angerichtet haben. Er
empfinde „Schmerz und Schande“.
## Komplize der Großgrundbesitzer
„Vergebung zu fordern, Schande zu empfinden, ohne konkret etwas zu tun, ist
wieder nur eine leere Phrase, für die dieser Papst ein Experte ist“, sagte
Juan Carlos Cruz, Opfer des Missbrauchs durch Karadima.
Schon vor der Ankunft des Papstes wurden in der Hauptstadt Santiago
Brandanschläge auf vier Kirchen verübt. An seinem ersten Besuchstag weitere
drei, bei denen in der südchilenischen Region La Araucanía mindestens zwei
Kapellen niederbrannten.
Dort will sich der Papst mit Vertretern der Mapuche treffen. Seit Jahren
wehrt sich ein Teil des Mapuche-Volkes mit militanten Mitteln gegen die
Ausbeutung und Zerstörung ihrer angestammten Gebiete. Die katholische
Kirche ist für sie ein Komplize der Großgrundbesitzer und der Auftritt des
Papstes eine Verhöhnung ihrer Forderungen nach Autonomie und Landrückgabe.
Am Dienstag sprach Franziskus in Santiago vor 400.000 Gläubigen, zwei
weitere Messen sollen folgen. Am Donnerstag reist er nach Peru weiter.
16 Jan 2018
## AUTOREN
Jürgen Vogt
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