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# taz.de -- Kolumne Pressschlag: Sportrecht und der Hitlergruß
> Rassistische Vorfälle in der Cottbuser Fankurve werden von einem
> Sportgericht im Berufungsverfahren nicht bestraft. Jetzt ist der DFB
> dran!
Bild: Platzsturm: Cottbusser Fans beim Gastspiel in Babelsberg
Kann man sich freuen, wenn aus formaljuristischen Gründen antisemitische
Parolen und Hitlergrüße ungestraft bleiben? Aus vollem Herzen kann man das,
wie Energie Cottbus am Freitag unter Beweis stellte. „FC Energie gewinnt
Berufungsverfahren“, verkündete der Regionalligist stolz in dicken Lettern
auf seiner Homepage.
Dass es sich eigentlich um ein schwebendes Verfahren handelt, weil der
Deutsche Fußball-Bund (DFB) umgehend ankündigte, seinen Kontrollausschuss
einzuschalten, um eine Revision vor dem DFB-Bundesgericht zu prüfen,
verschwieg man an dieser Stelle. Und dass es nur Verlierer geben kann,
sollte das Urteil nicht revidiert werden, das hat man bei Energie, wo man
zuallererst auf die klamme Vereinskasse schielt, nicht im Blick.
Im April 2017 war es bei der Partie zwischen Babelsberg und Cottbus zu den
rassistischen und antisemitschen Vorfällen gekommen. Das Sportgericht des
Nordostdeutschen Fußballverbands (NOFV) ahndete aber nur den Platzsturm der
Gästefans und belegte Energie Cottbus mit einer Geldstrafe. Erst in einem
zweiten Verfahren sanktionierte man die rassistischen Vorfälle. Die
Verspätung begründete das NOFV-Gericht damit, dass man beim ersten Urteil
keine Kenntnisse von den rechten Parolen und Hitlergrüßen hatte.
Eine höchst unglaubwürdige Erklärung. Öffentlich wurde über die sozialen
Netzwerke breit über die Vorfälle diskutiert und beide Vereine nahmen in
ihren öffentlichen Stellungnahmen Bezug auf die rechtsextremen
Vorkommnisse. Wie Energie-Präsident Michael Wahlich nun durchblicken ließ,
war dies auch die Argumentation des Vereins beim Berufungsverfahren vor dem
NOFV. Dem Gericht, sagte er, hätten schon im ersten Verfahren alle
Informationen vorgelegen. Das NOFV räumte nun das juristische Versagen ein
und stufte dies höher ein, als das Versagen der Cottbuser Fans in
Babelsberg.
## Recht auf Intervention
Die Satzung des DFB erlaubt es aber wiederum, im vermeintlichen
Versagensfall seiner Mitgliederverbände, wenn über diskriminierendes und
menschenverachtendes Verhalten geurteilt wird, einzugreifen. Im Grunde
hätte der DFB diese Intervention bereits nach dem ersten NOFV-Richterspruch
vornehmen müssen. Mit seinem aktuellen Eingriff hat der Verband aber seine
Lernfähigkeit unter Beweis gestellt. DFB-Vizepräsident Rainer Koch stellte
fest: „Rassismus und Diskriminierung haben im Fußball keinen Platz, und
deshalb wäre es ein fatales Signal, wenn Vorfälle dieser Art ungeahndet
bleiben würden.“
Für den Cottbuser Präsident Wahlich wäre es dagegen offenbar in erster
Linie fatal, wenn rechtsstaatliche Regeln nicht geschützt werden. Er gibt
sich selbstsicher, dass auch das DFB-Bundesgericht nur im Sinne seines
Vereins entscheiden kann.
Der DFB hat aber in weiser Voraussicht in seiner Rechtsordnung die
Möglichkeit der Intervention verankert. Es ist ein Instrument, um
gesellschaftliche Verantwortung wahrzunehmen. Werte wie Antirassismus
sollen nicht nur propagiert, sondern auch im Handeln der Verantwortlichen
wieder erkennbar sein. Und wenn dies wie im Fall der NOFV-Richter nicht
zutrifft, ist der DFB im Recht, einzugreifen. Dem hat auch Energie Cottbus
als dem DFB unterstellter Verein zugestimmt.
Das DFB-Bundesgericht steht vor einer weichenstellenden Entscheidung, wie
ernst es dem Verband mit dem Kampf gegen Homophobie, Rassismus und
Antisemitismus ist. Wenn ein paar betriebsblinde Sportrichter und
Winkeladvokaten ausreichen sollten, um diese Anstrengungen zu torpedieren
und sich der gesellschaftlichen Verantwortung zu entziehen, wäre dies das
denkbar schlechteste Signal nach außen. Johannes Kopp
12 Jan 2018
## AUTOREN
Johannes Kopp
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