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# taz.de -- Irans Ex-Justiz-Chef Schahrudi: Die Flucht des kranken Ajatollahs
> Hals über Kopf hat der sogenannte Todesrichter Mahmud Haschemi Schahrudi
> Deutschland verlassen. Exiliraner protestierten an Hamburgs Flughafen.
Bild: 2010 im Kreise seinesgleichen: der Richter (2.v.l.) neben Hasan Khomeini …
Hamburg taz | Auf einmal musste es für Mahmud Haschemi Schahrudi ganz
schnell gehen: Mit einem Konvoi schwarzer Limousinen fuhr der ehemalige
Justiz-Chef der Islamischen Republik Iran am Donnerstag am Hamburger
Flughafen vor. Der mutmaßliche Grund seiner überstürzten Rückreise nach
Teheran: drohende Ermittlungen der Bundesanwaltschaft.
Etwa 50 ExiliranerInnen demonstrierten am Terminal 1 des Hamburger
Flughafens gegen den sogenannten Todesrichter. Sie werfen ihm schwere
Menschenrechtsverletzungen vor, wie Todesurteile gegen Minderjährige und
Homosexuelle.
Seit Ende Dezember hatte sich Schahrudi in einer Privatklinik in Hannover
behandeln lassen, wohl wegen eines Hirntumors. Der 69-Jährige gilt als
enger Vertrauter des „Religionsführers“ Ali Chamenei und war von 1999 bis
2009 Leiter der iranischen Justiz. Amnesty International dokumentierte
schwere Menschenrechtsverletzungen in seiner Amtszeit. „Dazu zählen die
Hinrichtung von Minderjährigen, Steinigungen oder Körperstrafen wie
Amputationen, die völkerrechtlichen Normen eindeutig widersprechen“,
erklärte deren Nahost-Experte René Wildangel.
Wenzel Michalski, Direktor von Human Rights Watch Deutschland, sagte: „Es
gibt den Verdacht, dass er als oberster Justizbeamter des iranischen
Staates für die Hinrichtung von Jugendlichen verantwortlich war.“ Der Fall
des iranisch-kurdischen Makwan Moloudzadeh etwa fiel in die Amtszeit
Schahrudis. Der zum Tatzeitpunkt 13-Jährige wurde am 4. Dezember 2007
hingerichtet, weil er ein Verhältnis mit einem gleichaltrigen Jungen gehabt
haben soll. Schahrudi hatte das Urteil nicht aufschieben wollen.
## Anzeige wegen Verbrechen gegen die Menschlichkeit
Ein weiterer bekannt gewordener Fall ist der der Schülerin Atefah Sahaaleh.
Sie hatte „gestanden“, Opfer einer Vergewaltigung gewesen zu sein – und
wurde anschließend wegen unehelichen Geschlechtsverkehrs zum Tode
verurteilt.
Der Exiliraner Hady Talakoub, der am Donnerstag am Flughafen demonstrierte,
ärgert sich, dass Schahrudi Deutschland unbehelligt verlassen konnte. Er
sei außer Sichtweite der Demonstranten und nicht über den üblichen Weg
übers Terminal ins Flugzeug gebracht worden.
Dass die Ausreise Schahrudis von den deutschen Behörden nicht verhindert
worden ist, sei „beschämend“, sagte der grüne Ex-Bundestagsabgeordnete
Volker Beck. Er hatte Schahrudi wegen Verbrechen gegen die Menschlichkeit
angezeigt. „Menschenrechtsverbrechen dürfen einfach nicht straflos
ausgehen“, so Beck. Da dürfe es auch keine falschen diplomatischen
Rücksichtnahmen geben.
Das Auswärtige Amt hatte erklärt, Schahrudi sei mit einem von der deutschen
Botschaft Teheran ausgestellten Visum eingereist. Die Bundesanwaltschaft
erklärte, für einen Haftbefehl gegen Schahrudi hätten am Donnerstag die
Erkenntnisse noch nicht ausgereicht.
11 Jan 2018
## AUTOREN
Jean-Philipp Baeck
## TAGS
Schwerpunkt Iran
Hamburg
Schwerpunkt Volker Beck
Justiz
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Ajatollah Ali Chamenei
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