Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Pläne der iranischen Regierung: Steinigung soll abgeschafft werden
> Die iranische Regierung will Steinigungen endgültig aus dem Strafregister
> streichen. Auch soll Dieben künftig nicht mehr die Hand abgehackt werden.
Bild: 2010 im Kreise seinesgleichen: der Richter (2.v.l.) neben Hasan Khomeini …
BERLIN taz Urteile zur Steinigung sollen im Iran nicht mehr vollstreckt und
die Steinigung künftig ganz aus dem Strafregister gestrichen werden. Das
gab Irans Justizsprecher Alireza Dschamschidi in einer Pressekonferenz in
Teheran bekannt. Auch die Strafe, verurteilten Dieben eine Hand abzuhacken,
soll abgeschafft werden. Über eine entsprechende Gesetzesvorlage werde das
Parlament demnächst entscheiden.
Sollte das Parlament der Vorlage zustimmen, bedarf es noch einer Zustimmung
des Wächterrats, eines zwölfköpfigen Gremiums, in dem sechs Geistliche und
sechs Justizsachverständige sitzen. Es wird angenommen, dass sowohl der
Wächterrat, der als verlängerter Arm des Revolutionsführers Ali Chamenei
gilt, wie auch das Parlament die Vorlage absegnen werden. Chamenei hatte
letzte Woche vier zur Steinigung Verurteilte begnadigt. Die Strafen wurden
bei zwei Häftlingen in zehn Jahren Gefängnis verwandelt. Die anderen zwei
sollen mit Peitschenschlägen bestraft werden.
Steinigungen gehören seit der Gründung der Islamischen Republik Iran zum
Strafregister des Gottesstaates. Sie werden vorwiegend bei Frauen wegen
Ehebruch oder Prostitution, aber auch bei Männern wegen Vergewaltigung
angewandt. Frauen werden dabei bis zu Brust, Männer bis zur Hüfte in den
Boden eingegraben und dann mit Steinen beworfen, die groß genug sein
sollen, um Schmerzen auszulösen, aber klein genug, um nicht sofort zu
töten.
Steinigungen werden in einigen islamischen Ländern praktiziert, doch der
Koran schreibt diese Strafe nicht vor. Im Gegenteil, an sechs Stellen, in
denen der Begriff vorkommt, wird er immer nur im Zusammenhang mit Untaten
von Feinden und Ungläubigen erwähnt.
In der Islamischen Republik Iran wurden Steinigungen im Laufe der Jahre
immer seltener, aber noch häufig genug, um Proteste aus dem In- und Ausland
herauszufordern. Selbst nachdem Justizchef Mahmud Haschemi Schahrudi 2002
in einem internen Schreiben alle Gerichte des Landes angewiesen hatte,
niemanden mehr mit Steinigung zu bestrafen und bestehende Urteile nicht zu
vollstrecken, verhängten einige geistliche Richter das Urteil. Die bislang
letzte offiziell bekannte Steinigung fand im Juli 2007 in der Umgebung der
Stadt Ghazwin, 150 Kilometer von Teheran statt.
Schon damals hatten sich Menschenrechtsaktivisten an den Justizchef gewandt
und ihn aufgefordert, dafür zu sorgen, dass seine Anweisung von den
Richtern befolgt und die Steinigung aus dem Strafregister verbannt werde.
Auch internationale Menschenrechtsorganisationen hatten den Verzicht auf
Steinigungen im Iran gefordert. Zuletzt hatte das Europäische Parlament die
iranische Justiz aufgefordert, die anstehenden Urteile nicht zu
vollstrecken und Steinigung endgültig abzuschaffen.
Zurzeit befinden sich nach offiziellen Angaben elf Menschen in den
Gefängnissen, die zur Steinigung verurteilt worden sind. Es ist
unwahrscheinlich, dass die Urteile noch vollstreckt werden.
8 Aug 2008
## AUTOREN
Bahman Nirumand
Bahman Nirumand
## TAGS
Schwerpunkt Iran
## ARTIKEL ZUM THEMA
Irans Ex-Justiz-Chef Schahrudi: Die Flucht des kranken Ajatollahs
Hals über Kopf hat der sogenannte Todesrichter Mahmud Haschemi Schahrudi
Deutschland verlassen. Exiliraner protestierten an Hamburgs Flughafen.
Kommentar Iran will Steinigung abschaffen: Ein Gottesstaat kommt zur Vernunft
Die Abschaffung von Steinigung und Handabhacken ist das Verdienst der
Zivilgesellschaft. Statt den Atomkonflikt anzuheizen sollte diese vom
Ausland mehr gestützt werden.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.