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# taz.de -- Kommentar Personalpolitik der Grünen: Absage an Realo-Durchmarsch
> Sollten sich die Grünen nicht endlich zu ihrer inneren
> Baden-Württembergisierung bekennen und die linken Ideen über Bord werfen?
> Lieber nicht.
Bild: Ein Realo kommt selten allein: Annalena Baerbock und Cem Özdemir am Brau…
Parteiflügel, vor allem linke, haben selten eine gute Presse. Sie gelten
als Hort verstockter Traditionalisten, als Bremsklötze am Rad des
Fortschritts, als bürokratische Hemmschuhe, die dem Aufstieg energischer
Politprofis im Weg stehen.
Die Grünen schienen, gerade nach dem Schulterschluss mit der Union in den
Jamaika-Verhandlungen, auf dem Weg zu einer Partei ohne Flügel zu sein –
jedenfalls ohne linken. Mit Robert Habeck und der Reala Annalena Baerbock
an der Parteispitze und dem populären Realo Cem Özdemir als Fraktionschef
hätten die Grünen das bisherige innere Machtgefüge abgeschafft. Das wäre
das Ende des ohnehin ziemlich blassen linken Grünen-Flügels gewesen. Der
hat sich bis heute nicht von 2013 erholt, als Trittins Steuererhöhungspläne
forsch für das bescheidene Wahlergebnis verantwortlich gemacht wurden.
Wäre also die [1][Besetzung der Führungsetage] mit den vitalen Realos
Habeck, Özdemir, Baerbock nicht effektiver als die nervige Doppelquotierung
nach Geschlecht und Flügel? Wäre sie nicht ehrlicher, weil die Grünen
längst eine Partei der besser verdienenden Mitte sind? Sollten sich die
Ex-Alternativen nicht endlich zu ihrer inneren Baden-Württembergisierung
bekennen und alten Plunder über Bord werfen? Lieber nicht.
Es ist gut, dass der finale Sieg der Realos ausfällt, Toni Hofreiter
Fraktionschef bleibt und die moderate Linke Anja Piel Chancen auf den
Parteivorsitz hat. Denn Flügel sind nicht nur ein Hemmnis. Sie sind ein
brauchbares Instrument, um Parteien nach innen zu strukturieren und die
üblichen Rangeleien um Posten einzuhegen. Ohne Flügel werden die
Machtkämpfe schnell uferlos. Realos und linke Grüne unterscheiden sich
inhaltlich und habituell nicht mehr so wie vor 20 Jahren.
Aber es gibt noch Differenzen: Der Kretschmann-Flügel hat für Umverteilung
so wenig übrig wie die Union. Der linke Flügel unternimmt immerhin noch den
Versuch, Ökologie und Gerechtigkeit zu verbinden. Ohne diese Verknüpfung
fehlt der Ökopartei Entscheidendes – für die Zukunft, nicht aus Gründen der
Vergangenheitsfolklore.
Die Wahl 2017, deren bescheidenes Ergebnis Özdemir erstaunlicherweise nicht
angekreidet wurde, hat gezeigt, dass die Ökopartei den Draht zu einem
Milieu verloren hat, das jung, städtisch, idealistisch ist. Vor ein paar
Jahren war das noch grüne Nachwuchsreserve. Wer die Welt verbessern will,
geht heute lieber zur Linkspartei als zu den Anzugträger-Grünen. Die Absage
des Realodurchmarschs bietet den Grünen zumindest die Chance, das
irgendwann wieder zu ändern.
8 Jan 2018
## LINKS
[1] /Linker-Fluegel-gegen-Realos/!5472589
## AUTOREN
Stefan Reinecke
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Grüne
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Annalena Baerbock
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Winfried Kretschmann
Wahlrecht
Annalena Baerbock
Anton Hofreiter
Bundesinstitut für Risikobewertung BfR
Elke Twesten
Realos
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