# taz.de -- Die Wahrheit: Das Jahr des Bambusbechers | |
> Nieder mit dem Einweggetränkebehälter aus Pappe! Nur wie soll das gehen, | |
> wenn die Kaffeeabfüller draußen im Land nicht recht mitspielen wollen? | |
Bild: Was wurde eigentlich aus der guten alten Kaffeetasse? | |
Wie alle anderen Leute will ich Anfang des Jahres ein guter Mensch sein, | |
später ist es dann egal. Am besten läuft es für mich, wenn ich mir | |
unbedingt etwas Neues leisten muss, um besser dazustehen als vorher. Eine | |
Win-win-Situation für die Welt und mich. Das vergangene Jahr war laut | |
chinesischem Kalender das Jahr des Bambusbechers, also kaufte ich endlich | |
einen zum Mitführen für den Kaffee unterwegs. | |
Als ich mein 13,90 Euro teures Gefäß mit rosa Silikondeckel in einer | |
Bäckerei in Braunschweig über den Tresen reichte, lächelte man | |
verständnisvoll, füllte den Becher und berechnete zehn Cent weniger. Ich | |
war begeistert! Nur noch 138 weitere Kaffees, und die Investition in eine | |
bessere Welt hätte sich auch finanziell rentiert. | |
Vor Entzücken trank ich das brühheiße Zeug so schnell, dass bei meinem | |
nachfolgenden Termin im Landesmuseum kleine braune Wölkchen aus meinen | |
Ohren dampften. Ehe man mich dabehalten und ausstellen konnte, war ich aber | |
– turbokoffeiniert – schon wieder weggezischt. Urban Lifestyle! Geld | |
ausgeben und dabei Spaß haben! Das kennt man auf dem Land ja gar nicht! | |
Kurz darauf kollabierte mein Becher leider wegen Eile und Ungeschick seiner | |
Besitzerin im Bahnhofskiosk unserer Kreisstadt. So lernt man neue Menschen | |
kennen. Nachdem wir gemeinsam aufgewischt hatten, spendierte der | |
Kioskbesitzer mir einen frischen Kaffee und ich ihm ein Trinkgeld in Höhe | |
des Kaffeepreises. Wir waren ja beide gute Menschen! Mit Ökobecher! | |
Bei der Bäckerei im Nachbardorf hatte ich weniger Glück mit meinem | |
Koffein-Gadget. „Das habe ich jetzt schon eingebongt“, sagte die | |
Verkäuferin patzig, „das muss ich dann ja wieder neu machen, weil es | |
billiger wird.“ Mein gewinnendes „Ich habe zehn Cent gewonnen“-Lächeln | |
verging mir allerdings Sekunden später, als sie einen bösen Pappbecher in | |
den Kaffeeautomaten schob. „Nein, nein“, stammelte ich, und schob mein | |
Bambusgewissen über den Tresen. „Nein, nein“, antwortete sie, „das darf … | |
aus hygienischen Gründen nicht. Ich gieße den Kaffee erst in den Pappbecher | |
und dann können Sie ihn in Ihren Becher umfüllen.“ | |
„Jetzt will ich keinen Kaffee mehr“, jammerte ich mit der Verzweiflung des | |
vorausgefühlten Koffeindefizits. Leute mit Ökokaffeebechern halten sich | |
übrigens gern für ultimative Weltverbesserer, die anderen mal so richtig | |
die Meinung sagen dürfen. Es gibt mehrere wissenschaftliche Studien dazu. | |
Warum forscht ihr nicht mal über was Vernünftiges, ihr Schwachmaten? Oder | |
kauft euch Ökokaffeebecher? | |
Die Bäckereifachverkäuferin presste die Lippen zusammen, bongte meinen | |
Einkauf neu und warf den unbenutzten Pappkaffeebecher in den Müll, weil sie | |
ihn angefasst hatte. Eine klassische Lose-lose-Situation. Ob ich die so | |
gesparten 1,80 Euro von meinen Investitionskosten abziehen kann, muss ich | |
demnächst mal einen Betriebswirtschaftler fragen. | |
10 Jan 2018 | |
## AUTOREN | |
Susanne Fischer | |
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