# taz.de -- Abfallentsorgung in der EU: Endlich weniger Müllkippen | |
> Nach unzähligen Verhandlungsrunden einigt sich die Europäische Union auf | |
> neue Regeln im Umgang mit Abfall. | |
Bild: Müllkippen sollen ab dem Jahr 2035 ausgedient haben | |
BERLIN taz | Von „schöne Bescherung“ bis „besser als nichts“ lauten die | |
Urteile über die neue europäische Abfallgesetzgebung. Kurz vor Ende seiner | |
Ratspräsidentschaft hatte es Estland am Montag geschafft, die Verhandlungen | |
zu einem riesigen Gesetzespaket abzuschließen, mit dem die EU in eine | |
„Kreislaufwirtschaft“ eintreten will. | |
Es gibt vor, wie viele Tüten und Dosen die Mitgliedsländer recyceln müssen | |
und welchen Abfall sie noch auf Mülldeponien entsorgen dürfen. Ab dem Jahr | |
2035 sollen 65 Prozent aller Siedlungsabfälle recycelt werden sowie 70 | |
Prozent aller Verpackungen im Jahr 2030. Müllkippen sollen ab 2035 | |
ausgedient haben, nur noch zehn Prozent des Abfalls dürfen dort dann noch | |
landen. | |
“Das ist zwar nicht das Ergebnis, das wir uns erhofft haben, aber es ist | |
ein Fortschritt gegenüber der geltenden Gesetzgebung“, urteilt Piotr | |
Barczak, Abfallexperte beim Europäischen Umweltbüro, der Dachorganisation | |
von rund 140 europäischen Umweltverbänden. „Die EU-Staaten und die | |
EU-Institutionen müssen das jetzt nutzen, um eine Kreislaufwirtschaft | |
aufzubauen“, so Barczak. | |
Als Bremser in dem mehrmonatigen Verhandlungsmarathon für neue Abfallregeln | |
sieht Barczak die Mitgliedstaaten. Sie hätten wenig Engagement für die | |
wichtige Müllvermeidung gezeigt und, anders als Kommission und Parlament, | |
stets niedrigere Recyclingquoten gefordert. So hat der Rat Übergangszeiten | |
erhandelt, zum Beispiel von fünf Jahren, bis alle das Zehn-Prozent-Ziel für | |
die Müllkippen erreichen müssen. Außerdem dürfen sie eine Zeitlang von den | |
festgelegten Quoten im Verpackungsbereich abweichen. | |
## Auch deutsche Entsorger kritisieren das Paket | |
Diese Übergangsfristen sieht die Deutsche Gesellschaft für Abfallwirtschaft | |
sehr kritisch: „Schöne Bescherung“, überschreibt sie ihre Stellungnahme z… | |
Gesetzespaket. Die Übergangsfristen würden für zu viele Mitgliedsländer | |
gelten. Eine „nachhaltige Kreislaufwirtschaft“ zeichne sich dadurch aus, | |
die Deponierung so weit und so bald wie möglich zu beschränken und das | |
Recycling sowie die energetische Verwertung zu fördern, so die | |
Abfallwirtschaft-Gesellschaft. Dieser Ansatz werde gründlich verfehlt. | |
Außerdem bemängelt sie die beschlossenen Recyclingquoten ohne Anforderungen | |
an die Qualität der Wiederverwertung; diese seien wenig aussagekräftig. | |
Auch die deutsche Entsorgungswirtschaft kritisiert das Paket: Mit den | |
Übergangsfristen würde das Ziel, künftig mehr zu recyceln, zu einem Gutteil | |
wieder aufgegeben, wertet der Bundesverband der Deutschen Entsorgungs-, | |
Wasser- und Rohstoffwirtschaft. Der Industrieverband „bedauert | |
nachdrücklich, dass sich hier der Rat gegenüber Parlament und Kommission | |
durchgesetzt hat“. | |
Die geschäftsführende deutsche Umweltministerin Barbara Hendricks (SPD) | |
sagte nach der Einigung: „Wir müssen wesentlich mehr Rohstoffe im Kreislauf | |
halten.“ Nötig seien Abfallvermeidung, langlebigere Produkte und neue | |
hochwertige Recyclingverfahren. Monatelang hatten Europäischer Rat, | |
Parlament und Kommission über das Gesetzeswerk verhandelt. Neu geregelt | |
sind jetzt die Abfallrahmenrichtlinie, die Verpackungs- und die | |
Deponierichtlinie. Die Richtlinien für Elektroschrott, Altautos sowie | |
Batterien- und Akkus wurden angepasst. Die Einigung muss nun von den | |
Europäischen Umweltministern und dem Europäischen Parlament bestätigt | |
werden. | |
20 Dec 2017 | |
## AUTOREN | |
Heike Holdinghausen | |
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