# taz.de -- Syrien-Verhandlungen in Genf: Sie reden nicht miteinander | |
> Auch die achte Runde der Genfer Syrien-Gespräche geht ohne Ergebnis | |
> auseinander. Der UN-Vermittler macht die Assad-Regeirung dafür | |
> verantwortlich. | |
Bild: Keine Chance: UN-Vermittler Staffan de Mistura (ganz links) am Verhandlun… | |
Genf taz | Auch die achte Runde der Genfer Syrienverhandlungen ist am | |
Donnerstagabend ergebnislos zu Ende gegangen. UNO-Vermittler Staffan de | |
Mistura machte auf einer Pressekonferenz die Delegation der Regierung von | |
Syriens Präsident Bashar al-Assad für das Scheitern verantwortlich. | |
Wie auch in allen vorangegangen sieben Verhandlungsrunden seit Januar 2016 | |
habe sich die Regierung geweigert, über die vom UNO-Sicherheitsrat | |
vorgegebenen Themen „Übergangsregierung, neue Verfassung und Neuwahlen“ zu | |
sprechen. Stattdessen habe sie „nur Interesse an dem Thema „Bekämpfung des | |
Terrorismus“ in Syrien gezeigt“ und sei „nicht bereit gewesen, über | |
irgendein anderes Thema zu sprechen“, betonte de Mistura. | |
Dagegen sei die syrische Opposition „bei allen Themen sehr engagiert | |
gewesen“. Der UNO-Vermittler zeigte sich zudem „sehr enttäuscht“, dass d… | |
Regierungsdelegation auch weiterhin „jeden direkten Kontakt mit der | |
Oppositionsdelegation verweigert“ habe. Die Regierungsdelegation sei | |
„überhaupt nicht willig, irgendjemanden zu treffen, der eine andere Meinung | |
hat“, erklärte der UNO-Vermittler. Daher habe es erneut „nur getrennte | |
bilaterale Gespräche“ zwischem ihm und den beiden Delegationen gegeben. | |
Der Leiter der Regierungsdelegation, Syriens UNO-Botschafter Baschar | |
Al-Dschaafari, machte hingegen die Oppositionsdelegation für das Scheitern | |
verantwortlich , weil sie „als Vorbedingung für Verhandlungen“ den | |
Rücktritt Assads gefordert habe. | |
## Streitpunkt Vorbedingungen | |
Dieser Darstellung widersprach der UNO-Vermittler ausdrücklich, und | |
erklärte, Al-Dschaafari habe seinerseits im Gespräch mit ihm „unakzeptable | |
Vorbedingungen gemacht“. Von der Opposition seien „keine Vorbedingungen für | |
Verhandlungen gekommen,“ sondern sie habe lediglich „politische Forderungen | |
auf den Verhandlungstisch gelegt“. | |
Vor Beginn dieser achten Verhandlungsrunde hatte das Oppositionsbündnis, | |
dem zahlreiche säkularen wie islamische politische Gruppierungen und | |
Rebellenmilizen angehören, gefordert, dass Assad einer noch zu | |
vereinbarenden Übergangsregierung nicht mehr angehören dürfe. | |
Diese Forderung ist im Rahmen des vom UNO-Sicherheitsrat vorgegebenen | |
Verhandlungsrahmens völlig legitim- ganz unabhängig davon, ob es aus | |
manchen Gründen viel klüger wäre, das syrische Volk in freien, von der UNO | |
durchgeführten Wahlen über das künftige politische Schicksal Assads | |
entscheiden zu lassen. | |
In seiner einstimmig verabschiedeten Resolution 2254 hatte der | |
Sicherheitsrat im Dezember 2015 den Fahrplan für die Genfer Verhandlungen | |
beschlossen mit den vier Etappenzielen Waffenstillstand, Bildung einer | |
Übergangsregierung, Ausarbeitung einer neuen Verfassung sowie | |
Parlaments-und Präsidentschaftswahlen. | |
## Assads Regierung wirft dem UN-Vermittler Parteilichkeit vor | |
Über die Mitglieder einer künftigen Übergangsregierung müsse „im | |
gegenseitigen Einvernehmen“ entschieden werden, heißt es in der Resolution. | |
Auf diese Formulierung hatten sich die Außenminister der fünf Vetomächte | |
des Sicherheitsrates (USA, Russland, China, Frankreich und Großbritannien) | |
bereits in ihrem „Genfer Kommuniqué“ vom 30. Juni 2012 geeinigt. | |
Gemäß dieser Formulierung kann sowohl die Opposition eine Beteiligung | |
Assads an einer Übergangsregierung ablehnen, wie umgekehrt die Regierung | |
eine Teilnahme von ihr nicht genehmen Personen aus dem Spektrum der | |
Oppositionsgruppen und Rebellenmilizen. | |
Alle seit Sommer 2012 verabschiedeten Resolutionen und Erklärungen des | |
Sicherheitsrates und anderer Institutionen der UNO zum Syrienkonflikt | |
nehmen ausdrücklich Bezug auf das Genfer Kommunique. | |
Der syrische Delegationsleiter warf de Mistura zudem vor, er habe sich | |
„parteiisch verhalten“ und seine „Position als Vermittler untergraben“, | |
weil er in einem Interview mit dem Schweizer Fernsehen „Neuwahlen in Syrien | |
gefordert“ habe. Diese Behauptung Al-Dschaafaris ist falsch. In dem | |
Interview am Dienstag dieser Woche hatte der UNO-Vermittler lediglich an | |
die öffentliche Erklärung des russischen Präsidenten Wladimir Putin nach | |
seinem Treffen mit Assad am 20. November in Sotschi erinnert. Putin hatte | |
erklärt, Assad sei jetzt „zu Kompromissen bereit“ und habe „der | |
Ausarbeitung einer neuen Verfassung und der Durchführung von Wahlen | |
zugestimmt“. | |
## Wird es eine neunte Runde geben? | |
Im Vorfeld dieser Erklärung Putins hatte de Mistura den Regierungen in | |
Moskau und Damaskus signalisiert, er wolle nur diese beiden Themen auf die | |
Tagesordnung der achten Verhandlungsrunde setzen und das bei der Regierung | |
Assad besonders unbeliebte Thema Übergangsregierung zunächst zurückstellen. | |
Diese Entscheidung de Misturas erregte wiederum bei einigen Mitgliedern der | |
Oppositionsdelegation den Verdacht der Parteilichkeit des UNO-Vermittlers | |
zu Gunsten der syrischen Regierung. | |
Dieser Verdacht war schon einmal aufgekommen, als de Mistura bei der | |
vierten Genfer Verhandlungsrunde im Februar dieses Jahres zusätzlich zu den | |
drei vom Sicherheitsrat vorgegebenen Verhandlungspunkten auch die | |
„Bekämpfung des Terrorismus“ zu einem Verhandlungsthema machte. Das hatte | |
die Regierungsdelegation damals zur Bedingung gemacht für ihre weitere | |
Teilnahme an den Verhandlungen. | |
Bevor er die beiden Delegationen eventuell zu einer neunten | |
Verhandlungsrunde nach Genf einlädt, will de Mistura zunächst den | |
UNO-Sicherheitsrat und Generalsekretär Antonio Guterres konsultieren. | |
15 Dec 2017 | |
## AUTOREN | |
Andreas Zumach | |
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