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# taz.de -- Menschenrechtsanwalt über VW: „Vorsätzliche Beihilfe zur Folter…
> Menschenrechtsanwalt Wolfgang Kaleck über die gerade vorgestellte Studie
> zur Zusammenarbeit von VW mit der Militärregierung in Brasilien.
Bild: VW sollte jetzt Entschädigungen anbieten: Menschenrechtsanwalt Wolfgang …
taz: Herr Kaleck, der Bielefelder Historiker Christoph Kopper hat gerade
[1][eine Studie vorgelegt], in der die Verwicklung des VW-Konzerns mit der
Militärdiktatur in Brasilien festgestellt wird. Die Studie ist im Auftrag
von VW erstellt worden. Wie ist sie zu bewerten?
Wolfgang Kaleck: VW hat sich veranlasst gesehen, sich mit seiner sehr
unrühmlichen Rolle damals zu beschäftigen. Das ist zu begrüßen. Und die
Studie begründet die Entschädigungsforderungen der Arbeiter und ihrer
Unterstützer. In den Schlussfolgerungen heißt es, dass sich das
VW-Management gegenüber der Militärregierung uneingeschränkt loyal
verhalten und deren wirtschafts- und innenpolitischen Ziele geteilt hat.
Das allein würde aber noch kein Verfahren gegen VW begründen, oder?
In der wichtigsten Passage der Studie heißt es, dass der Werkschutz die
oppositionellen Aktivitäten der Beschäftigten überwacht hätte und durch
sein Verhalten die Verhaftung von mindestens sieben Mitarbeitern und
Mitarbeiterinnen erleichtert hätte. Dies sei zu einem Zeitpunkt geschehen,
als der Einsatz von Folter durch die politische Polizei bereits bekannt
war. Auf Juristendeutsch ist das Beihilfe zur Folter, und zwar vorsätzlich.
Das wiegt schon sehr schwer.
Was muss jetzt passieren?
Jetzt geht es um die Frage: Wie viel wusste das Management, welche
Verantwortung hatte die Führung? Aber daran, dass es ein Fehlverhalten gab,
und zwar nicht nur irgendeins, sondern Beihilfe zu einer Völkerstraftat
durch VW-Angehörige, und dass das auch der Politik von VW entsprach, das
ist jetzt klar.
Was sollte der Konzern tun?
VW wäre gut beraten, wenn sie jetzt proaktiv Entschädigungen anbieten
würden, und zwar sowohl individuelle als auch eine Form von kollektiver
Entschädigung. Die Arbeiter sprechen ja davon, eine Erinnerungsstätte
aufbauen zu wollen. Es wäre gut, wenn VW das jetzt selbst in die Hand
nimmt, bevor die Staatsanwaltschaft Sao Paulo zu ihren Ergebnissen kommt
und möglicherweise ein Verfahren einleitet, und bevor wir hier in
Deutschland uns entschieden haben, eine Zivilklage einzureichen. Wir hätten
es doch alle lieber, wenn VW von sich aus zahlt, statt dass wir in lange
juristische Verfahren gehen müssen.
Das alles erinnert an [2][die Studie], die Mercedes-Benz seinerzeit in
Bezug auf die „verschwundenen“ Gewerkschafter von Mercedes-Benz während der
Militärdiktatur in Argentinien vom Völkerrechtler Christian Tomuschat
erstellen ließ. Die allerdings wusch den Konzern praktisch rein. Woran
liegt es, dass das Vorgehen von VW jetzt so anders ist?
Der eine ist ein Historiker, das andere ein Jurist. Der unabhängige
Historiker hat sich offenbar viel intensiver mit den Aussagen und
Dokumenten der Betroffenenseite auseinandergesetzt. Der größte Vorwurf an
Professor Tomuschat damals war ja, dass das Gutachten ausgesprochen
einseitig war, weil er an insgesamt 30 Arbeitstagen, die er damit
beschäftigt war, sich lediglich an einem halben Tag mit der Gruppe der
betroffenen Arbeiter getroffen hat, und das noch nicht einmal in
Einzelgesprächen. Das war viel zu wenig, führte zu erheblichen qualitativen
Mängeln des Gutachtens und produzierte dann die entsprechenden Ergebnisse.
Das sieht hier schon anders aus.
Also gar nicht vergleichbar?
Doch natürlich: In beiden Fällen geht es um Konzerne, die sich im
Profitinteresse nicht zu schade waren, mit zweien der blutigsten
Militärdiktaturen der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts
zusammenzuarbeiten.
15 Dec 2017
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## AUTOREN
Bernd Pickert
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