# taz.de -- Militärdiktatur in Argentinien: Haftstrafe für frühere Ford-Mita… | |
> Leitende Mitarbeiter des Autokonzerns müssen in Haft. Sie sollen während | |
> der Diktatur an der Verschleppung kritischer Arbeiter beteiligt gewesen | |
> sein. | |
Bild: Zu zwölf Jahren Haft verurteilt: ehemaliger Héctor Sibilla, Mitarbeiter… | |
In Argentinien sind am Dienstag erstmals leitende Mitarbeiter eines | |
internationalen Unternehmens wegen Menschenrechtsverbrechen während der | |
Militärdiktatur verurteilt worden. Das Bundesgericht in San Martín in der | |
Provinz Buenos Aires sah es als erwiesen an, dass der ehemalige | |
Produktionschef des US-Autokonzerns Ford, Pedro Müller, und der frühere | |
Sicherheitschef des Unternehmens, Héctor Sibilla, an der illegalen | |
Festnahme, Verschleppung und Folter von 24 Gewerkschaftern und | |
Betriebsräten im Ford-Werk vor den Toren von Buenos Aires mitschuldig sind. | |
Müller wurde zu 10, Sibilla zu zwölf Jahren Haft verurteilt. Der | |
mitangeklagte frühere General Santiago Riveros wurde zu 15 Jahren Haft | |
verurteilt. | |
Im März 1976 hatte das argentinische Militär geputscht und bis 1983 eine | |
blutige Diktatur errichtet. Nach einem offiziellen Bericht wurden über | |
10.000 Menschen entführt und ermordet. Viele sind bis heute spurlos | |
verschwunden. Menschenrechtsorganisationen sprechen von 30.000 Opfern. Im | |
März 2016 war erstmals ein Unternehmer wegen Verbrechen gegen die | |
Menschlichkeit während dieser Zeit verurteilt worden. Vertreter von | |
Menschenrechtsgruppen sprachen damals von einem wichtigen Schritt bei der | |
juristischen Aufarbeitung der Verantwortung des zivilen Bereichs der | |
Gesellschaft, der nicht direkt, sondern als Komplize beteiligt war. | |
„Es war eine langer Kampf“, sagte der ehemalige Ford-Arbeiter Pedro | |
Troiani. „Ich war 35, als sie mich entführten, heute bin ich 77. Aber wir | |
werden nicht nachlassen.“ 12 der 24 Entführten waren vor Prozessbeginn im | |
Dezember 2017 verstorben. „Jetzt ist rechtlich anerkannt, dass Ford ein | |
Komplize der Militärdiktatur war“, sagte Opferanwalt Tomás Ojea und | |
kündigte Klage gegen das Unternehmen an. „Dieser Prozess wurde gegen | |
Einzelpersonen geführt“, so Ojea. Jetzt müsse das Unternehmen Ford zur | |
Verantwortung gezogen werden. „Wir erwarten, dass nach diesem Urteil auch | |
alle anderen ähnlichen Prozesse ihren Lauf nehmen“, so der Anwalt. | |
Das Urteil könnte Auswirkungen auf [1][eine Klage gegen Daimler-Benz] | |
haben. Diese ist gegen die damalige Führungsriege von Mercedes-Benz | |
Argentina wegen des Verschwindenlassens von mindestens 14 Betriebsräten in | |
den Jahren 1976 und 1977 anhängig, kommt aber nicht voran. Der Vorwurf: | |
Mercedes-Benz Argentina habe damals mehrere unbequeme Arbeitnehmervertreter | |
in seinem Werk bei dem Ort Gonzales Catán in der Provinz Buenos Aires an | |
die Diktatur ausgeliefert. Zeugenaussagen bestätigen eine Zusammenarbeit | |
zwischen der Werksleitung und den Militärs. Der ehemalige Betriebsrat | |
Héctor Ratto sagte aus, dass ein führender Daimler-Angestellter ihn | |
persönlich den Sicherheitskräften übergeben und diesen außerdem die Adresse | |
des Arbeiters Diego Nuñez mitgeteilt habe. Dieser verschwand daraufhin | |
ebenfalls. Bis heute fehlt von ihm jede Spur. | |
12 Dec 2018 | |
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## AUTOREN | |
Jürgen Vogt | |
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