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# taz.de -- ESMA-Prozess in Argentinien: Haft für 48 ehemalige Militärs
> Im größten Prozess der Landesgeschichte sind 48 Ex- Armeeangehörige
> verurteilt worden. Gerichtet wurde über Verbrechen der letzten
> Militärdiktatur.
Bild: Die ESMA-Mitglieder Jorge Acosta (links) and Alfredo Astiz am Mittwoch im…
Buenos Aires taz | Argentiniens Justiz schrieb wieder Geschichte. Wegen
Menschenrechtsverbrechen während der letzten Militärdiktatur (1976 bis
1983) verhängte das 5. Bundesgericht in der Hauptstadt Buenos Aires am
Mittwoch gegen 29 Angeklagte eine lebenslange Haftstrafe. Darunter ist der
als „blonder Todesengel“ bekannte Kapitän [1][Alfredo Astiz]. Weitere 19
Angeklagte erhielten Haftstrafen zwischen acht und 25 Jahren, sechs
Angeklagte wurden freigesprochen.
Gerichtet wurde über die Entführung, Ermordung, Folter und das
Verschwindenlassen von 789 Menschen. Die Verbrechen nahmen ihren Ausgang in
der berüchtigten Marine-Mechanikerschule ESMA. Die ESMA war das größte
geheime Haft- und Folterzentrum in Buenos Aires.
Menschenrechtsorganisationen schätzen, dass dort mehr als 5000 Menschen
gefoltert wurden und verschwanden, weniger als 300 von ihnen überlebten die
Gefangenschaft.
In dem Verfahren ging es auch um die sogenannten Todesflüge, bei denen die
Militärs Gefangene betäubt, in Flugzeuge verbracht und sie lebend in den
Atlantik und den Río de la Plata warfen. Darunter waren auch die
französischen Nonnen Alice Domon und Leonie Duquet sowie eine der
Gründerinnen der Mütter der Plaza de Mayo, Azucena Villaflor de Vincenti.
Die drei Frauen waren im Dezember 1977 verschleppt und später aus einem
Flugzeug vom Typ Skyvan PA-51 in den Atlantik geworfen worden. Ihre
sterblichen Überreste wurden in namenlosen Gräbern entdeckt und 2005
identifiziert. Im gerichtsmedizinischen Bericht hieß es damals, die Art der
Knochenbrüche lässt den Schluss zu, dass sie aus großer Höhe auf eine
Wasseroberfläche aufgeschlagen sind.
Unter den am Mittwoch zu lebenslanger Haft Verurteilten sind zwei der
damaligen Piloten, ein dritter Pilot wurde freigesprochen. Mit einer Dauer
von fünf Jahren ist es der längste Strafrechtsprozess des Landes. Während
der Zeit waren elf der anfänglich 68 Angeklagten gestorben. Drei Angeklagte
wurden aus gesundheitlichen Gründen von dem Prozess abgetrennt. Von den
wenigen Zivilisten unter den Angeklagten wurde der damalige Finanzminister
der Diktatur, Juan Alemann, freigesprochen.
Vor dem Gerichtsgebäude hatten rund tausend Menschen die Urteilsverkündung
via Videoübertragung verfolgt. Der Vorsitzende Richter Daniel Obligado
brauchte mehrere Stunden für die Verlesung aller Urteile. Pfiffe gab es bei
den Freisprüchen, Jubel für die Haftstrafen. „Wir sind mit den Urteilen
zufrieden,“ sagte Almeida von den Müttern der Plaza de Mayo. Ebenso die
ESMA-Überlebende Miriam Lewin: „Das ist viel mehr als wir erhofft hatten.“
Die Urteile waren von den Menschenrechtsgruppen und Organisation der
ehemaligen Gefangenen mit großer Spannung erwartet worden. Befürchtet
wurden milde Urteile, da sich der politische Wille, die Diktaturverbrechen
juristisch aufzuarbeiten, seit dem Amtsantritt des konservativen
Präsidenten Mauricio Macri deutlich geschmälert hat.
Es war das dritte Verfahren, das sich mit den Menschenrechtsverbrechen in
der ESMA beschäftigt. Das erste musste 2007 eingestellt werden, da sich der
einzige Angeklagte einer Verurteilung mutmaßlich durch Selbsttötung entzog.
Das zweite Verfahren endete im Oktober 2011 mit 16 Verurteilungen.
30 Nov 2017
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## AUTOREN
Jürgen Vogt
## TAGS
Argentinien
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Menschenrechtsverletzungen
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