# taz.de -- Rentenreform in Argentinien: Proteste gegen Sozialkürzungen | |
> Der Beitragssschlüssel für Renten und Sozialleistungen soll geändert | |
> werden. Während im Parlament debattiert wird, fliegen vor dem Kongress | |
> Steine. | |
Bild: Ein Mann zielt mit einer Zwille hinter die Absperrungen vor dem Kongress | |
BUENOS AIRES taz | Schwere Ausschreitungen und ein Generalstreik haben am | |
Montag in der argentinischen Hauptstadt Buenos Aires den Beginn der | |
Parlamentsdebatte über die Reform des Rentensystems überschattet. Während | |
die Abgeordneten im Kongress zugange waren, lieferten sich Demonstrierende | |
und Polizei vor dem Gebäude stundenlange Auseinandersetzungen. | |
Die Proteste richteten sich gegen eine Renten-Reform, mit der die Regierung | |
von Präsident Mauricio Macri rund 4,9 Milliarden Euro einsparen will. Durch | |
eine Änderung des Berechnungsschlüssels sollen Renten- und | |
Pensionszahlungen, sowie andere Sozialhilfen gekürzt werden. Betroffen | |
wären insgesamt rund 17 Millionen Menschen – etwa zwei Fünftel der | |
argentinischen Bevölkerung. Der Senat hat dem Reformgesetz bereits | |
zugestimmt. Nach einer zwölfstündigen Debatte stimmten die Abgeordneten am | |
Dienstagmorgen schließlich mehrheitlich dafür. | |
Schon am frühen Montagmorgen blockierten Demonstrierende einige der großen | |
Zufahrtsstraßen in die Stadt. Gegen Mittag zogen mehrere zehntausend | |
Menschen friedlich Richtung Kongressgebäude, das die Polizei komplett | |
abgesperrt hatte. Zum Protest hatten kleine linke Parteien und alternative | |
Gewerkschaften mobilisiert. Der große Gewerkschaftsdachverband CGT rief zu | |
einem 24-stündigen Generalstreik auf, der am Montagmittag begann und als | |
erstes die beiden Flughäfen der Stadt lahmlegte. Eine aktive Beteiligung an | |
den Protesten lehnte der CGT ab. | |
Die Ausschreitungen begannen, als die Demostierenden an den Absperrgittern | |
aufgehalten wurden. Steine flogen auf PolizistInnen. Als auch | |
Molotowcocktails geworfen wurden, antwortete die Polizei mit Wasserwerfern, | |
Gummigeschossen und Tränengasgranaten. Es gab mindestens 162 Verletzte, | |
davon 88 PolizistInnen, und über 60 Festnahmen. Der U-Bahn-Betrieb musste | |
zeitweilig eingestellt werden, nachdem sich in den Stationen eingesickertes | |
Tränengas verbreitete. Am Abend zogen zahlreiche Menschen auf Kochtöpfe | |
schlagend durch die Straßen. | |
Bisher hatte der konservative Macri auf drastische Sparmaßnahmen | |
verzichtet, um Proteste zu vermeiden. Mit dem erfolgreichen Ergebnis bei | |
[1][den Teilwahlen Ende Oktober] änderte sich das. Sofort legte Macri eine | |
Reform zur Flexibilisierung des Arbeitsrechts vor, sowie eine Steuerreform, | |
mit der Unternehmen sowie höhere Einkommen entlastet werden sollen. Zur | |
Gegenfinanzierung und zugleich als Einsparung im Staatshaushalt sind nun | |
die Sozialleistungen dran. | |
Vergangenen Donnerstag war die erste Sitzung über die Reform nach | |
gewaltsamen Protesten vor dem Kongress und Tumulten im Parlamentssaal | |
abgebrochen und auf Montag vertagt worden. Macri hatte zudem eine einmalige | |
Ausgleichszahlung zugesagt. Diese wurde von Gewerkschaften und Opposition | |
als Augenwischerei kritisiert. | |
19 Dec 2017 | |
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## AUTOREN | |
Jürgen Vogt | |
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