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# taz.de -- Kolumne Liebeserklärung: Der Beauftragte als Heilsbringer
> Für jede Selbstverständlichkeit, für jeden Blöd- und Widersinn gibt es
> einen Beauftragten. Da muss sich doch mal jemand drum kümmern.
Bild: Der Topbeauftragte für alles fehlt noch
Das hat der ehemalige Problembär Kurt Beck aber schön hingekriegt: Als
[1][offizieller Beauftragter für die Opfer des Anschlags vom
Breitscheidplatz] hat er dem Regierenden Bürgermeister von Berlin offenbar
klargemacht, dass es womöglich nicht ganz formvollendet ist, Angehörigen
von Terroropfern als erste offizielle Mitteilung eine Rechnung über die
Obduktion ihrer Liebsten zuzuschicken.
Derweil Innenminister Thomas de Maizière die eilige Beauftragung eines
Beauftragten für Antisemitismus fordert, denn von allein kommen die Leute
offenbar nicht darauf, dass es nicht in Ordnung ist, Juden zu beschimpfen
oder anzugreifen – nicht einmal dann, wenn sie das Israelkritik nennen.
Ein erstes Dienstgespräch des neuen Beauftragten wäre wohl bei der
Linkspartei angezeigt, [2][da scheint grundlegender Beratungsbedarf zu
bestehen]. Woher sollen Leute wie Wagenknecht und Lafontaine auch von
selbst wissen, dass es vielleicht keine ganz so gute Idee ist, sich
schützend vor Ansammlungen notorischer Israelhasser und
Jüdische-Weltverschwörungs-Rauner zu stellen oder, wie Dieter Dehm, gleich
selbst mitzuraunen?
Früher gab es für so etwas Gouvernanten, heute sind es Beauftragte. Wenn es
von allein nicht klappt, muss eben ein gestrenger Aufpasser her. Wie wäre
es zum Beispiel mit einem Beauftragten für Leserkommentare, damit nicht
unter jeden Artikel als Erstes geschrieben wird, dass das alles aber Schuld
muslimischer Einwanderer sei, egal ob es um das Insektensterben, das letzte
Spiel der Fußballnationalmannschaft oder um die Gefahren von
Brustimplantaten geht? Ein DHL-Beauftragter als Anlaufstelle für alle, die
ihre Pakete von Gottweißwoher abholen müssen, obwohl sie vorne im Haus
einen DHL-Shop haben? Ein Fest-Beauftragter, der klarmacht, dass nicht
überall die Unterwerfung vor dem Islam dahintersteht, wenn mal nicht das
Wort „Weihnachten“ im Namen einer winterlichen Veranstaltung steht?
Ein Beauftragter für Boris Palmer, der ihm erklärt, dass es nicht Aufgabe
von Grünen-Politikern ist, AfD-Positionen zu vertreten? Ein
Tatort-Beauftragter, der die kollektive Schnappatmung kanalisiert, sobald
einer der Filme nicht ganz dem üblichen Schema folgt? Ein
Akkreditierungsbeauftragter, der verhindern soll, dass Journalisten wie
unlängst auf dem G20-Gipfel unrechtmäßig die Akkreditierung entzogen wird?
Ach – den gibt es schon?
Wie überhaupt eine kurze Google-Abfrage den Verdacht nährt, dass es im
Grunde zu praktisch jedem Thema bereits einen eigens dazu Beauftragten
gibt. Nur einer scheint noch zu fehlen: Ein Beauftragter als Anlaufstelle
für alle Beauftragten, die dazu genötigt sind, ihre Kraft und Energie damit
zu verschwenden, sich um schiere Selbstverständlichkeiten oder originäre
Aufgaben der Politik zu kümmern. Ich wäre bereit!
21 Dec 2017
## LINKS
[1] /Bericht-zum-Breitscheidplatz-Anschlag/!5470382
[2] /Antisemitismusstreit-in-der-Linkspartei/!5471154
## AUTOREN
Heiko Werning
## TAGS
Antisemitismus
Opferberatung
Bundestag
Liebeserklärung
Schwerpunkt Bundestagswahl 2025
Israel
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