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# taz.de -- Kolumne Liebeserklärung: Sigmar Gabriel
> Mit fantasievoll inszenierten Storys über Gerhard Schröder sichert der
> Außenminister sich und der SPD einen Platz in den Geschichtsbüchern.
Bild: Sigmar Gabriel, yeah!
Wenn Diplomaten Außenminister werden, ist das für den schnelllebigen
Journalismus eine Katastrophe. Der vollendete Diplomat plaudert während
seiner aktiven Karriere nie, und wenn, dann stimmt es nicht. Er wartet
zwanzig Jahre und enthüllt dann alles in seinen Memoiren in der Gewissheit,
dass ihm niemand das Gegenteil nachweisen kann.
Sigmar Gabriel hingegen ist für Journalisten ein Geschenk des Himmels. Er
schreibt seine Memoiren quasi live. Eine der heikelsten Missionen deutscher
Geheimdiplomatie öffentlich zu machen, noch während er Außenminister ist,
zeugt von beachtlichem Vertrauen in die eigene Lebensleistung.
Es stellt sich natürlich bei Gerhard Schröders angeblicher Erdoğan-Mission
eine einfache Frage: Wieso soll zwischen dem Treffen des türkischen
Präsidenten mit dem Aufsichtsratsvorsitzenden des russischen
Rosneft-Konzerns und der türkischen Haftverschonung für einen deutschen
Menschenrechtler ein Zusammenhang bestehen?
Darauf gibt es keine logische Antwort, außer man setzt Rosneft und
Menschenrechte gleich, was wohl sogar für Schröders Verhältnisse
abenteuerlich wäre. Das werden auch all die Abgeordneten noch merken, die
jetzt nach deutschen Gegenleistungen fragen, wo sie doch besser Rosnefts
Türkeigeschäfte unter die Lupe nehmen sollten.
Gabriels Geschick besteht darin, den Zusammenhang zwischen Schröder und
Steudtner nicht nur zu behaupten, sondern auch mit dem Verweis auf eine
„Geheimmission“ sämtliche kritischen Antennen auszuschalten. Niemand stellt
Fragen. Niemand sucht auch nur irgendeinen klitzekleinen Beweis dafür, dass
Gerhard Schröder unmittelbar im Anschluss an seine Wahl zum
Rosneft-Aufsichtsratschef am 29. September nichts Besseres zu tun gehabt
haben soll, als in die Türkei zu fliegen und sich um einen Menschenrechtler
zu kümmern, als Gefallen für den Außenminister, dem in der Türkei gerade
kein Diplomat zur Verfügung stand.
So glauben jetzt alle Sigmar Gabriel, und Deutschland zittert ab jetzt
sofort kollektiv vor Ehrfurcht, wenn der Name „Schröder“ fällt. Was für …
genialer Schachzug. Die SPD braucht gar nicht mehr zu regieren. Memoiren
sind viel schöner.
28 Oct 2017
## AUTOREN
Dominic Johnson
## TAGS
Sigmar Gabriel
Gerhard Schröder
SPD
Türkei
Liebeserklärung
Liebeserklärung
Antisemitismus
Schwerpunkt Türkei
Niedersachsen
Gerhard Schröder
Gerhard Schröder
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