# taz.de -- Klage vor dem Europäischen Gerichtshof: Fanpage-Betreiber unter Dr… | |
> Sind Firmen mit Fanpages mitverantwortlich für Datenschutzverstöße von | |
> Facebook? Schleswig-Holsteins Datenschutzbehörde will das klären. | |
Bild: Daumen hoch: Vor dem EugH zeichnet sich ein Sieg für die Datenschützer … | |
HAMBURG taz | Für Betreiber von Facebook-Fanpages könnte der Europäische | |
Gerichtshof (EuGH) eine unangenehme Überraschung parat haben: Das Gericht | |
soll die Frage klären, ob Unternehmen, die Fanpages betreiben, auch für die | |
Datenschutzverstöße durch Facebook mitverantwortlich sind. Der | |
Generalanwalt hatte diese Frage in seinen Schlussanträgen schon bejaht. | |
Das wäre eine überraschende Wendung für das Unabhängige Landeszentrum für | |
Datenschutz (ULD) Schleswig-Holstein mit Sitz in Kiel: Seit sechs Jahren | |
versucht es juristisch durchzusetzen, dass auch die Betreiber von | |
Facebook-Fanpages dafür verantwortlich sind, was mit den Daten ihrer | |
BesucherInnen geschieht. | |
Genauer geht es um die Frage, ob ein Unternehmen eine Facebook-Seite | |
betreiben darf, ohne sich darum zu kümmern, ob Facebook das | |
Datenschutzrecht einhält. Das ULD könnte dafür gesorgt haben, dass bald | |
nicht mehr nur das weltweit größte soziale Netzwerk für Datenschutzverstöße | |
belangt werden kann, sondern jeder einzelne Betreiber einer Fanpage. „Die | |
Fanpage-Betreiber können nicht mehr die Hände heben und sagen: ‚Wir haben | |
damit nichts zu tun‘“, sagt Stephan Dirks, Fachanwalt für Urheber- und | |
Medienrecht. Vor dem EuGH zeichnet sich nun ein Sieg für die | |
DatenschützerInnen ab. „Das ist europaweit zukunftsweisend“, sagt Marit | |
Hansen, Leiterin des ULD. | |
Begonnen hat der Rechtsstreit vor sechs Jahren. Damals hatte das | |
Landeszentrum der Wirtschaftsakademie Schleswig-Holstein, ein | |
privatrechtliches Bildungsunternehmen, das Betreiben einer Fanpage mit | |
immerhin 6.500 Fans auf Facebook untersagt. Das ULD bemängelte, dass weder | |
die Akademie noch Facebook die BesucherInnen dieser Fanpage darüber | |
informierten, dass Facebook mittels Cookies ihre personenbezogenen Daten | |
erhebe, diese für Werbezwecke nutze und verarbeite, um so | |
Besucherstatistiken für die Seitenbetreiberin zu generieren. | |
„Die Besucher realisieren nicht, was mit den Daten passiert“, sagt Dirks. | |
Durch das Einrichten der Fanpage leiste die Wirtschaftsakademie einen | |
aktiven und willentlichen Beitrag zur Erhebung von personenbezogenen Daten | |
durch Facebook. Die Wirtschafsakademie verwies jedoch darauf, dass die | |
Verantwortung dafür bei Facebook liege. Sowohl das Verwaltungsgericht als | |
auch das Oberverwaltungsgericht in Schleswig urteilten zugunsten der | |
Wirtschaftsakademie. Dann landete das Verfahren beim | |
Bundesverwaltungsgericht. | |
Dort war man sich in einigen Punkten nicht ganz so sicher wie die | |
Vorgängerinstanzen und reichte den Fall an den EuGH für eine sogenannte | |
Vorabentscheidung weiter. Zwar läuft das Verfahren gegenwärtig noch, | |
allerdings hat der Generalanwalt Yves Bot dem Gericht bereits einen | |
Vorschlag für die anstehende Entscheidung ausgesprochen. In diesem | |
Schlussantrag plädierte er dafür, der Ansicht des Landeszentrums zu folgen. | |
„Häufig folgt das Gericht bei seiner Entscheidung diesen Schlussanträgen in | |
wesentlichen Punkten. Es ist aber nicht daran gebunden“, sagt Dirks. Falls | |
der EuGH und im folgenden auch das Bundesverwaltungsgericht dem | |
Generalanwalt folgt, wird das für die Fanpage-Betreiber gravierende Folgen | |
haben. „Die Fanpages sind dann, so wie sie heute betrieben werden, | |
rechtswidrig“, sagt Dirks. DatenschützerInnen können dann beschließen, dass | |
Fanpages abgeschaltet werden müssen. „Andernfalls droht ein Bußgeld von bis | |
zu 50.000 Euro“, sagt Dirks. | |
Bedeutend wird die anstehende Entscheidung sein, weil vor allem Unternehmen | |
ihre Kommunikation in weiten Teilen über die Facebook-Fanpages betreiben. | |
Die erhalten von Facebook den Zugang zu Besuchsstatistiken. Diese wiederum | |
werden anhand verschiedener Kriterien, die die Betreiber wählen, wie Alter | |
oder Geschlecht, personalisiert – die Betreiber erhalten also Informationen | |
über Gewohnheiten und Eigenschaften der Personen, die die Seite besuchen. | |
## Generalanwalt: Facebook kein verantwortungsfreier Raum | |
Selbst wenn die Wirtschaftsakademie keinen Zugang zu diesen Daten hätte, | |
sei die Verantwortung für die Datenverarbeitung nicht ausgeschlossen, meint | |
der Generalanwalt. „Das ist und war über all die Jahre auch unsere | |
Rechtsauffassung“, sagt Hansen. Somit gebe es künftig keinen | |
verantwortungsfreien Raum mehr in dem sozialen Netzwerk. | |
Deshalb gehen sowohl der ULD als auch Medienanwalt Dirks davon aus, dass | |
soziale Netzwerke wie Facebook ihr Geschäftsmodell ändern müssen. Wie genau | |
das aussehen wird, ist noch unklar. „Gut ist das auf jeden Fall für die | |
Konkurrenz, die sich bisher an Datenschutzregeln gehalten hat, aber davon | |
nicht profitiert hat“, sagt Hansen. | |
Wie EuGH-Sprecher Hartmut Ost mitteilt, dürfte noch im Januar mit einer | |
Entscheidung des Gerichts zu rechnen sein. Dann ist aus Sicht des ULD auch | |
genug Zeit mit dem Thema vergangen. „Seit sechs Jahren ruht wegen des | |
Verfahrens diese Datenschutzdiskussion. Da haben wir viel Zeit verloren“, | |
sagt Hansen. | |
9 Jan 2018 | |
## AUTOREN | |
André Zuschlag | |
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