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# taz.de -- Medienreaktion auf Update von Facebook: Daumen hoch oder runter?
> Facebook will wieder persönlicher werden und schraubt kräftig an seinem
> Algorithmus. MedienmacherInnen sind irritiert und suchen nach einer
> Strategie.
Bild: Der neueste Dreh von Facebook: Daumen hoch oder runter?
Das Verhältnis von Facebook und den Medien ist eine Geschichte voller
Brüche. Erst waren den ProgrammiererInnen JournalistInnen egal.
Redaktionen, die ihre Inhalte verteilen wollten, waren auf sich allein
gestellt. Dann ein Kurswechsel: Facebook suchte die Nähe zu jenen, die
hochwertige Inhalte auf die Plattform bringen – und damit das Werbeumfeld
aufwerteten. Facebook startete ein JournalistInnen-Projekt und bot sich mit
dem Format „Instant Articles“ als Partner an, gibt seitdem Werbeeinnahmen
ab. Dieser Tage aber sind JournalistInnen irritiert.
Facebook-Gründer Mark Zuckerberg notierte in seinem eigenen Profil eine
[1][Ansage]: Die Plattform solle NutzerInnen nun im Wesentlichen
„bedeutsame soziale Dialoge“ zuspielen und weniger „relevante Inhalte“.
Künftig sollen auf Facebook also stärker Einträge von FreundInnen
erscheinen und weniger Botschaften, die Unternehmen, NGOs oder Medien
absetzen. Wie dieser Mix zustande kommt, regelt ein Algorithmus – der tief
in der digitalen Blackbox Facebook versteckt ist.
„Seriös kann noch niemand sagen, wie sich die angekündigten Änderungen
auswirken“, sagt Torsten Beeck, der die Social-Media-Aktivitäten des
Spiegel-Verlags leitet. Tatsächlich werde der Algorithmus, der den
sogenannten Newsfeed steuere, permanent angepasst. „Wir werden analysieren,
was das journalistisch und kaufmännisch für unterschiedliche Aktivitäten
bedeutet, so wie wir es bisher auch getan haben“, sagt Beeck – und spielt
bei den „kaufmännischen Aktivitäten“ unter anderem auf die Möglichkeit f…
SeitenbetreiberInnen an, sich die nötige Reichweite auch einfach zu kaufen.
Das wäre eine mögliche, mitunter aber auch recht teure Gegenstrategie.
Im Netz diskutieren JournalistInnen über die Auswirkungen. „Das eine ist,
was Facebook sagt (vergangene Woche), und das andere, was Facebook macht
(seit Oktober 2017)“, notiert etwa Sebastian Fiebrig aus der deutschen
Redaktion von BuzzFeed. Setzt Facebook also schon seit Monaten die aktuelle
Ankündigung um? „Ich würde den Beginn der Umstellung auch eher im
Spätsommer verorten“, ergänzt Sophie Wanke von der Mediengruppe DuMont
(Kölner Stadt-Anzeiger, Berliner Zeitung).
Auch Patrick Weinhold, der das Social-Media-Team der „Tagesschau“ leitet,
glaubt an eine schleichende Veränderung – zulasten klassischer
Medieninhalte. Mit Zuckerbergs Ankündigung vor ein paar Tagen habe sich
praktisch nichts verändert. Allein: „Facebook schraubt unserer Beobachtung
nach bereits seit Anfang Oktober kräftig an seinem Algorithmus“, sagt
Weinhold. „Reichweiten haben sich plötzlich massiv verändert.“
## Das Boulevard darf sich freuen
Einige wenige Einträge würden nun sogar besser zu den AbonnentInnen der
„Tagesschau“-Seite durchdringen als bisher, den Großteil bekämen aber
deutlich weniger NutzerInnen mit – die teils irritiert nachfragten, warum
die „Tagesschau“ inzwischen so wenig poste. „Außerdem ist unser
Fan-Wachstum massiv eingebrochen, ohne dass wir an der Frequenz unserer
Einträge etwas verändert hätten, an der Ausrichtung unserer Facebook-Seite
oder am Stil.“ Bis zum Herbst 2017 habe die Redaktion noch bis zu 20.000
neue Fans pro Woche gezählt, inzwischen sind nur rund 5.000
NeuabonnentInnen.
Die Algorithmusänderung dürfte die Boulevardisierung der Medienlandschaft
weiter vorantreiben. Jedenfalls sprechen KollegInnen mehrerer Redaktionen
hinter vorgehaltener Hand davon, dass der Algorithmus zunehmend
Kuriositäten oder Affären belohne, während Analysen oder Hintergründe fast
schon steckenblieben. Weinhold sagt offen: „Wenn Donald Trump den Import
von Elefantenköpfen wieder zulässt, dann dringt der Eintrag durch. Andere
Beiträge haben es deutlich schwerer.“
ExpertInnen wie der US-Journalistikprofessor Jeff Jarvis schlagen
Redaktionen bereits offensiv vor, auf „Conversational Journalism“ zu
setzen, die Berichterstattung also noch stärker als bisher in die
Diskussion zu bringen. Dabei könnte es helfen, wenn ReporterInnen ihre
Recherchen selbst über ihre persönlichen Profile in Umlauf brächten.
Journalistenschulen bereiten entsprechende Seminare vor.
„Das alles hat uns zum Nachdenken gebracht“, sagt „Tagesschau“-Redakteur
Weinhold über den neuerlichen Umgang von Facebook mit Medieninhalten. „Wir
überlegen, ob wir unsere Ressourcen anders verteilen und weniger Aufwand in
Facebook stecken, dafür in andere Plattformen investieren.“ YouTube sei als
Bewegtbild-Plattform ein Kandidat für die TV-Redaktion. Weinhold: „Wir
überdenken unsere Strategie.“
19 Jan 2018
## LINKS
[1] /Neuer-Facebook-Algorithmus/!5476805
## AUTOREN
Daniel Bouhs
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