# taz.de -- Lufthansa und das Schneechaos: Warteschlangen und Warteschleifen | |
> Es hat geschneit, die Flieger können nicht abheben. Und die | |
> „Fünf-Sterne“-Airline Lufthansa scheitert online wie offline an der | |
> Kundenbetreuung. | |
Bild: Für das Wetter kann die Lufthansa nichts, aber für ihren Service | |
Um 16.20 Uhr bin ich der Deutschen Lufthansa Aktiengesellschaft noch | |
wohlgesinnt – und das, obwohl ich gerade mehr als eine Stunde in einer | |
Warteschleife über München verbracht habe, weil eine Landung meines | |
Lufthansa-Fliegers wegen des heftigen Schneefalls unmöglich war. Mein | |
Anschlussflug ist zwar – wie viele andere Flüge am Sonntag auch – | |
gestrichen worden, doch auch das nehme ich mit Gleichmut hin: Was kann die | |
Lufthansa schon für den Miniblizzard über Deutschland? Und irgendwie wird | |
mich meine [1][“Fünf-Sterne“-Premiumfluglinie] schon weiterkarren – zumal | |
das Wetter schon wieder viel besser geworden ist, als ich den Flieger | |
verlasse. | |
Dann entdecke ich die Warteschlange vor dem Lufthansa-Schalter. In Form | |
einer hundert Meter langen Schleife stehen die Menschen im Terminal des | |
Flughafens aneinandergedrängt zwischen Spielzeugläden, Apotheken und | |
Boutiquen. Wären da nicht die Rollkoffer, man könnte meinen, der neue | |
Star-Wars-Film feiere Premiere. Doch die Menschen hier warten auf ihre | |
Weiterreise. Und warten. Und warten. Millimeterweise bewegt sich die | |
Schlange vorwärts. „Nun gut“, denke ich mir, „ein paar Hundert gestrande… | |
Passagiere mit Anschlussflügen zu versorgen benötigt eben seine Zeit“. | |
Aber wozu auch die überarbeiteten Servicemitarbeiter von Deutschlands | |
größter Airline belästigen. Es gibt ja noch das gute alte Internet. Sicher | |
kann ich meinen annullierten Flug auch online umbuchen. Denkste! Bis zum | |
Log-in geht zwar noch alles glatt, doch dann hängt sich der Server auf – | |
vermutlich wegen Überlastung. In den folgenden zweieinhalb Stunden werde | |
ich noch mehrfach versuchen, meine Buchung aufzurufen. Erfolglos. „Nun | |
gut“, denke ich mir, „ein paar Tausend gestrandete Passagiere können einen | |
Server schon mal kurzzeitig überlasten“. | |
Niemand weiß, wie es nun weitergeht. Kein Lufthansamitarbeiter sieht sich | |
dazu genötigt, die Wartenden aufzuklären, welche Optionen zur Weiterreise | |
bestehen – oder auch nicht bestehen. Dabei hätte doch nur jemand mit | |
Megafon der Menschenmenge mitteilen müssen: „Leute, wir bekommen das heute | |
nicht mehr auf die Kette. Fahrt in die Stadt, nehmt euch ein Hotel, | |
schüttet euch auf dem Christkindlmarkt ein paar Liter Glühwein in den Hals | |
und morgen schauen wir mal, ob wir ’ne Maschine in die Luft bekommen.“ | |
Das wäre zumindest eine ehrliche Ansage. Aber nichts dergleichen. Ich habe | |
um kurz vor 19 Uhr genug vom Warten, buche mir ein Hotel und vertage das | |
Problem auf den nächsten Tag. | |
## „Dann fahr' ich lieber Zug“ | |
Im Hotel kommt mir dann doch noch eine Idee. Die Lufthansa unterhält | |
schließlich auch ein Callcenter. Wenn schon die Homepage (immer noch nicht | |
erreichbar) und der Flughafenschalter (wahrscheinlich in der Zwischenzeit | |
von aufgebrachten Passagieren abgefackelt) mich nicht weiterbringen, dann | |
doch bestimmt die kompetenten Mitarbeiter der Lufthansa-Hotline. Also rufe | |
ich in Frankfurt an und lande natürlich in der Warteschleife. „Derzeit sind | |
alle unsere Leitungen belegt“, lässt man mich wissen. „Bitte haben sie noch | |
etwas Geduld.“ | |
„Nun gut“, denke ich mir, „ein paar Hundert gestrandete Passagiere | |
telefonisch zu betreuen, benötigt eben seine Zeit“. Nach 13 Minuten und 11 | |
Sekunden in der Warteschleife ist mein Gleichmut verflogen. Mein Handy | |
schaltet ob des niedrigen Akkuladezustandes in den Stromsparmodus und ich | |
lege auf. Unverrichteter Dinge gehe ich zu Bett. | |
Um 4:45 Uhr wache ich auf. Zu dieser unchristlichen Uhrzeit dürfte doch der | |
für mich reservierte freie Mitarbeiter im Callcenter sicherlich Zeit für | |
mich haben. Natürlich bekomme ich im Callcenter den freien Mitarbeiter, der | |
doch für mich reserviert war, nicht ans Rohr. „Sch*** drauf“, denke ich | |
mir: „ Wenn es der Fünf-Sterne-Super-Duper-Premium-Airline nicht gelingt, | |
ein paar Hundert gestrandete Passagiere in München weder telefonisch, noch | |
online, noch am Schalter zu betreuen – dann fahr‘ ich lieber Zug“. | |
11 Dec 2017 | |
## LINKS | |
[1] http://www.spiegel.de/reise/aktuell/skytrax-lufthansa-ist-erste-europaeisch… | |
## AUTOREN | |
Jörg Wimalasena | |
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