| # taz.de -- Ermittlungen der Polizei zu G20: Sie kriegen nicht genug | |
| > Die Hamburger Polizei haut TV-Sender um Material zu den G20-Protesten an. | |
| > Die Pressefreiheit scheint sie nicht zu interessieren. | |
| Bild: Randale im Juli 2017 | |
| Die Hamburger Polizei hatte schon immer ein merkwürdig enges Verhältnis zur | |
| Bild. Die Boulevardreporter*innen sind bestens informiert und stets vor | |
| Ort, wenn die Polizei frühmorgens Wohnungen durchsucht oder mitten in der | |
| Nacht auf dem autonomen Zentrum Rote Flora herumturnt und unliebsame | |
| Plakate entfernt. | |
| Im Gegenzug übernimmt die Bild Polizeiaufgaben: Schon zwei Mal hat sie nach | |
| dem G20-Gipfel Bilder von mutmaßlichen Krawallmacher*innen auf den Titel | |
| gedruckt und gefragt: „Wer kennt diese G20-Verbrecher? Sachdienliche | |
| Hinweise bitte an die nächste Polizei-Dienststelle.“ Keine Frage, das geht | |
| gar nicht. Aber was erwartet man schon von der Bild. | |
| Neuerdings will die Polizei offenbar ihre Zusammenarbeit mit den Medien | |
| ausweiten und erreicht dabei ein neues Level. Sie hat, so bestätigt es der | |
| Hamburger Senat in einer Antwort auf eine Anfrage der Linksfraktion, | |
| „lokale und überregionale Sender kontaktiert, die über den G20-Gipfel | |
| berichtet haben“ – und sie um die Herausgabe ihres Videomaterials gebeten. | |
| Der NDR, das ZDF, N24, RTL, Sat.1 und n-tv sowie mehrere Produktionsfirmen | |
| haben entsprechende Anfragen erhalten, berichtet das Medienmagazin „Zapp“. | |
| Fast alle gaben nur Material raus, das ohnehin ausgestrahlt worden war – | |
| allerdings in besserer Qualität. Zudem räumte eine Produktionsfirma ein, | |
| unveröffentlichtes Rohmaterial herausgegeben zu haben. Auch der Sender | |
| n-tv, der zu RTL gehört, gab 10 Minuten unveröffentlichte Aufnahmen heraus | |
| – angeblich aus Versehen. | |
| ## Quellenschutz? Egal | |
| Diese Kooperation ist von der Medienseite ärgerlich und von staatlicher | |
| Seite mehr als dreist. Die Polizei schert sich nicht um die Pressefreiheit; | |
| Quellenschutz und Informationsgeheimnis sind ihr herzlich egal. | |
| Das hat sie in der Vergangenheit schon mehrfach gezeigt, zum Beispiel als | |
| Polizist*innen vergangenes Jahr nach den Blockupy-Protesten in Frankfurt | |
| die Wohnung des Berliner Fotografen PM Cheung durchsuchten und Material | |
| beschlagnahmten. Oder auch, als die Polizei zwischen 2003 und 2006 eine | |
| verdeckte Ermittlerin in den freien Radiosender FSK einschleuste. | |
| Auf der Medienseite muss man sich fragen, was sich die Sender davon | |
| versprechen, wenn sie als Hilfsarbeiter*innen der Polizei zur Hand gehen. | |
| Sie können dabei nur verlieren – ihre Unabhängigkeit, ihre Glaubwürdigkeit, | |
| ihr Ansehen, und letztlich ihre ganze Arbeitsgrundlage. | |
| Wer wird sich noch filmen lassen, wenn er davon ausgehen muss, dass die | |
| Aufnahmen hochauflösend an die nächste Polizeidienststelle gehen? Es ist | |
| ein Unterschied, ob man im Fernsehen den Bruchteil einer Sekunde lang in | |
| der Masse einer Demonstration zu sehen ist oder ob sich Profiler das Ganze | |
| in Topqualität reinziehen und bis auf die Popel am Nasenloch ranzoomen | |
| können. | |
| Tja, und nun? Bleibt die Frage, was das Ganze soll. Die Soko „Schwarzer | |
| Block“ sitzt seit Monaten vor einem riesigen Berg Daten. 165 | |
| Mitarbeiter*innen beackern über 30.000 Bild- und Videodateien. Woher also | |
| dieser Trieb, immer mehr Material akquirieren zu wollen? | |
| Die Polizei sagt dazu, sie sei gesetzlich verpflichtet, „die für die | |
| Verfolgung von Straftaten erforderlichen Maßnahmen zu ergreifen“ und | |
| mögliche Beweismittel zu sichern. Sie betont auch die Freiwilligkeit der | |
| Aktion. Allerdings schließt der Polizeipräsident Ralf Meyer auch | |
| Beschlagnahmungen nicht aus – „im Einzelfall“ und „wenn man auf bestimm… | |
| Material angewiesen“ sei, sagte er dem NDR. | |
| In ihrer Sammelwut hat die Soko „Schwarzer Block“ auch das Bundespresseamt | |
| gebeten, alle Journalist*innen, die beim G20-Gipfel akkreditiert waren, | |
| ebenfalls nach der Herausgabe ihres Materials zu fragen. Das Amt ist dieser | |
| Bitte nicht nachgekommen, aus datenschutzrechtlichen Gründen. | |
| Auch die taz hatte übrigens beim G20-Gipfel Videoteams im Einsatz. Bei | |
| denen ist die Polizei aber noch nicht vorstellig geworden. Das kann sie | |
| sich auch gleich sparen. | |
| 7 Dec 2017 | |
| ## AUTOREN | |
| Katharina Schipkowski | |
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