# taz.de -- Gefangenenaustausch in Kiew: Im Donbass die Folter überstanden | |
> 73 Ukrainer werden in der Nacht auf Mittwoch an Kiew überstellt. Die | |
> schickt 233 Personen zurück zu den Separatisten. | |
Bild: Wiedersehen am Flughafen in Kiew | |
Kiew taz | Übernächtigt und abgemagert sind in der Nacht von Mittwoch auf | |
Donnerstag 73 Ukrainer von der ostukrainischen Stadt Charkiw kommend auf | |
dem Kiewer Flughafen Borispol eingetroffen. Sie wurden von mehreren hundert | |
Familienangehörigen, Aktivisten, Politikern und Kirchenvertretern mit | |
Blumen und ukrainischen Fahnen begrüßt. Die 73 Personen waren am Tag zuvor | |
im Rahmen eines Gefangenenaustauschs im Donbass nach teilweise mehrjähriger | |
Gefangenschaft frei gekommen. | |
„Ein Jahr und 11 Monate habe ich auf Igor gewartet“, berichtet dessen | |
Ehefrau Valentina Koslowskaja unter Tränen Reportern des Internetportals | |
strana.ua. Oft sei sie in Donezk gewesen und habe bei den dortigen Behörden | |
um die Freilassung ihres Mannes gebeten. | |
Erfolglos. Im Sicherheitsministerium der „Volksrepublik Donezk“ habe man | |
ihr erklärt, man habe ihren Mann inhaftiert, weil er ein Nazi sei. Sie habe | |
zu ihm nur wenig Kontakt gehabt. Ihr Mann sei Folter, Schlägen, Kälte und | |
Hitze ausgesetzt gewesen. Deswegen habe er nun gesundheitliche Probleme, | |
wird die Ehefrau weiter zitiert. | |
Es war der bisher größte Gefangenenaustausch seit Beginn des Krieges im | |
Osten der Ukraine 2014. 233 Personen wurden von den ukrainischen Behörden | |
an die Separatisten in Donezk und Lugansk überstellt, im Gegenzug kamen 73 | |
Ukrainer aus den „Volksrepubliken“ nach Hause. | |
## Feiertags-Waffenstillstand gebrochen | |
Noch zwei Tage vor dem geplanten Austausch war unklar, ob dieser wirklich | |
stattfinden würde. Ein für die Feiertage vereinbarter Waffenstillstand war | |
gebrochen worden. Die ukrainische Seite hatte erklärt, dass sie nicht 306 | |
Gefangene, sondern lediglich 233 Personen an die andere Seite übergeben | |
werde. 43 Personen würden sich weigern, zurückzukehren. Außerdem, so das | |
russische Internetportal newsru.com, habe Kiew kurzfristig alle russischen | |
Staatsbürger von der Liste der Auszutauschenden gestrichen. | |
Bundeskanzlerin Angela Merkel und der französische Präsident Emmanuel | |
Macron begrüßten die Freilassung der Gefangenen. Gleichzeitig appellierten | |
sie an die Konfliktparteien, den Austausch der noch verbliebenen Gefangenen | |
zu ermöglichen. Außerdem müsse das Internationalen Komitee vom Roten Kreuz | |
(IKRK) vollständigen Zugang zu den Gefangenen erhalten. | |
OSZE-Generalsekretär Thomas Greminger und die amtierende OSZE-Vorsitzende | |
Karin Kneissl begrüßten die Freilassungen als vertrauensbildende Maßnahme. | |
In der Ukraine wird bereits über einen zweiten Gefangenenaustausch | |
gesprochen. Man verhandele über die Freilassung einer weiteren Gruppe, | |
erklärte Irina Luzenko, Vertreterin von Präsident Petro Poroschenko im | |
ukrainischen Parlament. Poroschenko arbeite an der Rückkehr von in Russland | |
inhaftierten Ukrainern, zitiert die ukrainische Agentur Interfax die | |
Politikerin. „Dafür haben wir die russischen Gefangenen als zusätzliche | |
Karte im Ärmel behalten und zwar für unsere Bürger, „die in Russland | |
inhaftiert sind“, so Luzenko. | |
Fast zeitgleich mit dem Gefangenenaustausch kündigte der ukrainische | |
Oligarch Wiktor Medwetschuk am Mittwoch im russischen Sender NTV an, man | |
plane einen Austausch von 74 Personen aus den „Volksrepubliken“ gegen 306 | |
Personen, die Kiew überstellen werde. | |
Ein Problem bei den Verhandlungen werden die unterschiedlichen Listen sein, | |
auf die sich die Konfliktparteien stützen. Kiew geht von knapp 100 in den | |
„Volksrepubliken“ inhaftierten Ukrainern aus. Auf den Listen der Behörden | |
der „Volksrepubliken“ stünden 1.000 Namen von Inhaftierten, so das | |
russische Nachrichtenportal newsru.com. | |
28 Dec 2017 | |
## AUTOREN | |
Bernhard Clasen | |
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