# taz.de -- Konflikt in der Ostukraine: Vom Helfer zum Spion | |
> Pro-russische Kämpfer haben drei NGO-Mitglieder kurzzeitig festgenommen. | |
> Sie sollen für den ukrainischen Geheimdienst gearbeitet haben. | |
Bild: Der Konflikt dauert an: Kämpfer des Bataillon Donbass | |
KIEW taz | Drei Mitglieder der „Gegenseitigen Volkshilfe“, die in der von | |
pro-russischen Kämpfern besetzten ostukrainischen Stadt Lugansk tätig ist, | |
sind nach einer mehrwöchigen Untersuchungshaft wieder auf freiem Fuß. Die | |
Strafverfolgungsbehörden der „Volksrepublik Lugansk“ werfen den Aktivisten | |
eine Zusammenarbeit mit der französischen Organisation ACF („Action Contre | |
la Faim“) vor. Trotz der Freilassung der Aktivisten ist das Verfahren gegen | |
diese nicht eingestellt. | |
Obwohl die drei Personen bereits Mitte Dezember festgenommen worden waren | |
und die Freilassung am 4. Januar erfolgte, wurde der Vorfall erst jetzt | |
bekannt. Dem „Ministerium für Staatssicherheit der Volksrepublik Lugansk“ | |
sei es gelungen, der „Spionagetätigkeit der internationalen Organisation | |
ACF ein Ende zu bereiten“ berichtet der von den Separatisten kontrollierte | |
Fernsehsender „Lugansk 24“ am vergangenen Donnerstag unter Berufung auf die | |
Staatssicherheit der „Volksrepublik Lugansk“. Gleichzeitig suggerierte | |
„Lugansk24“, die ACF würde für den ukrainischen Geheimdienst arbeiten. | |
Noch vor der Freilassung hatte der Geheimdienst der „Volksrepublik Lugansk“ | |
Videos der Inhaftierten veröffentlicht, in denen diese gestanden hatten, | |
Geld von der französischen Organisation erhalten zu haben. Man habe | |
soziologische Umfragen durchgeführt und dabei erhobene Daten an die ACF | |
weitergegeben. Außerdem, so eine inhaftierte Aktivistin auf dem Video, habe | |
man Berichte an die ACF gefälscht. | |
Die „Gegenseitige Volkshilfe“ ist seit 2015 eine in Lugansk registrierte | |
Nichtregierungsorganisation. Am Wochenende bestätigte ein Sprecher der ACF | |
gegenüber dem Internetportal „Novosti Donbassa“ die Zusammenarbeit mit der | |
„gegenseitigen Volkshilfe“. Bisher habe man keinen Kontakt zu den am 4. | |
Januar freigelassenen Mitgliedern der „gegenseitigen Volkshilfe“, so der | |
ACF-Sprecher. | |
## Lebensmittel für Bedürftige | |
Auf Youtube hatte der Vorsitzende der Gruppe und einer der kürzlich | |
Freigelassenen, Dmitrij Gasimow, bis 2015 dokumentiert, wie man | |
Lebensmittel an Bedürfte verteilt hatte. In dem vom Geheimdienst während | |
der Haft aufgezeichneten Video bestätigt Gasimow, dass die „Gegenseitige | |
Volkshilfe“ von der französischen ACF Gelder erhalten habe. | |
Damit habe man humanitäre Hilfsgüter verteilen können. Bei der Verteilung | |
habe man die persönlichen Daten der Empfänger festgehalten und diese an das | |
ACF-Büro in das von der Ukraine kontrollierte Severodonezk weitergeleitet. | |
Die weltweit tätige ACF ist seit 1994 in der Ukraine aktiv. Sie hilft | |
Gemeinden bei technischen Problemen von Wasserversorgung und Heizungen | |
Darüber hinaus bietet sie im Krieg Traumatisierten psychologische Hilfe an. | |
Der aus einem Vorort von Lugansk stammende ukrainische Menschenrechtler | |
Pawel Lisjanskij hat zwei Erklärungen für das Vorgehen der Machthaber von | |
Lugansk. Seit Ende 2017 erhalte kaum noch ein ausländischer Journalist für | |
Lugansk eine Akkreditierung. Dadurch sei ein gewisses Informationsvakuum | |
entstanden. | |
Wer dieses durchbrechen wolle, so Lisjanskij gegenüber der taz, der müsse | |
damit rechnen, dass es ihm so ergehe wie den Aktivisten der „Gegenseitigen | |
Volkshilfe“. Die Anklage gegen die Aktivisten könne auch mit einem weiteren | |
geplanten Gefangenenaustausch zusammenhängen, meint Lisjanskij. Und dafür | |
brauche man schon mal vorab „Tauschmaterial“. | |
15 Jan 2018 | |
## AUTOREN | |
Bernhard Clasen | |
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