# taz.de -- Länger arbeiten in Österreich: Neuer Stahl für die Steiermark | |
> Das Arbeitszeitprogramm der neuen österreichischen Regierung erfreut die | |
> Wirtschaft. Dabei geht es der schon jetzt gar nicht schlecht. | |
Bild: In Kapfenberg in der Steiermark entsteht ein neues Stahlwerk | |
WIEN taz | Das freut die Wirtschaft: In Österreich soll die | |
Flexilibilisierung der Arbeitszeit, die die Unternehmen nicht gegen die | |
Gewerkschaften durchsetzen konnten, jetzt per Gesetz verordnet werden. Das | |
plant die am Montag von Bundespräsident Alexander Van der Bellen vereidigte | |
neue Regierung aus ÖVP und FPÖ. Kein Wunder, dass Industriellenvereinigung | |
und Wirtschaftsbund sie freudig begrüßten. | |
Das Programm der Koalition sieht vor, dass der für Zeiten großer Nachfrage | |
gewünschte Zwölfstundentag nicht mit Überstundengeld abgegolten werden | |
soll, sondern mit Zeitausgleich. Auszuhandeln ist das mit dem jeweiligen | |
Betriebsrat beziehungsweise mit den Mitarbeitenden direkt. | |
Zudem soll die Steuerquote von rund 43 auf 40 Prozent sinken. Unklar ist | |
allerdings, wann – und wie die Entlastung um rund 14 Milliarden Euro | |
gegenfinanziert werden soll. | |
Fest steht, dass die Regierung unter Kanzler Sebastian Kurz und Vizekanzler | |
Heinz-Christian Strache schon ein extrem günstiges ökonomisches Umfeld | |
vorfindet, das auch ohne weiter verbesserte Rahmenbedingungen für die | |
Unternehmen wettbewerbsfähig sein dürfte. Österreichs Wirtschaft wächst | |
stärker als die deutsche, die Arbeitslosigkeit sinkt. Und noch kurz vor den | |
Wahlen hatte der Stahlkonzern Voestalpine angekündigt, dass er ein neues | |
Stahlwerk im steirischen Kapfenberg bauen will – das erste seit vier | |
Jahrzehnten in Europa. | |
## Ehemaliger Staatskonzern wird profitabler Higtech-Betrieb | |
Davor hatte der ehemals staatliche Konzern, der längst zum hochprofitablen | |
Hightech-Betrieb mutiert ist, lieber im Ausland investiert. Zuletzt floss | |
noch eine Milliarde Euro in eine Direktreduktionsanlage im texanischen | |
Corpus Christi. Voestalpines Sparte Hochleistungswerkstoffe ist globaler | |
Marktführer bei Werkzeugstahl und beschäftigt weltweit 13.700 Mitarbeiter. | |
Von den zuletzt von dieser Abteilung erzielten 2,7 Milliarden Euro Umsatz | |
wurde die Hälfte außerhalb Europas erwirtschaftet. | |
Das neue Edelstahlwerk soll für rund 350 Millionen Euro in der | |
obersteirischen Stadt Kapfenberg entstehen, wo Voestalpine vor zehn Jahren | |
den Edelstahlspezialisten Böhler übernommen hat. Vorstandschef Wolfgang | |
Eder begründet die Standortwahl mit der Qualität der dortigen | |
Arbeitskräfte. Allein während der Errichtung der Anlage werden rund 1.000 | |
zusätzliche Fachkräfte gebraucht. Auch die Nähe zur Montanuniversität in | |
Leoben und der Technischen Uni Graz soll eine Rolle gespielt haben. | |
Was das Projekt fast zum Scheitern gebracht hätte, war die Furcht vor einer | |
40-prozentigen Strompreissteigerung, die aber inzwischen durch eine | |
Preiszonenregelung zwischen Österreich und Deutschland vom Tisch zu sein | |
scheint. Zu erwarten ist noch eine Erhöhung von 5 bis 15 Prozent, die durch | |
mehr Effizienz kompensiert werden soll. Der Strom soll zur Gänze aus | |
erneuerbaren Quellen gewonnen werden. | |
Zufrieden mit den Bedingungen ist der Voestalpine-Chef aber noch nicht: | |
„Wir müssen darauf verzichten, Vorschriften der EU noch weiter zu | |
verschärfen“, erklärte er in Richtung neue Regierung. Gemeint ist vor allem | |
der Klimaschutz. Außerdem wünscht er sich mehr Forschungsförderung und | |
insgesamt ein günstigeres Investitionsklima. | |
Die Bildungspolitik solle sich endlich auf die Digitalisierung einstellen. | |
Das Regierungsprogramm sieht einen „Pakt mit der Wirtschaft“ vor, um | |
Glasfaser und Breitband auszubauen. Bis 2025 soll es eine landesweite | |
Versorgung mit Gigabit-Anschlüssen geben und ganz Österreich mit | |
5G-Mobilfunk abgedeckt sein. | |
Das neue Werk wird Edelstahl für Flugzeugteile, Werkzeuge für die | |
Autoindustrie und Ausrüstung für die Öl- und Gasexploration erzeugen. | |
Außerdem ist die Fertigung von Komponenten in 3D-Druck geplant. 2018 soll | |
Grundsteinlegung für das modernste Edelstahlwerk der Welt sein, 2021 soll | |
der Betrieb aufgenommen werden. | |
20 Dec 2017 | |
## AUTOREN | |
Ralf Leonhard | |
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