# taz.de -- Deutsch-türkische Beziehungen: Merkel und Erdogan reden wieder | |
> Nach monatelanger Pause telefoniert die Kanzlerin mit dem Präsidenten. | |
> Ein Versuch, die Beziehungen wieder zu normalisieren? | |
Bild: Da redeten sie noch dirket: Kanzlerin Angela Merkel und Recep Tayyip Erdo… | |
ATHEN taz | So langsam scheint sich in den deutsch-türkischen Beziehungen | |
wieder so etwas wie eine Rückkehr zur Normalität in den zwischenstaatlichen | |
Beziehungen anzubahnen. Zuerst war es Außenminister Siegmar Gabriel, der | |
Anfang November überraschend zu einem Kurzbesuch bei seinem türkischen | |
Amtskollegen Mevlüt Cavusoglu im Badeort Antalya auftauchte, dann | |
telefonierte Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier zwischen seinen | |
Koalitionsfindungsgesprächen am Mittwoch mit seinem Amtskollegen Recep | |
Tayyip Erdogan. Und nun griff auch Kanzlerin Angela Merkel zum Hörer. | |
Donnerstagabend telefonierte sie das erste Mal seit etlichen Monaten wieder | |
mit Erdogan. Nach Meldungen der türkischen staatlichen Nachrichtenagentur | |
Anadolu habe man vereinbart, den Beziehungen wieder einen „neuen Impuls auf | |
hoher Ebene zu geben“. | |
Außerdem habe Merkel versprochen dafür zu sorgen, dass die EU-Gelder, die | |
der Türkei im Rahmen des Flüchtlingsabkommens zugesagt worden sind, | |
schneller zu den türkischen Projektpartnern und an die türkische Regierung | |
fließen. | |
Darüber hinaus habe Erdogan die Kanzlerin über die Syriengespräche | |
informiert, die er mit den russischen und iranischen Präsidenten Putin und | |
Rohani geführt hat. | |
## Back to normal | |
Keine Rolle in den Gesprächen spielten offenbar die Nazi-Vorwürfe Erdogans | |
an Merkels Adresse. Gleichzeitig war aber auch nichts mehr davon zu hören, | |
dass Merkel Erdogan an das Schicksal der deutschen politischen Gefangenen | |
in der Türkei erinnert hätte. Oder, dass sie gar eine Aufhebung des | |
Ausnahmezustandes oder die Freilassung tausender anderer türkischer | |
Oppositioneller angemahnt hätte. | |
Nachdem sie nach eigenen Angaben noch vor wenigen Wochen dafür gesorgt | |
haben will, dass EU-Gelder, die an Beitrittskandidaten während des | |
Verhandlungsprozesses gezahlt werden, für die Türkei gekürzt wurden, weil | |
Demokratie und Rechtsstaatlichkeit stark gefährdet seien, ist nun wohl | |
wieder „Back to normal“ angesagt. | |
Es gibt viele Gründe, warum beide Seiten die schrillen Töne aus dem | |
Frühjahr und Sommer des Jahres wieder vergessen lassen möchten. Dazu | |
gehören von deutscher Seite die rund vier Millionen türkisch-stämmigen | |
Einwanderer, die aufgehetzt von Erdogan, zu einem größeren innenpolitischen | |
Problem werden könnten. | |
Dazu gehören aber auch die Interessen der vielen deutschen Firmen in der | |
Türkei und die Zusammenarbeit mit Erdogan in Syrien und anderen | |
Krisenherden im Nahen Osten. Erdogan dagegen braucht dringend wieder | |
bessere Kontakte zur EU und Deutschland, weil seine Wirtschaft kriselt und | |
er sich nicht gleichzeitig mit den USA und der EU streiten kann, ohne in | |
eine bedrohliche Isolation zu geraten. | |
Noch ist unklar, ob das Tauwetter, wenn schon nicht den türkischen | |
Demokraten, so doch wenigstens den deutschen politischen Gefangenen nutzt. | |
Bisher hieß es jedenfalls immer, solange Deniz Yücel, dessen U-Haft gerade | |
300 Tage erreicht hat, und die anderen neun Inhaftierten nicht freigelassen | |
werden, könne es keine Rückkehr zur Normalität geben. | |
1 Dec 2017 | |
## AUTOREN | |
Wolf Wittenfeld | |
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