# taz.de -- Türkischer Präsident in Athen: Eklat statt Charme | |
> Der türkische Präsident Erdoğan und sein griechischer Kollege Pavlopoulos | |
> tragen in Athen vor laufender Kamera ihren Dissens aus. | |
Bild: Keine diplomatische Meisterleistung: Erdoğan (links) mit dem griechische… | |
Athen taz | Der erste Besuch eines türkischen Staatspräsidenten in | |
Griechenland seit 65 Jahren hat am Donnerstag mit einem kleinen Eklat | |
begonnen: Nur wenige Minuten nachdem Erdoğan bei seinem griechischen | |
Amtskollegen Prokopis Pavlopoulos Platz genommen hat, kam es zu einem | |
offenen Dissens vor laufenden Kameras über den Lausanner Vertrag – ein | |
kompliziertes Rechtsabkommen, das unter anderem die Meeresgrenzen und die | |
Zugehörigkeit von Inseln in der Ägäis bestimmt. Auf die freundliche Mahnung | |
des Gastgebers hin, der Lausanner Vertrag sei nicht verhandelbar, sagte | |
Erdoğan, dass „sich vieles geändert hat“ seit dem Abschluss dieses | |
Vertragswerks. | |
Zudem beschwerte er sich über Armut und mangelnde Religionsfreiheit im | |
muslimisch geprägten griechischen Grenzgebiet Thrakien. Immer wieder sprach | |
Erdoğan von einer „türkischen Minderheit“ in der Region – damit brüski… | |
er die Gastgeber, da nach Athener Lesart in Thrakien keine „türkische“, | |
sondern eine „muslimische“ Minderheit lebt, der auch bulgarischstämmige | |
Griechen und Roma angehören. | |
Eigentlich hatte der Besuch Erdoğans in Athen Teil einer Charmeoffensive | |
des türkischen Präsidenten werden sollen, in dessen Verlauf er neben | |
Griechenland noch Polen und Tschechien besuchen will. Dass er gleich den | |
Lausanner Vertrag in den Mittelpunkt stellte, zeigt allerdings, dass | |
Erdoğan Außenpolitik vor allem aus innenpolitischen Motiven betreibt. In | |
dem Friedensvertrag von Lausanne sind nicht nur die Grenzen zwischen den | |
beiden Ländern geregelt, sondern auch die Rechte der jeweiligen | |
Minderheiten in beiden Ländern. Am Freitag will Erdoğan Thrakien besuchen. | |
Die Situation der Minderheit vor Ort „hat für mich Top-Priorität“, sagte … | |
vor dem Abflug. | |
Deutlich freundlicher gaben sich Erdoğan und Ministerpräsident Alexis | |
Tsipras nach ihrem Vier-Augen-Gespräch am Nachmittag. Wert legte der | |
Linkspremier auf das EU-Türkei-Flüchtlingsabkommen. Er und Erdoğan hätten | |
neue Sicherheitsmaßnahmen vereinbart, erklärte Tsipras. Erdoğan pochte | |
hingegen erneut auf die Auslieferung der zehn türkischen Offiziere, die | |
nach dem gescheiterten Putsch im Sommer 2016 ins Nachbarland geflohen | |
waren. | |
Erdoğan hat sich seit dem Putschversuch im Juli 2016 sowohl mit der EU als | |
auch mit den USA völlig überworfen. Griechenland sollte eigentlich ein | |
erster Schritt zur Reparatur der Beziehungen werden. In Athen hofft man, | |
dass das Flüchtlingsabkommen zwischen der Türkei und der EU weiterhin | |
eingehalten wird, damit nicht wieder mehr Flüchtlinge auf den griechischen | |
Inseln anlanden. | |
Außerdem würde ein Spannungsabbau in der Ägäis dem Tourismus in beiden | |
Ländern zugutekommen. „Wir wollen eine Wiederannäherung der Türkei an die | |
EU“, sagte Tsipras schon vor dem Eintreffen Erdoğans. | |
8 Dec 2017 | |
## AUTOREN | |
Wolf Wittenfeld | |
Jannis Papadimitriou | |
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