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# taz.de -- Asklepios-Mitarbeiterin klagt gegen Chef: Allein auf weitem Flur
> Klinikmitarbeiterinnen von Asklepios in Göttingen wehren sich gerichtlich
> gegen Abmahnungen. Sie hatten wegen Personalmangels eine
> Gefährdungsanzeige geschrieben
Bild: Wann ist das Personal ausreichend: Darüber gehen in Göttingen die Sicht…
GÖTTINGEN taz | Zwei Mitarbeiterinnen der psychiatrischen Asklepios-Klinik
in Göttingen wehren sich vor Gericht gegen Abmahnungen durch die Chefetage.
Während ein Fall zunächst im Rahmen eines sogenannten Gütetermins geklärt
werden soll, hat das örtliche Arbeitsgericht im anderen Fall für den 14.
Dezember eine Kammerverhandlung angesetzt.
Geklagt hat eine examinierte Gesundheits- und Krankenpflegerin. Sie war für
den 26. September 2016 gemeinsam mit einer Auszubildenden zu einem
Stationsdienst eingeteilt worden. Weil sie die Personalstärke für diese
Schicht nicht für ausreichend hielt, meldete sie sich zunächst bei dem
diensthabenden Pflegedienstleiter. Der veranlasste, dass die Station eine
weitere Auszubildende zugeteilt bekam. Gleichzeitig wurde der Frau
mitgeteilt, dass sie im Falle von unvorhersehbaren Arbeitsspitzen
Unterstützung von der Nachbarstation anfordern könne.
Die Pflegerin empfand die personelle Situation aber weiterhin als
unzureichend und schrieb eine sogenannte Gefährdungsanzeige. Nach Paragraf
16 des Arbeitsschutzgesetzes haben Beschäftigte dem Arbeitgeber oder dem
zuständigen Vorgesetzten „jede von ihnen festgestellte unmittelbare
erhebliche Gefahr für die Sicherheit und Gesundheit sowie jeden an den
Schutzsystemen festgestellten Defekt unverzüglich zu melden.“
Die Klinik reagierte mit besagter Abmahnung. Begründung: Die
Überlastungsanzeige sei unberechtigt erfolgt, die Zahl der auf der Station
eingesetzten Mitarbeiter – eine Fachkraft und zwei Auszubildende – durchaus
ausreichend gewesen. Im Wiederholungsfall „müssen Sie mit weiteren
Konsequenzen bis zu einer Kündigung rechnen“, heißt es in dem
Abmahnungsschreiben.
Bei Asklepios gebe es ein sehr breites Meldesystem, um auf besondere
Vorkommnisse, Überlastungen oder auch Gefährdungssituationen hinzuweisen,
ergänzt ein Konzern-Sprecher. Die Mitarbeiter seien ausdrücklich
aufgefordert, dieses System auch sachgerecht zu nutzen. Es sei aber
unzulässig, objektiv falsche und unzulässige Meldungen zu verfassen und so
das Instrument der Gefährdungsanzeige für gewerkschaftliche Interessen zu
missbrauchen.
Die Pflegerin hält die Abmahnung für unwirksam und verlangt in ihrer Klage
die Löschung aus der Personalakte. Als Arbeitnehmerin sei sie verpflichtet,
auf aus ihrer Sicht bestehende Gefahren hinzuweisen. Es komme hier
ausschließlich auf die subjektive Einschätzung des oder der Beschäftigten
und nicht auf die Einschätzung des Arbeitgebers an. Im Übrigen gefährde das
Vorgehen der Klinikleitung das Patientenwohl: Denn aus Angst vor einer
Abmahnung würden sich Mitarbeiter künftig nicht mehr trauen, auf
Gefährdungssituationen hinzuweisen.
Unterstützung erfährt die Klägerin von der Gewerkschaft. Der Arbeitgeber
wolle offenbar „mit allen Mitteln verhindern, dass die Beschäftigten
Gefährdungs- und Überlastungssituationen dokumentieren und ihrer
Geschäftsführung melden, wie vom Gesetz gefordert“, sagt ver.di-Sekretärin
Julia Niekamp. Das Vorgehen der Klinikleitung „toppt alles, was wir bereits
bei Asklepios kennengelernt haben“.
Hier werde versucht, massiv Beschäftigte einzuschüchtern, die nicht bereit
seien, eine Gefährdungssituation in der Klinik hinzunehmen. „Und natürlich
kalkuliert eine Klinikleitung damit, dass sich immer weniger Mitarbeiter
trauen, noch Gefährdungsmeldungen zu schreiben, wenn sich eine solche
Abmahnung mit Kündigungsandrohung erstmal im Betrieb ’rumspricht“.
Niekamp weiß auch von weiteren Asklepios-Beschäftigten, die in der
Vergangenheit Gefährdungsmeldungen gemacht haben. Sie seien anschließend
von der Leitung zum Gespräch einbestellt und gedrängt wurden, die Meldung
zurückziehen. Es sei deshalb „gar nicht hoch genug einzuschätzen, dass
diese Frauen bereit sind und den Mut haben, gegen ihre Klinikleitung auf
Löschung dieser skandalösen Abmahnungen zu klagen“.
22 Nov 2017
## AUTOREN
Reimar Paul
## TAGS
Pflege
Klinik
Asklepios
Asklepios
Schwerbehinderter
Hamburg
Krebs
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