# taz.de -- Klinik-Privatisierung in Hamburg: Hamburg übern Tisch gezogen | |
> Der „Spiegel“ deckte Details zum Verkauf der städtischen Kliniken Hamburg | |
> auf. Der Krankenhausverband verlangt, den Handel rechtlich zu prüfen. | |
Bild: Weg mit Schaden? Das Hochhaus des Klinikums in Hamburg-Altona | |
HAMBURG taz | Der Spiegel wühlt den Konflikt um die 2004 privatisierten | |
Hamburger Kliniken neu auf. Im aktuellen Heft berichtet das Magazin nicht | |
nur über Zustände in den Klinken, sondern auch über das Vertragswerk, mit | |
dem der damalige CDU-Senat die Krankenhäuser an Asklepios verkauft hat. Die | |
Stadt besitzt zwar 25,1 Prozent ihrer Anteile, doch ihre drei Vertreter im | |
Aufsichtsrat haben offenbar wenig zu sagen. | |
Sollten sie etwa gegen einen von Asklepios vorgeschlagenen Geschäftsführer | |
stimmen, hat sich die Stadt zu deren Abberufung verpflichtet. Auch bei der | |
Wahl der Aufsichtsratmitglieder ließ sich Hamburg laut Spiegel dazu | |
verpflichten, „ihr Stimmrecht zu Gunsten der vom Investor vorgeschlagenen | |
Personen“ auszuüben. Zudem könne Asklepios wichtige Fragen über den | |
Wirtschaftsplan und Gewinnziele im Alleingang entscheiden. | |
„Wer glaubt haben sollte, dass zum Verkauf des früheren Landesbetriebs | |
Krankenhäuser Hamburg schon alles gesagt war, wird sich ungläubig die Augen | |
reiben“, kommentiert dies Bernhard Ziegler vom Interessenverband kommunaler | |
Krankenhäuser. Da Vermögensschäden für Hamburg nicht ausgeschlossen werden | |
könnten, sollte nun die Staatsanwaltschaft Ermittlungen von Amts wegen | |
einleiten und die „Geheimverträge“ überprüfen, fordert er. | |
Doch bei der Staatsanwaltschaft ist dies „derzeit kein Thema“, wie eine | |
Sprecherin erklärt. Man lese keine Zeitung, um dort nach | |
Ermittlungsansätzen zu suchen. Die Linksfraktion fordert dagegen Aufklärung | |
im Parlament. | |
„Es gibt den Verdacht der Schädigung städtischer Interessen“, sagt deren | |
Abgeordneter Deniz Celik. Die Gesundheitsbehörde könne heute die | |
Personalausstattung in den Kliniken kaum noch kontrollieren. Celik will nun | |
SPD und Grüne um Hilfe bei einem Aktenvorlageersuchen bitten. Ob das | |
Aussicht auf Erfolg hat, ist fraglich: Die Linke hatte bereits im Januar | |
2015 vergeblich die Offenlegung dieser Verträge beantragt. Als die damalige | |
CDU-Alleinregierung den umstrittenen Deal durchsetzte, war die Linke noch | |
nicht im Parlament. | |
Und SPD und Grüne erklären, sie wissen Bescheid: „Dass der Vertrag für | |
städtische Interessen suboptimal ist, ist nicht unbekannt“, sagt | |
SPD-Fraktionschef Andreas Dressel. Es gebe eine „echte Schlagseite“. Die | |
CDU habe damals schlecht verhandelt. Gleichwohl seien die Verträge „nicht | |
sittenwidrig“. Man versuche nun, den wenigen Einfluss „robuster“ zu nutze… | |
Der Asklepios-Konzern reagiert mit einer Stellungnahme auf den | |
Spiegel-Bericht, will sich auf taz-Anfrage aber nicht zu den Verträgen | |
äußern. Der damals federführende Ex-Finanzsenator Wolfgang Peiner (CDU) | |
wies im Abendblatt alle Vorwürfe zurück. Es gebe keine Geheimabsprachen, | |
sondern „einen Kaufvertrag und einen Gesellschaftervertrag“. Es sei doch | |
„völlig klar, dass ein Unternehmen, das eine Mehrheit von 74,9 Prozent | |
kauft, auch die Geschäfte führt und den Geschäftsführer bestimmt“. Die | |
Verträge hätten offengelegen, sagt er, und die Abgeordneten sie gesehen. | |
In der Tat gab es im Januar 2005 schon eine Aktenvorlage. Einer, der | |
reinguckte, war der SPD-Politiker Martin Schäfer. „Ich ging davon aus, dass | |
die Verträge juristisch in Ordnung sind“, sagt der heute. „Möchte jemand | |
das juristisch überprüfen, soll er es tun.“ Das fordert nun die parteilose | |
Abgeordnete Dora Heyenn. „Der Senat muss die Verträge rechtlich untersuchen | |
lassen.“ Außerdem gehörten sie veröffentlicht. | |
Heyenn hält eine Volksinitiative für denkbar, die den Senat auffordert, | |
„alles erdenkliche für eine Re-Kommunalisierung der Kliniken zu tun“. | |
23 Dec 2016 | |
## AUTOREN | |
Kaija Kutter | |
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