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# taz.de -- SPD-Minister Backhaus über Raubtiere: „Zahl der Wölfe festlegen…
> Zählt man Deutschlands und Polens Tiere zusammen, sei die Population groß
> genug, sagt Mecklenburg-Vorpommerns Umweltminister Backhaus.
Bild: Wölfe: Hat Deutschland schon genug Exemplare?
taz: Herr Backhaus, wie kommen Sie zu der Annahme, dass wir in Deutschland
schon genug Wölfe hätten und sie deshalb bejagen müssten?
Till Backhaus: Wissenschaftler sprechen immer davon, dass eine Population
ausreichend stabil ist, so lange sie mindestens aus 1.000 Tieren besteht.
Diese Schwelle haben wir bereits überschritten, wenn wir nicht nur die
deutlich über 60 Rudel in Deutschland, sondern auch die 70 in Polen
mitrechnen. Da jedes Rudel im Durchschnitt aus cirka 10 Tieren besteht,
haben wir also mehr als 1.300 Wölfe.
Kann man die polnischen und deutschen Wölfe einfach zusammenzählen?
Die Tiere in Westpolen und die in Deutschland bilden laut Bundesamt für
Naturschutz die „Zentraleuropäische Flachlandpopulation“. Meiner Meinung
nach tauscht sie sich auch mit der Population in Ostpolen aus. Das ist die
alte Wolfsroute von Russland bis nach Frankreich.
Das sieht das Bundesamt, das Ihrer Parteifreundin und
Bundesumweltministerin Barbara Hendricks untersteht, aber anders. Die
genetischen Unterschiede seien zu groß, um von einer Population zu
sprechen.
Da gibt es eben unterschiedliche Haltungen. Die Wolfsexperten, die sich vor
Ort mit diesem Problem auseinandersetzen, sind dichter dran als das
Bundesamt. Bei uns in Mecklenburg-Vorpommern greifen nach genetischen
Untersuchungen sehr wohl polnische Wölfe in diese Population ein. Das ist
doch so sicher wie das Amen in der Kirche, dass der Wolf keine
Staatsgrenzen kennt.
Welche Konsequenzen sollte die Politik aus diesen Zahlen ziehen?
Die Frage, die wir endlich deutschlandweit einheitlich klären müssen,
lautet: Was ist der gute Erhaltungszustand, den das Naturschutzrecht
verlangt, um den Schutzstatus des Wolfs zu senken? Anders gesagt: Wir
müssen festlegen, wie viele Wölfe wir brauchen und vertragen. Bisher gibt
es da verschiedene Meinungen unter einigen Ländern und dem
Bundesumweltministerium. Ich erwarte, dass das bei der Konferenz der
Umweltminister ab Mittwoch in Potsdam beantwortet wird.
Kritik gibt es vor allem von Landwirten, die ihre Tiere nicht nur im Stall,
sondern draußen halten. Denn Wölfe töten immer mehr Weidetiere. Was müssen
die Behörden da tun?
Die Minister müssen bundeseinheitlich festlegen, was ein auffälliger Wolf
ist, der getötet werden muss. Mich fasziniert der Wolf auch. Er hat als
ehemals ausgestorbene Art auch ein Recht, in Deutschland zu leben. Aber wir
müssen ein deutschlandweit einheitliches und rechtssicheres Verfahren zur
Entnahme von Wölfen oder ganzen Rudeln haben, die permanent in
Nutztierbestände eingreifen. Auffällig ist für mich nicht nur ein Wolf, der
Menschen gefährlich wird.
Sollte ein Wolf getötet werden, wenn er die Schutzmaßnahmen überwunden hat,
die die Länder als Bedingung für Entschädigungszahlungen verlangen?
Ja, das sehe ich so. In dem Fall muss der Tierhalter nicht erst einen noch
besseren Zaun bauen oder Herdenschutzhunde anschaffen. Wenn alle
erforderlichen Präventionsmaßnahmen tatsächlich nicht mehr ausreichen,
sollte die Tötung des Wolfs erlaubt werden. Sachsen hat das ja gerade
versucht, aber dagegen hat die Grüne Liga geklagt. Es mangelt eben an einem
rechtssicheren und bundeseinheitlichen Verfahren. Hier muss der Bund
endlich nachlegen.
Die Bauern werden doch für getötetes Vieh entschädigt. Warum sind Risse so
schlimm?
Ein einzelnes Kalb zu verlieren, ist nicht schön, aber das kann man
verkraften. Viel schlimmer ist, dass die Tiere dann ausbrechen – eventuell
auf Straßen und Bahnlinien – oder andere Schäden anrichten. Wir wollen die
Tierhaltung in der freien Landschaft weiter ermöglichen, auch aus
Umweltschutz- und Tierwohlgründen. Und die Landwirtschaft ist bei uns ein
wichtiger Wirtschaftszweig.
13 Nov 2017
## AUTOREN
Jost Maurin
## TAGS
Landwirtschaft
Polen
Naturschutz
Wölfe
Mecklenburg-Vorpommern
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Schäfer
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Wolfsberater
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