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# taz.de -- Jugendserien im deutschen TV: Endlich gutes Fernsehen für alle
> Serien mit jungen Protagonisten sind in Deutschland sehr erfolgreich –
> auch bei Erwachsenen. Das zeigt nicht nur der „Club der roten Bänder“.
Bild: Der Cast von „Club der roten Bänder“
Vor zwei Jahren sorgte der Kölner Fernsehsender VOX für eine Überraschung
im deutschen Serienfernsehen. RTL fiel gerade mit der von Kritikern zwar
viel gelobten und bereits vor dem deutschen TV-Start im US-Fernsehen
ausgestrahlten Vorzeige-Produktion „Deutschland 83“ quotentechnisch durch.
Das schien ein weiteres Mal zu bestätigen, dass sogenannte Qualitätsserien
zur Hauptsendezeit kein großes Publikum finden. Doch ausgerechnet der
kleine Geschwistersender VOX überzeugt mit seiner ersten fiktionalen
Eigenproduktion „Club der roten Bänder“ nicht nur Kritiker, sondern fuhr
auch ausgezeichnete Quoten ein, die mit der zweiten Staffel im Folgejahr
sogar weiter stiegen.
Eines der Alleinstellungsmerkmale ist, dass in dieser Krankenhausserie eben
nicht Ärzte und Pfleger im Mittelpunkt stehen, sondern die schwerkranken
jugendlichen Patienten und ihre Freundschaft untereinander. Die Autoren
Arne Nolting und Jan Martin Scharf haben die Serie entsprechend dem
katalanischen Vorbild „Polseres vermelles“ adaptiert. Dass es „Club der
roten Bänder“ trotz der Themenschwere schafft, eine gleichermaßen
dramatische wie auch lustige Geschichte zu erzählen, ist ein weiteres
Merkmal.
Doch wer sie deswegen „nur“ als Jugendserie abqualifiziert, liegt daneben.
Natürlich wird hier eine junge Zielgruppe angesprochen, doch zeigt die
Serie vor allem, dass im deutschen Fernsehen immer noch
generationenübergreifend erzählt werden kann, wenn es denn gut und
originell geschieht. „Es ist unserer Meinung nach viel relevanter, ob
Thema, Geschichte und vor allem die Emotionen stimmen, als dass das Alter
der Figuren und der Zuschauer unbedingt übereinstimmen muss“, sagen Nolting
und Scharf. „Wenn das Problem einer Figur stark und nachvollziehbar und
spannend erzählt ist, kann ich mich als Zuschauer damit identifizieren und
mitbangen.“
Tatsächlich hat sich diese Meinung für die Branche mittlerweile im großen
Stil bestätigt. So hatte man beim Streaming-Portal Netflix im Vorfeld kaum
mit dem riesigen Erfolg seiner Mystery-Serie „Stranger Things“ gerechnet,
die ihre Geschichte im 80er-Retro-Look ebenfalls überwiegend aus der Sicht
einer Gruppe sehr junger Figuren erzählt. „Mit den jungen Hauptdarstellern
haben wir ja quasi Experten an unserer Seite, mit denen wir Text und Dialog
auf Frische und Authentizität überprüfen können“, sagt das Autorenteam
Nolting/Scharf. „Wichtig ist uns auch, sich sprachlich nicht zu arg einer
wie auch immer gerasterten ‚Jugendsprache‘ anzudienen, das wirkt halt
wahnsinnig schnell aufgesetzt.“
Diese Ehrlichkeit nimmt man weiterhin ernst. So haben Sender, Produktion
und Autoren entschieden, die Geschichte nach der nun anlaufenden dritten
Staffel nicht fortsetzen zu wollen, da sie an ihrem natürlichen Ende
angelangt sei. Auch das sorgt für Glaubwürdigkeit.
Dass es in Deutschland immer mehr gelungene junge Formate gibt, die es
schaffen, überzeugende und zeitgemäße Serienstoffe zu erzählen, zeigt auch
das öffentlich-rechtliche Jugendangebot Funk. Der Mystery-Thriller
„Wishlist“, für den der Aufraggeber Radio Bremen auf das Konzept einer
Gruppe YouTuber aus Wuppertal zurückgriff und auch die gesamte Umsetzung
den jungen Filmemachern überließ, wurde bereits mit dem Deutschen
Fernsehpreis, dem Grimme-Preis und dem Webvideopreis ausgezeichnet und ist
auch abruftechnisch einer der Hits von Funk. Hier laufen auch die acht
Folgen von „Girl Cave“, eine wunderbar nerdige Geschichte aus der Sicht
dreier Schülerinnen in einer öden Kleinstadt auf dem Weg zum
Erwachsenwerden. „Girl Cave“-Produzent Memo Jeftic weiß, dass sich mit
Coming-of-Age-Geschichten wie dieser halt nicht nur die direkt Betroffenen
angesprochen fühlen: „Es sind eben auch Themen, die uns ein Leben lang
begleiten werden.“
10 Nov 2017
## AUTOREN
Jens Mayer
## TAGS
Fernsehen
Jugend
Fernsehserie
Radio Bremen
Soap
Fernsehen
Liebeserklärung
Fernsehen
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