# taz.de -- Fernsehen in der Hauptstadt: RBB soll jetzt frischer werden | |
> Das Fernsehprogramm des RBB gilt bislang nicht gerade als Quelle heißer | |
> News und zeitgemäßer Unterhaltung. Das soll nun eine Programmreform | |
> ändern. | |
Bild: Professor Dr. Fritz Schröter erklärt am 22.3.1960 während der Jubiläu… | |
Wer heute in Neukölln unter Zwanzig- bis Vierzigjährigen eine | |
Straßenumfrage zum Thema RBB durchführen würde, der würde wohl vor allem | |
Schulterzucken ernten. Den meisten fiele wohl höchstens noch der „Tatort“ | |
ein – oder vielleicht Kurt Krömer, der ja nun leider seit Längerem schon | |
kein Fernsehen mehr macht. | |
Für viele verbindet sich mit dem RBB wohl eine Art Piefigkeit, wie sie | |
SFB-Produktionen wie „Liebling Kreuzberg“ oder „Drei Damen vom Grill“ | |
vermitteln, wenn man sie heute guckt. Zur Erinnerung: Der SFB fusionierte | |
vor 14 Jahren mit dem ORB zum RBB. | |
Das Problem: Auch nach 14 Jahren interessiert sich der durchschnittliche | |
Berliner weit weniger für Brandenburgs schönste Bahnstrecken als der | |
Hamburger für die in Schleswig-Holstein. Es gibt ein Stadt-Land-Gefälle, | |
das auch ein Ost-West-Gefälle ist. Der Spagat, alle abzuholen, ist weit | |
größer als der, den andere Dritte Programme schaffen müssen. | |
Außerdem war der RBB bislang so arm wie sein Publikum – erst seit der | |
Einführung der Rundfunkgebühren pro Haushalt geht es ökonomisch aufwärts. | |
## Quotenproblem | |
Der RBB kämpft also seit je mit einem Image- und daher auch einem | |
Quotenproblem. Nur etwa sechs Prozent der fernsehenden Berliner und | |
Brandenburger schalteten zuletzt den RBB ein. Damit war der Ländersender | |
lange das Schlusslicht, erst seit Kurzem wird der Hessische Rundfunk (HR) | |
als noch schwächeres Dritte Programm der ARD gelistet. | |
„Wir werden uns da rausarbeiten“, sagte daher am Dienstagvormittag Patricia | |
Schlesinger, Intendantin des RBB seit 15 Monaten, bei der Vorstellung der | |
zweiten Etappe der Programmreform in der erst vor wenigen Wochen eröffneten | |
RadioEins-Dachlounge in der 14. Etage des Fernsehzentrums am | |
Theodor-Heuss-Platz. Von Anfang an war Schlesingers Devise, das | |
Fernsehprogramm des RBB müsse „mutiger, kantiger und wahrnehmbarer“ werden, | |
bereits im Frühling ging eine neue Verbrauchermagazin „Super.Markt“ an den | |
Start. | |
Nun also der bislang größte Aufschlag: Eine Imagekampagne in Knallrot | |
(statt bislang Ochsenblut) und zugegeben selbstironischen Plakaten. Ab | |
nächster Woche wird es Sendungen geben, die im neuen Licht erstrahlen („RBB | |
aktuell“ und „Täter Opfer Polizei“), auch neue Formate wie „Erlebnis | |
Geschichte“. | |
Vor allem aber: Es gibt eine Sendung, wie sie bislang im deutschen | |
Fernsehen noch nicht versucht wurde. Am 7. September wird erstmals die | |
„Abendshow“ ausgestrahlt, die als „lässiges Metropolenmagazin“ beworben | |
wird, „so gemein und schmutzig wie Berlin“. | |
## Großes Wagnis | |
Man ist sich einig im Sender: Die „Abendshow“ ist bislang das größte Wagn… | |
der RBB-Programmreform. Sie soll so lustig werden wie ihre Namensgeberin | |
„heute-show“, gleichzeitig aber auch informativ – ja investigativ. Das, w… | |
man als interessierter Zuschauer in Trailern oder auf YouTube aus der | |
„Abendshow“ bislang aufschnappen durfte, ist nicht unlustig – zum Beispiel | |
eine Verballhornung der Berliner Partypolizisten in einem Musikvideo. | |
Auch die Moderatoren sind vernünftig: Marco Seiffert kannte man bislang aus | |
dem „Schönen Morgen“ bei Radio Eins – als Typ, der Politiker am Telefon | |
manchmal schön in den Schwitzkasten nimmt. Britta Steffenhagen überzeugt | |
durch ihre Berliner Schnauze, bekannt wurde sie als Ensemblemitglied der | |
„Rixdorfer Perlen“ im Heimathafen Neukölln. | |
Man weiß nicht, was aus der „Abendshow“ wird, die übrigens bei der | |
Premierenausgabe auf dem Flughafen BER ausgestrahlt wird. Wird man als | |
Zuschauer tatsächlich Themen finden, die man nirgendwo anders findet, noch | |
dazu charmant aufbereitet? Oder wird man sich eher fremdschämen müssen? | |
So oder so: Die Programmreform war nötig, damit nicht jeder nur noch an | |
Manfred Krug und Günther Pfitzmann denkt, wenn er nach dem RBB gefragt | |
wird. | |
29 Aug 2017 | |
## AUTOREN | |
Susanne Messmer | |
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