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# taz.de -- Neue Live-Show beim RBB: Die zwei von der Baustelle
> Die „Abendshow“ soll das Image des Rundfunk Berlin-Brandenburg
> verbessern. Sie schafft es jedenfalls, zu überraschen.
Bild: Britta Steffenhagen moderiert die „Abendshow“, jetzt immer donnerstag…
„Achtung!“, brüllt jemand aus dem Nirgendwo – und los geht’s.
45 Minuten „live von der glamourösesten Baustelle, die Berlin zu bieten
hat“, ruft Moderatorin Britta Steffenhagen gegen den Applaus an.
45 Minuten „bloß nicht langweilen“, wie der Rundfunk Berlin-Brandenburg
gerade auf vielen, vielen Plakaten in der Hauptstadt verspricht.
45 Minuten die „Abendshow“.
45 Minuten Zeit, um das bei den Quoten so schwächelnde RBB-Fernsehen zu
retten?
Das weist Steffenhagen weit von sich: „Wir sind keine Retter, wir sind
Spieler“, sagt sie der taz.
Und am letzten Donnerstag ist den Spielern erstmals der Teppich ausgerollt
worden.
Der Erste, der ihn nach Steffenhagen und ihrem Moderationskollegen Marco
Seiffert betritt, ist Engelbert Lütke Daldrup. Der Flughafenchef ist der
Gastgeber an diesem Abend. Die Premiere der „Abendshow“ kommt aus dem
Nordpier der Realsatire BER. Ab diesen Donnerstag, wenn um 20.15 Uhr die
zweite „Abendshow“ ansteht, wird aus der RBB-Zentrale an der Berliner
Masurenallee gesendet.
Lütke Daldrup sagt natürlich nicht „Realsatire“, wenn er über den BER
spricht, Lütke Daldrup sagt „Baukatastrophe“ (insgesamt viermal), wobei er
seinen Job darin sieht, ebenjene „Baukatastrophe“, die ihm andere
hinterlassen haben, endlich zu beseitigen. Dann darf das Publikum ihm ein
paar Fragen stellen. Die Beatsteaks treten noch auf, in einem Einspieler
trifft ein „Punk“ auf einen „Dandy“.
Immer wieder weiß man allerdings nicht so recht, wo man jetzt gelandet ist.
Wenn erst ein ganz ernster Film über einen Drogentaxifahrer gezeigt wird
und anschließend der Herr Schremm vom Drogendezernat des Landeskriminalamts
erklärt, was seine Behörde alles gegen den Drogenhandel unternimmt – ist
das nicht eigentlich „Stern TV“?
Wenn der Reinickendorfer CDU-Chef Frank Steffel zum „Held der Woche“
erklärt wird – ist das „extra3“?
Wenn Steffenhagen sich hinter einen Schreibtisch setzt und sich in einem
Kommentar über Berlin und seine Flughäfen auskotzt, während eingespielte
Grafiken um sie herumschwirren – ist das dann Late Night nach US-Vorbild,
„The Daily Show“?
Und wenn am Ende alle Gäste und ModeratorInnen mit Papierfliegern auf
mögliche BER-Starttermine zielen – ist das schon „Zimmer frei“?
## Alles andere als perfekt
Was ist eigentlich die Klammer, die die ganze Show zusammenhält? „Das es
live ist“, sagt Steffenhagen, „dass die Show echt ist, dass jeder Fehler,
jeder Fleck, alles mitgesendet wird.“ Gegen die „Abendshow“ wirken viele
andere Showformate tatsächlich glatt. Perfekt. Sie gönnen sich den Luxus,
nachträglich schneiden zu können.
Die „Abendshow“ ist in ihrer ersten Ausgabe nicht perfekt.
Aber genau damit, mit diesen Irritationen, mit dieser Verweigerung, sich in
eine Rubrik pressen zu lassen, will Steffenhagen punkten. Sie will eine
Show machen, „an die die Leute schreiben, sich Themen wünschen, sagen, was
sie mögen, was sie blöd fanden, die sie sich live im Studio anschauen
wollen“.
Denn genau daran krankt das RBB-Fernsehen: Es identifizieren sich zwar
viele der zugezogenen Berliner mit ihrem Kiez, mit ihrer Stadt, aber so
weit, den RBB einzuschalten, geht die Liebe dann doch nicht. „Die
Identifikation mit einer Sache oder einer Stadt, die so undefiniert ist wie
Berlin, fällt einfach schwer“, sagt Steffenhagen. Vielleicht können genau
die mit etwas so Undefiniertem wie der „Abendshow“ abgeholt werden.
Steffenhagen kennt sich zumindest damit aus, eine Show zu machen, die die
Leute anzieht, eine Show, die man nicht nur hören, sondern auch so richtig
live sehen will. Sie hat beim RBB-Hörfunksender Radioeins die „Radio Show“
mitentwickelt: Nach Vorbild der alten Radioshows wird auf der Bühne des
Heimathafens Neukölln zwei Stunden lang Radio von Hand gemacht: jeder
Jingle, die Nachrichten, Verkehr, Wetter, Musik – alles live. Jede Folge
ist trotz aller Proben, trotz des Aufwands immer Work in Progress. Fehler
sind da Teil des Programms. Dafür gab es gerade den Radiopreis.
Und jetzt brechen sie und ihr Kollege Marco Seiffert (der auch von
Radioeins kommt) eben beim Fernsehen mit den Gewohnheiten. Bei der
„Abendshow“-Premiere passte noch längst nicht alles. Aber soll man dem
sonst so mutlosen öffentlich-rechtlichen Fernsehen – und im speziellen dem
RBB – tatsächlich vorwerfen, dass er sich mal was traut?
14 Sep 2017
## AUTOREN
Jürn Kruse
## TAGS
Engelbert Lütke Daldrup
RBB
Flughafen Berlin-Brandenburg (BER)
RBB
RBB
Fernsehen
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