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# taz.de -- Alpen-Schutzzone soll für Lift weichen: Pfiat di, Birkhuhn!
> Der Bayerische Landtag dürfte die Skischaukel am Riedberger Horn
> bewilligen. Naturschützer protestieren und wollen dagegen klagen.
Bild: Blick vom Gipfel des Riedberger Horns in Richtung des Skigebiets
München taz | Kuhhandel, Taschenspielertricks, Augenwischerei – das Urteil
der Gegner ist eindeutig: Was der Bayerische Landtag am Donnerstag aller
Voraussicht nach mit den Stimmen der CSU-Mehrheit beschließen wird, ist ein
Skandal. Auf der Tagesordnung der Sitzung steht ein Punkt, der eine hitzige
Diskussion erwarten lässt: „Antrag der Staatsregierung: Zustimmung zum
Entwurf einer Verordnung über das Landesentwicklungsprogramm Bayern“, heißt
es dort. Doch es geht unter anderem um die Änderung des Alpenplans. Der
soll die umstrittene Skischaukel am Riedberger Horn ermöglichen.
Die Gemeinden Balderschwang und Obermaiselstein im Oberallgäu wollen mit
der neuen Liftanlage ihre Skigebiete verbinden und so der österreichischen
Konkurrenz im Wettstreit um Skitouristen trotzen. Dieser wird angesichts
ausbleibenden Schnees immer unerbittlicher geführt.
Mit moderneren Anlagen oder stärkeren Schneekanonen hoffen sich die
Winterressorts ein Stück des kleiner werdenden Kuchens zu sichern. Die
bayerische Staatsregierung will nun für das Liftprojekt eine Fläche von 80
Hektar aus der strengsten Alpen-Schutzzone C herausnehmen. Im Gegenzug soll
eine Fläche von 304 Hektar aufgenommen werden.
Opposition und Naturschutzverbände sind gegen das von Heimatminister Markus
Söder vorangetriebene Projekt. Einzigartige Naturschutzgebiete würden
zerstört, das vom Aussterben bedrohte Birkhuhn verlöre einen seiner letzten
Zufluchtsorte.
„Bei einem zustimmenden Votum würden die verantwortlichen Politiker den
Wildtier-Lebensraum am Riedberger Horn opfern und gleichzeitig die
bayerische Forstpolitik der vergangenen Jahre ad absurdum führen“, sagt
Andreas Kinser von der Deutschen Wildtier Stiftung. Schließlich sei der
dortige Wald, der nun gefällt werden soll, über Jahrzehnte hinweg mit
Steuermitteln aufwendig saniert worden.
## Präzedensfall zur Aushöhlung des Alpenplans
Die Vergrößerung der Schutzzone C an anderer Stelle halten die Kritiker für
ein Täuschungsmanöver. Schließlich sei es nicht Sinn und Zweck einer
Schutzzone, sie immer dorthin zu verschieben, wo gerade keine Erschließung
geplant sei, sagt Hubert Weiger, der Vorsitzende des BUND.
Gleichermaßen äußern sich seit Langem auch Alpenverein und Landesbund für
Vogelschutz (LBV). Und natürlich die Opposition. Söder wolle als Ersatz für
die Umweltzerstörung am Riedberger Horn zwei Gipfel unter Schutz stellen,
die schon längst unter Naturschutz stehen, sagt Florian von Brunn von der
SPD. Selbst die CSU-Umweltministerin hält nichts von der Skischaukel.
Vor allem fürchten die Gegner einen Präzedenzfall: Den Alpenplan gibt es
bereits seit 45 Jahren. Noch nie wurde er geändert. Weiger spricht von der
Gefahr eines Dammbruchs, eine Ausnahmegenehmigung werde andere Ausnahmen
nach sich ziehen. Die Verbände haben bereits angekündigt, gegen die
Entscheidung vor Gericht zu ziehen. Auch 80 Prozent der Bayern lehnen einer
LBV-Umfrage zufolge den Bau der geplanten Skischaukel ab.
Bayerns Ministerpräsident Horst Seehofer dagegen unterstützt das Projekt
und verweist auf die Menschen vor Ort: „Wenn eine Bevölkerung aus einer
Region ein Anliegen hat, dann achte ich auf ein solches“. In den beiden
betroffenen Gemeinden hatten sich im September letzten Jahres 68,3
beziehungsweise 85 Prozent in einer Bürgerbefragung für die Skischaukel
ausgesprochen.
Insgesamt 1.125 Einwohner waren damals zur Abstimmung aufgerufen. Doch es
gibt auch Widerstand. „Im Freundeskreis Riedberger Horn“ organisierten sich
die regionalen Kritiker. Die Initiative hat rund 2.500 Unterstützer.
8 Nov 2017
## AUTOREN
Dominik Baur
## TAGS
Alpen
Freistaat Bayern
Naturschutz
Flüsse
Markus Söder
Skitourismus
Alpen
Ski
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