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# taz.de -- Libanon wieder ohne Regierung: Saad Hariri wirft das Handtuch
> Der Hintergrund der jüngsten politischen Krise in Beirut ist der Streit
> zwischen Iran und Saudi-Arabien um die regionale Vormacht.
Bild: Gute Freunde: Der saudische Kronprinz Mohammed bin Salman (r.) und der li…
Die Nachricht kam aus heiterem Himmel – möglicherweise sogar im wörtlichen
Sinne. Unterwegs nach Saudi-Arabien, wo er vergangene Woche bereits
Kronprinz Mohammed bin Salman getroffen hatte, gab Libanons Regierungschef
Saad Hariri am Samstag dem Kabinett in Beirut seinen Rücktritt bekannt.
Nach seiner Ankunft in der saudischen Hauptstadt Riad wetterte er in einer
Fernsehansprache gegen den Iran und die schiitische Hisbollah-Miliz.
„Das Böse, das der Iran in der Region verbreitet, wird nach hinten
losgehen“, sagte Hariri laut der Nachrichtenagentur Associated Press und
fügte hinzu, dass sein Leben bedroht sei. In den Libanon wird er jetzt
nicht zurückkehren.
Hariri erinnerte an seinen Vater, der im Jahr 2005 bei einem Anschlag
getötet wurde. Dafür müssen sich mehrere Vertreter der Hisbollah vor dem
Libanon-Tribunal im niederländischen Den Haag verantworten. Der Anschlag
auf Rafik Hariri, bei dem 22 weitere Menschen starben, destabilisierte den
Libanon und führte zum Abzug der syrischen Truppen aus dem Land.
Saudische Regierungsvertreter stellten sich am Wochenende hinter Hariri und
sagten, die persönliche Sicherheit des libanesischen Ministerpräsidenten
sei potentiell gefährdet.
## Die Spaltung des Landes konnte Hariri nicht verhindern
Das iranische Außenministerium wies Saad Hariris Vorwurf zurück, der Iran
habe im Libanon einen „Staat im Staat“ geschaffen. „Die Wiederholung der
unbegründeten Anschuldigungen“ gegen den Iran zeige, dass Hariris Rücktritt
„Teil eines neuen Szenarios ist, um Spannungen im Libanon und in der Region
zu schüren,“ sagte Außenamtssprecher Bahran Ghassemi in Teheran.
Saad Hariri war seit Ende 2016 – nach einem Machtvakuum von 29 Monaten –
Ministerpräsident einer Regierung der Nationalen Einheit. Die Spaltung des
Landes konnte er jedoch nicht überwinden. Dem politischen Lager Hariris
steht das der Hisbollah gegenüber.
Bei seiner Amtsübernahme hatte Hariri versprochen, er werde das Land vor
den negativen Folge der „syrischen Krise“ schützen. Im Libanon mit seinen
über sechs Million Einwohnern leben mehr als eine Million Flüchtlinge aus
Syrien. Wiederholt kam es zu Anschlägen und bewaffneten
Auseinandersetzungen, vor allem in den Gebieten nahe der Grenze zu Syrien.
Doch nun, so scheint es, hat ihn eben jene Krise eingeholt.
Hisbollah ist mit dem Iran verbündet und unterstützt wie dieser den
syrischen Präsidenten Bashar al-Assad, während Hariri über sehr gute
Beziehungen zu Saudi-Arabien verfügt. Beide Staaten rivalisieren in der
Region um die Vormachtstellung.
## Ein möglicher Ablass des Rücktritts
Einen Hinweis auf einen möglichen Anlass des Rücktritts gab am Sonntag der
maronitische Abgeordnete Antoine Zahra gegenüber der Zeitung Annahar. Er
verwies auf Teheran und sagte, der eigentliche Anlass für den Rücktritt sei
eine Erklärung des iranischen Beraters für Internationale Politik, Ali
Akbar Velayati, gewesen. Dieser habe behauptet, „der
syrisch-libanesisch-irakische Sieg gegen die Terroristen ist ein Sieg für
die Achse des Widerstands“. Letzteres ist eine Formulierung, die auch
Hisbollah verwendet. Die Einbeziehung des Libanon in die „iranische Achse“
ohne Absprache mit der Regierung sei ein schweres Vergehen.
Angesichts dieser Konfliktlinien meldeten sich am Wochenende auch besorgte
Stimmen zu Wort. So nannte der Politikwissenschaftler Hilal Chaschan von
der Amerikanischen Universität Beirut gegenüber der Nachrichtenagentur afp
Hariris Rücktritt eine „gefährliche Entscheidung, deren Folgen schwerer
sein werden, als es der Libanon verkraften kann. Unter Verweise auf die
militärische Vorrangstellung der Hisbollah im Libanon fügte Chaschan
hinzu, „Hariri hat einen kalten Krieg gestartet, der zum Bürgerkrieg
eskalieren könnte.“
5 Nov 2017
## AUTOREN
Beate Seel
## TAGS
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